Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Werbungs- und Herstellungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Herstellungskosten liegen bei einer über den ursprünglichen Zustand des betreffenden Wirtschaftsguts hinausgehenden wesentlichen Verbesserung vor. Eine Verbesserung ist in diesem Sinn dann wesentlich, wenn über die zeitgemäße Erneuerung hinaus nach objektiven Maßstäben der Gebrauchswert des Wirtschaftguts im ganzen deutlich erhöht wird.
Normenkette
HGB § 255 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen des Klägers auf das vermietete Grundstück U-Str. in der Stadt C sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen darstellen oder als nachträgliche Herstellungskosten nur im Rahmen der Absetzungen für Abnutzung – AfA – als Werbungskosten absetzbar sind.
Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks U-Str. in der Stadt C.
Das als Zweifamilienhaus bewertete Grundstück ist seit 1993 vermietet. Die Mieterin nutzt das Grundstück teils zu eigenen Wohnzwecken und teils zu betrieblichen Zwecken (psychotherapeutische Praxis). Die Wohnräume befinden sich dabei im Erdgeschoss und im Obergeschoss. Die Praxisräume sind im Untergeschoss.
Im Rahmen einer vom Gericht am 29. November 2006 durchgeführten Ortsbesichtigung ergab sich folgendes:
Es gibt zwei Eingänge zu dem Haus. Zunächst wurde der linke Eingang als Praxiseingang genutzt. Man ging dann sofort die Treppe herunter und kam nach einem Vorraum in einen größeren Raum, der bis 1999 als Behandlungsraum genutzt wurde. Heute wird dieser Raum privat genutzt. Dieser Raum war früher durch zwei Türen mit dem Büroraum verbunden (in der vom Beklagtenvertreter überreichten Skizze mit „Vorräte” bezeichnet). Durch diesen mussten die Patienten gehen, wenn sie im ersten Trakt auf die Toilette wollten. Durch die rechte Eingangstür kam man über eine Treppe ebenfalls in das Untergeschoss. Nach einer Diele kam man in den mit „Vorräte” bezeichneten Raum. Dabei handelte es sich vor 1999 um den Büroraum der Mieterin. In diesem stand und steht ihr einziger Schreibtisch. Patienten wurden in diesem Raum nur ausnahmsweise behandelt. Dieser Raum hatte eine Tür nach außen in den Garten. Auf der rechten Seite des Raumes befand sich zu 2/3 eine kleinere Mauer. Der dahinter befindliche Raum wurde als Aktenraum und zur Aufbewahrung von Büchern genutzt.
Wegen der Einzelheiten der Räumlichkeiten wird auf das Protokoll über die Ortsbesichtigung sowie die vom Beklagtenvertreter eingereichte Skizze (Blatt 93 der Gerichtsakten) Bezug genommen.
Im Rahmen der 1999 durchgeführten und hier streitbefangenen Bauarbeiten wurde die Zwischenwand abgerissen. Nunmehr wird der gesamte Raum als Büro und Behandlungsraum genutzt. Die Praxisräume befinden sich somit nunmehr ausschließlich auf der rechten Hausseite.
Der Kläger machte bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Jahre 1999 Gesamtkosten in Höhe von 101.239,51 DM als Erhaltungsaufwendungen geltend. Aus den Baurechnungen ergeben sich folgende durchgeführte Gewerke:
Abtragen des Erdreichs und Erstellen einer Tür – Fensteröffnung 3,80 × 2,00 m.
Einfassung des Geländers mit Winkelsteinen und anschließende Verfüllung mit Erdreich.
Isolierung und Abdichtung der Außenwand.
Einbau eines Stützträgers.
Abriss von Innenwänden.
Erstellung von Gipskartonständer- und Vorsatzwänden im Innenbereich einschließlich Unterkonstruktion und Wärmedämmung.
Summe dieser Rohbauarbeiten 56.373,– DM.
Einbau einer Fensteranlage 3,8 × 1,98 m 5.668,– DM
Einbau einer Heizungsanlage für die Praxis 12.266,34 DM
Verlegen von Eichendielen und Wandverkleidungen, Regal und Terrassenboden 15.950,– DM
Elektroarbeiten 1.500,– DM
Nicht näher beschriebene Sanierungsarbeiten 4.222,– DM.
Der Beklagte sah die durchgeführten Baumaßnahmen als nachträgliche Herstellungskosten an und ließ die Kosten nur im Rahmen der Abschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG zum Abzug zu.
Den gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 15. April 2002 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 4. August 2003 als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Mit der Klage trägt der Kläger vor:
In dem Mietvertrag vom 25. November 1993 mit Nachtrag vom 13. Januar 1996 sei für die gesamte Wohn- und Praxisfläche eine Mietraumfläche von 158,44 qm angegeben. Der größere Raum (in einer Anlage mit P3 gekennzeichnet) sei zunächst ausschließlich für Wohnzwecke genutzt worden, indem dort ein Hobbyraum bzw. ein Kinderspielzimmer untergebracht gewesen sei. Gleichzeitig sei dieser Raum bereits als Archiv und Abstellraum für die Praxis mitgenutzt worden. Die Mieterin habe sodann im Laufe der Zeit den Raum P3 umgewidmet und weit überwiegend als Archiv- und Abstellraum für ihren Praxisbedarf genutzt. Eine Nutzung als Nebenraum für Wohnzwecke entfiel, weil sich erhebliche Feuchtigkeitsschäden an der Gartenseite bemerkbar gemacht hätten, die dann auch eine umfasse...