rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung bzw. Berichtigung eines Bescheides

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einer Bescheidänderung nach § 174 Abs. 4 AO sind die steuerlichen Folgen aus der erkannten Unrichtigkeit des Sachverhalts auch in einem bzw. ggf. mehreren anderen gegenüber dem Steuerpflichtigen ergangenen Bescheiden zu ziehen. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO setzt nicht voraus, dass die Berücksichtigung des Sachverhaltes in dem einen Steuerbescheid die weitere Berücksichtigung desselben Sachverhalts bei einem anderen Stpfl., einer anderen Steuerart oder in einem anderen Veranlagungszeitraum denkgesetzlich ausschließt.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen 1990 und 1991.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die sich lediglich für einen am 02.07.1990 notariell beurkundeten Kauf eines Grundstücks in L für den Preis von 3,3 Mio DM gründete. Dieses Grundstück sollte mit einem Hotel bebaut werden. Dazu wurden von der Gesellschaft die entsprechenden Architektenpläne erstellt, die gemeinsam mit dem Grundstück am 21.08.1990 an eine niederländische Gesellschaft zum Preis von 7.544.654,– DM (incl. 934.654,– DM Umsatzsteuer) veräußert und übertragen wurden.

Mit Abgabe der Umsatzsteuererklärung 1990 vom 14.12.1990, die neben dem steuerpflichtigen Umsatz aus der Veräußerung des Grundstücks lediglich Vorsteuerbeträge i.H.v. 2.390,08 DM enthielt, teilte die Klägerin mit, dass sie sich nach diesem einmaligen Vorgang wieder auflösen werde. Erst im Rahmen eines Einspruchsverfahrens wurden weitere Vorsteuern i.H.v. 140.014,02 DM (überwiegend aus Architektenhonorar) geltend gemacht und vom Beklagten auch erklärungsgemäß veranlagt. Die Auflösung der Gesellschaft erfolgte mit Ablauf des Jahres 1993.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 1990 bis 1993, die mit Bericht vom 13. November 2000 abgeschlossen wurde, vertrat der Betriebsprüfer die Ansicht, dass – anders als erklärt und veranlagt – die Klägerin nicht nur das unbebaute Grundstück incl. Architektenleistung veräußert habe, sondern vielmehr durch eine Reihe von zusätzlichen (Bau-)Verträgen der eigentliche Gegenstand des Vertrages eine Werklieferung gewesen sei. Diese habe letztlich die Errichtung und Lieferung eines Hotelobjekts für einen Preis von 36 Mio DM zzgl. Umsatzsteuer beinhaltet. Für weitere Einzelheiten dazu wird auf den BP-Bericht vom 13. November 2000 in vollem Umfang Bezug genommen.

Auf der Grundlage dieser Auffassung errechnete der Betriebsprüfer für das hier nicht streitige Jahr 1992 eine Umsatzsteuerschuld der Klägerin von mehr als 5 Mio DM. Gleichzeitig schätzte er jedoch für sämtliche Jahre von 1990 bis 1992 Vorsteuern, die aus den Verträgen mit anderen Handwerkern zur Errichtung des Projekts geschätzt wurden.

Der Beklagte machte sich die Ergebnisse der Betriebsprüfung zu eigen und erließ am 08.06.2001 für 1990 einen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten sowie für 1991 einen erstmaligen Umsatzsteuerbescheid. Dabei wurden für die Klägerin Vorsteuerbeträge in einer Höhe von 427.197,29 DM für 1990 und i.H.v. 2.265.233,30 DM für 1991 zugrundegelegt.

Diese Bescheide wurden bestandskräftig.

Auch für das Jahr 1992 wurde am 08.06.2001 ein erstmaliger Umsatzsteuerbescheid erlassen, der eine Zahllast von 3.526.141,00 DM enthielt. Im Einspruchsverfahren gegen den Umsatzsteuerbescheid 1992 stellte sich schließlich aber heraus, dass die Klägerin lediglich das unbebaute Grundstück mit der Architektenplanung veräußert hatte, ohne die Errichtung des Hotels zu übernehmen. Daher wurde der Steuerbescheid 1992 entsprechend geändert. Im Anschluss daran änderte der Beklagte nunmehr auch die Umsatzsteuerbescheide 1990 und 1991 und erkannte die (bisher mangels hinreichender Unterlagen geschätzten) Vorsteuerbeträge nicht mehr an. Verfahrensrechtlich stützte er diese Änderung auf die Norm des § 174 Abs. 4 AO.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wendet sich die Klägerin im Klageverfahren weiter gegen diese Änderungen und trägt folgendes vor:

Die Voraussetzungen für eine Berichtigung der angefochtenen Bescheide lägen ihrer Ansicht nach nicht vor. Es fehle schon an einer Berichtigungsnorm. Zwar sei es richtig, dass die GbR das Hotel nicht errichtet habe, jedoch habe der Beklagte nach Erlass endgültiger Steuerbescheide für 1990 und 1991 in den Jahren 2002 bzw. 2003 keine Möglichkeit mehr gehabt, die Umsatzsteuerbescheide für 1990 und 1991 noch einmal zu ändern. Es fehle an den Voraussetzungen einer Berichtigungsnorm.

So habe bereits im Jahr 1992 kein Sachverhalt beim Beklagten vorgelegen, den dieser irrig beurteilt habe. Vielmehr handele es sich insoweit lediglich um Unterstellungen des Betriebsprüfers. Eine solche Unterstellung sei jedoch kein „bestimmter Sachverhalt” im Sinne des § 174 Abs. 4 AO. Schon die Berichtigung des Jahres 1992 sei keine Berichtigung einer irrigen steuerlichen Beurteilung gewesen, sondern die Erkenntnis des Beklagten, dass die willkürliche Konstruktion...

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