Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleich von Verlusten aus selbständiger Tätigkeit mit eng verzahnten Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungsüberschüsse aus der selbständigen Tätigkeit als Steuerberater können ausgleichsfähig sein, sofern eine enge Verzahnung mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit besteht.
Normenkette
EStG §§ 18-19, 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungsüberschüsse des Klägers aus einer selbstständigen Steuerberatungstätigkeit wegen Verzahnung mit einer hochdotierten nichtselbständigen Tätigkeit für einen steuerlichen Fachverlag einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte im Streitjahr als … Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. rd. … EUR. Der Kläger ist Diplom-Finanzwirt und als Angestellter der Z GmbH & Co KG tätig. Er nimmt bei Z GmbH & Co. KG eine Führungsposition als Leiter des Bereichs „Software” wahr, aus der er im Streitjahr 2018 Einkünfte i.H.v. über 170.000 EUR erzielte. Ausweislich eines Schreibens der Z GmbH & Co. KG vom 29.6.2020 (GA Bl. 19) verantwortet der Kläger die inhaltliche und technische Weiterentwicklung der Software Y mit … Mitarbeitern. Außerdem ist er Leiter der Lohn- und Finanzbuchhaltung. Die Buchhaltung wurde danach unter seiner Leitung auf eine Verlagseigenentwicklung umgestellt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Z GmbH & Co. KG endet nach den Regelungen des Arbeitsvertrags vom 5.1.2009 – ohne dass es einer Kündigung bedarf – spätestens mit Ablauf des Monats, in welchem der Kläger im Mai 2030 die gesetzliche Altersgrenze erreicht.
Neben seiner nichtselbständigen Verlagstätigkeit übte der Kläger seit 2009 eine selbständige Tätigkeit als Syndikus-Steuerberater aus. Nach dem o.a. Schreiben der Z GmbH & Co. KGs hat der Kläger durch die Nutzung der Software in der eigenen Kanzlei Erfahrungen sammeln und unmittelbar in die Entwicklung der Software Y einbringen können. Daher habe man im Jahr 2009 gern dem Wunsch des Klägers entsprochen und seinen Arbeitsvertrag so angepasst, dass er die Zulassung als Syndikus-Steuerberater habe beantragen können. Durch die Steuerberatungstätigkeit hätten u.a. Praxiserkenntnisse in die Programmweiterentwicklung eingebracht werden können. Wertvolle Praxishinweise seien auch durch die Programmnutzung zur Kommunikation mit der Finanzbehörde und mit den Mandanten gewonnen worden. Trotz der geringen Anzahl der vom Kläger in seiner Kanzlei betreuten Mandate seien die von ihm gewonnenen Praxiserkenntnisse beim Einsatz von Y als Software wertvoll.
Der Kläger hat seit Aufnahme seiner selbstständigen Steuerberatungstätigkeit im Jahr 2009 ausschließlich Verluste i.H.v. jährlich zwischen 120 EUR und 558 EUR erzielt. Der Totalverlust in den Jahren 2009 bis zum Streitjahr 2018 beläuft sich auf unstreitig 3.909 EUR, die Betriebseinnahmen betrugen zwischen 0 EUR und 566 EUR. Der Verlust für das Streitjahr 2018 belief sich auf rd. 357 EUR bei Betriebseinnahmen i.H.v. rd. 371 EUR und Betriebsausgaben i.H.v. rd. 728 EUR (davon 120 EUR für „Telekommunikation” geschätzt, weiteren 578 EUR für Beiträge zur Steuerberaterkammer und zur Berater-Haftpflichtversicherung sowie einem Pauschbetrag von 30 EUR für „übrige unbeschränkt abziehbare Ausgaben”, u.a. Visitenkarten, vgl. Kläger-Schreiben vom 22.4.2020, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird). Als Werbungskosten im Rahmen seiner nichtselbständigen Tätigkeit hatte der Kläger außerdem unstreitig eine Pauschale i.H.v. 180 EUR geltend gemacht. Den Mandantenstamm seiner Steuerberatungspraxis gab der Kläger mit … Personen an, zu dem auch er selbst und ebenso seine Tochter gehören. Einnahmen akquirierte er von … Mandanten, die u. a. gewerbliche Einkünfte oder solche aus selbständiger Arbeit erzielten (…). In den vorliegenden Rechnungen redete der Kläger diese Mandanten mit Vornamen an.
Im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung für 2018 wurde die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers infrage gestellt. Nach einer vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten Totalgewinnprognose (Schreiben vom 2.9.2019) ist in den Jahren von 2019 bis einschließlich 2030 von weiteren Verlusten in einer Größenordnung von jeweils 400 EUR jährlich auszugehen, während er ab dem Jahr 2031 Gewinne von jährlich rd. 3.000 EUR erwartet, sodass sich bis zur Vollendung des 74. Lebensjahres ein Totalgewinn in einer Größenordnung von rd. 12.000 EUR ergebe; mit Vollendung seines 70. Lebensjahres würde der Kläger erstmals in den Bereich eines Totalgewinns gelangen.
Mit dem vorliegend streitgegenständlichen Einkommensteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2018 vom 17.9.2019 wurde der hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit zunächst vorläufig erlassene Einkommensteuerbescheid vom 8.8.2019 nach § 165 AO geändert und der angesetzte Verlust aus der Steuerberatungstätigkeit nicht mehr anerkannt.
Mit dem Einsp...