Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhältnis der Änderungsbefugnis nach § 174 AO zur Rechtskraft eines Urteils
Leitsatz (redaktionell)
Ist ein Steuerbescheid, der die zeitliche Zuordnung eines Besteuerungstatbestandes zu einem Veranlagungszeitraum enthält, durch ein erstes gerichtliches Urteil aufgehoben worden und ist in Folge einer zwischenzeitlichen Änderung der Rechtsprechung der gem. § 174 Abs. 3 oder 4 AO ergangene Änderungsbescheid eines anderen Veranlagungszeitraums ebenfalls durch gerichtliches Urteil aufgehoben worden, scheidet eine Änderung des ersten Steuerbescheides nach § 174 Abs. 3 oder 4 AO wegen der Rechtskraft des ergangenen Urteils aus.
Normenkette
AO 1977 § 174 Abs. 4; FGO § 110 Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Nr. 1, Abs. 2; AO 1977 § 174 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der … GmbH. Das Konkursverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts … am 9.12.1982 eröffnet. Die Gemeinschuldnerin hatte zuvor der … Bank fünf … sicherungsübereignet. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens gab der Kläger mit an die Gemeinschuldnerin gerichtetem Schreiben vom 28.12.1982 die … im Jahr 1982 gegenüber der Sicherungsnehmerin aus der Konkursmasse frei. Auf das in der Umsatzsteuerakte enthaltene Schreiben wird verwiesen. Die … Bank verwertete die … in 1983.
Der Beklagte behandelte die Freigabe der … durch den Kläger als umsatzsteuerpflichtige Leistung und erfasste die ersten zwei Verwertungen (Nettoerlöse 280.014 DM … und 150.007 DM …) zunächst im Jahr 1983 mit einer Umsatzsteuer von 55.902,73 DM im Umsatzsteuerbescheid 1983 vom 4.5.1984. Gegen den Umsatzsteuerbescheid 1983 legte der Kläger Einspruch und nach Abweisung (Einspruchsentscheidung vom 24.10.1988) Klage ein. Im Verlauf des Klageverfahrens gelangten der Kläger und der Beklagte nach der damaligen Rspr. des BFH zu der Auffassung, dass der Umsatz im Zusammenhang mit der Verwertung der … richtigerweise nicht dem Jahr 1983, sondern dem Jahr 1982 zuzurechnen sei. Das FG Köln folgte dieser Beurteilung. Im Urteil vom 10.2.1993 10 K 5042/88 heißt es dazu:
„Im Laufe des Klageverfahrens ist zwischen den Beteiligten unstreitig geworden, dass die im angefochtenen Bescheid festgesetzte Umsatzsteuer zu ermäßigen ist um die Umsatzsteuer in Höhe von 55.902,73 DM, die aus der Verwertung durch die … Bank angefallen ist. Die Herausgabe der sicherungsübereigneten … durch den Gemeinschuldner an die Bank ist insoweit bereits im Jahre 1982 erfolgt, so dass die Umsatzsteuer in diesem Jahre anzusetzen ist. Die Beteiligten sind sich ferner darüber einig, dass durch weitere nachträglich bekannt gewordene Verwertungshandlungen durch die anderen Sicherungsnehmer Mehrwertsteuer in Höhe von 22.111,86 DM in 1983 angefallen ist.”
Das FG setzte die Umsatzsteuer 1983 auf 22.111,86 DM fest. Gegen die Nichtzulassung der Revision erhob der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde, der der BFH mit Beschluss vom 16.9.1993 V B 65/93 – zugestellt am 19.10.1993- stattgab. Der Kläger legte jedoch keine Revision ein, so dass Rechtskraft des Urteils am 19.11.1993 eintrat.
Bereits vor dem Abschluss des Klageverfahrens hatte das FA die Freigabe der … durch den Kläger als Umsatz des Jahres 1982 erfasst. Da zunächst nur die Verwertungserlöse der ersten zwei Verwertungshandlungen bekannt waren, setzte der Beklagte hierfür mit Umsatzsteuerbescheid 1982 vom 20.12.1988 eine Umsatzsteuer von 55.900 DM fest. Der Kläger legte hiergegen am 28.12.1988 Einspruch ein. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 16.2.1989 die Verwertungserlöse der nachfolgenden drei Verwertungen (…) mitteilte (brutto 568.900 DM, netto 503.451,33) änderte der Beklagte den Umsatzsteuerbescheid 1982 mit Bescheid 13.3.1989 und erhöhte die Umsatzsteuer um 65.448,67 DM auf 121.348,67 DM. Der Beklagte teilte zugleich mit, dass sich durch die Änderung der Einspruch nicht erledigt hätte und dass das Verfahren fortgesetzt werde. Da der Kläger darum gebeten hatte, die Angelegenheit bis zum Vorliegen einer Entscheidung des FG Köln in dem Verfahren wegen Umsatzsteuer 1983 ruhen zu lassen, erging erst am 18.1.1995 nach Erlass des Urteils des 10. Senats vom 10.2.1993 (10 K 5042/88 wegen Umsatzsteuer 1983) eine abweisende Einspruchsentscheidung über den Umsatzsteuerbescheid 1982 vom 20.12.1988. Hiergegen erhob der Kläger wiederum Klage, die beim FG Köln unter dem Az. 2 K 971/95 anhängig war. Der Kläger vertrat nunmehr im Anschluss des Urteils des BFH vom 21.7.1994 V R 114/91 (BStBl II 1994, 878) die Auffassung, dass die Umsätze nun doch im Jahr 1983 zu erfassen seien, da die Lieferung des Konkursverwalters an den Sicherungsnehmer erst mit der Verwertung des Sicherungsguts verwirklicht sei. Das FG wies die Klage mit Urteil vom 14.3.1996 2 K 971/95 ab. Der Kläger sei an der von ihm erstrittenen Zuordnung des Vorgangs für das Jahr 1982 nach Treu und Glauben gebunden. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Revision ein. Der BFH hob mit Urteil vom 16.4.1997 XI R 66/96 (BFH/NV 1997, 1204) d...