Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzinsung bei Steuerfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Festsetzung einer Vorsteuervergütung stellt keine Umsatzsteuerfestsetzung i.S.d. § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 dar. Die Norm ist insoweit eindeutig und einer Auslegung unzugänglich.

 

Normenkette

UStDV §§ 59 f.; AO 1977 § 233a Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein italienisches Unternehmen, welches am 22. Mai 2000 (Eingangsdatum beim Beklagten) die Vergütung von in Deutschland bezahlter Vorsteuer nach Maßgabe des § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V. mit §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) für den Zeitraum 01-12/1999 (Vergütungszeitraum) beantragte.

Den Vergütungsantrag lehnte der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 6. März 2001 ab. Auf Grund der Änderung seiner Rechtsauffassung zur umsatzsteuerlichen Behandlung sog. Factoringumsätze erließ er aber am 13. Mai 2004 einen Änderungsbescheid, mit welchem er die Vergütung von Vorsteuer in Höhe von DM 122 027,16 anordnete.

Mit Fax vom 25. Juni 2004 beantragte die Klägerin daraufhin die Festsetzung von Erstattungszinsen nach § 233a der Abgabenordnung 1977 (AO 1977) in Höhe von EUR 935,25. Zur Begründung führte sie aus, dass Gegenstand der Vorsteuervergütung die Umsatzsteuer sei, welche vom sachlichen Geltungsbereich des § 233a AO 1977 erfasst sei. Den vorgenannten Antrag lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 25. August 2004 ab, weil eine Verzinsung von Vorsteuer-Vergütungsbeträgen mangels vorhergehender Steuerfestsetzung unmöglich sei.

Den am 21. September 2004 eingelegten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 22. November 2004 als unbegründet zurück und führte zur Begründung ergänzend aus, dass die Klägerin keine deutsche Umsatzsteuer schulde, weshalb es auch zu keiner Steuerfestsetzung komme. Die Festsetzung einer Steuervergütung sei keine Steuerfestsetzung, weshalb die Voraussetzungen des § 233a Abs. 1 AO 1977 nicht vorlägen.

Gegen den Ablehnungsbescheid vom 25. August 2004 in Gestalt der vorgenannten Einspruchsentscheidung hat die Klägerin am 6. Dezember 2004 Klage erhoben, die sie wie folgt begründet: Nach dem Wortlaut des § 233a AO 1977 müssten auch Umsatzsteuervergütungen verzinst werden, weil Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG Teil der dort genannten Umsatzsteuer seien. Nach § 18 UStG würden aber die Festsetzung einer Zahllast einerseits und diejenige eines Vorsteuerüberschusses völlig gleich behandelt, weshalb nicht erkennbar sei, weshalb die Festsetzung ein- und derselben Steuerart in einem anderen Verfahren zu einem Wegfall des Zinsanspruches führen solle. Jedenfalls stelle eine solche Ungleichbehandlung einen Verfassungsverstoß dar.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 25. August 2004 und der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2004 die Erstattungszinsen für den Zeitraum 01-12/1999 auf EUR 935,25 festzusetzen; hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 unter anderem auch die Umsatzsteuer einer Verzinsung unterliege, soweit die Festsetzung der Steuer zu einem Unterschiedsbetrag führe. Maßgeblich seien danach die um anzurechnende Steuerabzugsbeträge verminderten festgesetzten Steuern (§ 233a Abs. 3 Satz 1 AO 1977). Im Vergütungsverfahren komme es allerdings nicht zu einer Steuerfestsetzung und es ergebe sich auch kein Unterschiedsbetrag. Gerade deshalb werde auch in der Kommentarliteratur vertreten, dass § 233a AO 1977 mangels Steuerfestsetzung auf das Vorsteuer-Vergütungsverfahren keine Anwendung finde.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 25. August 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Verzinsung des streitbefangenen Vergütungsbetrages nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 zu Recht abgelehnt.

1. Nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ist in dem Fall, dass die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3 führt, dieser zu verzinsen. § 233a Abs. 3 Satz 1 AO 1977 stellt demgemäß klar, dass für die Zinsberechnung die „festgesetzte Steuer” maßgeblich ist. Deshalb kommt es für die Anwendung des § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 entscheidend darauf an, ob eine Steuerfestsetzung i.S. der Vorschrift vorliegt. Mit der ganz einhelligen Meinung in der Literatur stellt die Festsetzung einer Vorsteuervergütung keine Umsatzsteuerfestsetzung i.S. des § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 dar (Kruse/Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 233a AO Tz. 10; Rüsken in Klein, AO, 8. Aufl., § 233a AO Rz. 6; Heuermann in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 233a AO Rz. 21; Kögel in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 233a AO Rz. 5.19; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 233a AO Rz. 13). Die Norm ist insoweit eindeutig und einer (erweiternden) Auslegung unzugänglich.

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