Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids betreffend den Grundbesitz für eine Vorschenkung auch für die Erbschaftsteuerfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein geänderter Feststellungsbescheid über den Wert eines zugewendeten Grundbesitzes als Vorschenkung hat keine Bindungswirkung im Sinn eines Grundlagenbescheids für Zwecke der Erbschaftsteuer.
2. Der festgestellte Wert eines Grundbesitzes stellt keine nachträglich bekannt gewordene Tatsache dar. Ein geänderter Feststellungsbescheid stellt kein nachträglich bekannt gewordenes Beweismittel dar.
Normenkette
ErbStG § 14 Abs. 2 S. 2; AO § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2, § 173 Abs. 1 Nr. 2; ErbStG § 14 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, den gegenüber der Klägerin erlassenen bestandskräftigen Erbschaftsteuerbescheid aufgrund eines geänderten Feststellungsbescheids über den Grundstückswert für eine im Juni 2010 erfolgte (mittelbare) Grundstückschenkung nach den Vorschriften der Abgabenordnung – AO – (insbesondre § 175 Abs. 1 Nummer 1 AO) zu ändern.
Die Klägerin ist hälftige Miterbin ihres am …2018 verstorbenen Vaters, Herrn A. In ihrer am 12. März 2019 eingereichten Erbschaftsteuererklärung deklarierte die Klägerin unter anderem eine mittelbare Grundstücksschenkung durch eine am 2010 ausgeführte zweckgebundene Zuwendung ihres verstorbenen Vaters als Vorschenkung im Sinne des § 14 ErbStG in Höhe von … € für den hälftigen Erwerb eines Einfamilienhaus in B, C-Straße ….
Ebenfalls am 12. März 2019 reichte die Klägerin für die vorgenannte Zuwendung eine Schenkungsteuererklärung ein. Zu der Zuwendung führte sie aus, sie habe seinerzeit mit ihrem Lebensgefährten den vorgenannten Grundbesitz erworben, wobei ihr Vater (Erblasser) den hälftigen Kaufpreis übernommen habe. Das Geld habe ihr Vater im April 2010 auf das Konto ihres Lebensgefährten überwiesen und die Zuwendung am April 2010 handschriftlich bestätigt. Der Kaufpreis sei am April 2010 an den Notar überwiesen worden. Der Schenkungsvorgang und der Wert der Zuwendung sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Am 15. Mai 2019 erließ der Beklagte unter der St-Nr.: 1… einen Freistellungsbescheid zur Schenkungsteuer auf den Übertragungszeitpunkt April 2010. Der Bescheid erging vorbehaltlich der noch durchzuführenden Feststellung des Grundbesitzwerts gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Zudem forderte der Beklagte beim Lagefinanzamt B „für Zwecke der Schenkungsteuer” auf den April 2010 einen Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwertes an.
Mit Bescheid vom 24. Mai 2019 setzte der Beklagte gegen die Klägerin Erbschaftssteuer aus dem Sterbefall ihres Vaters auf … € fest. Auch dieser Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In dem Erbschaftsteuerbescheid setzte der Beklagte den Wert der mittelbaren Grundstücksschenkung mit … € an. Der Bescheid enthält in den Erläuterungen folgenden Hinweis:
„Dem Erwerb wurde die Zuwendung vom 04.2010 nach § 14 ErbStG hinzugerechnet. Inländischer Grundbesitz wurde mit dem geschätzten Grundbesitzwert angesetzt. Nach Vorliegen des Feststellungsbescheids über einen abweichenden Grundbesitzwert wird der Steuerbescheid von Amts wegen geändert; ein Einspruch ist insoweit nicht erforderlich.”
Gegen beide Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 31. Mai 2019 Einsprüche ein, mit denen sie die Minderung des Vorerwerbs hinsichtlich der erwerbsmindernden Berücksichtigung der Grunderwerbsteuer begehrte.
Mit einem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Erbschaftsteuerbescheid vom 19. Juni 2019 entsprach der Beklagte dem Einspruchsbegehren und teilte der Klägerin mit, hierdurch sei auch dem Einspruch gegen den Freistellungsbescheid entsprochen worden. Der Wert der Vorschenkung wurde vom Beklagten nunmehr mit … € angesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Der Bescheid enthält in den Erläuterungen folgende Hinweise:
„Hierdurch erledigt sich gleichzeitig der Einspruch gegen den Freistellungsbescheid, der Schenkwert für die freigestellte mittelbare Grundstücksschenkung wurde wie beantragt auf …,– € geändert.
Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch/Antrag vom 31.05.2019.
Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 24.05.2019.
Inländischer Grundbesitz wurde mit dem geschätzten Grundbesitzwert angesetzt. Nach Vorliegen des Feststellungsbescheids über einen abweichenden Grundbesitzwert wird der Steuerbescheid von Amts wegen geändert; ein Einspruch ist insoweit nicht erforderlich.”
Mit einem weiteren Bescheid vom 26. August 2019 änderte der Beklagte den Erbschaftssteuerbescheid erneut nach § 164 Abs. 2 AO und berücksichtigte dabei sowohl die zwischenzeitlich für Zwecke der Erbschaftsteuer festgestellten Grundbesitzwerte als auch den zwischenzeitlich mit Bescheid des Lagefinanzamts B vom 12. August 2019 auf den. April 2010 für Zwecke der Schenkungsteuer festgestellten Grundbesi...