Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des § 62 EStG auf Mitglieder konsularischer Vertretungen
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 62 EStG hat für Kinder Anspruch auf Kindergeld, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Anwendung des deutschen Rechts ist weder durch das Wiener Übereinkommen vom 24.4.1963 über konsularische Beziehungen (WÜK) noch durch das Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen.
Normenkette
Wiener Übereinkommen v. 24.4.1963 über konsularische Beziehungen (WÜK) Art. 71; EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist … Staatsangehörige. Sie lebt seit 1973 in Deutschland und ist seit dem 1. August 1981 Angestellte des … Generalkonsulats. Sie beantragte am 25.9.2003 Kindergeld für ihren in Deutschland am 19.5.1985 geborenen und seitdem hier lebenden Sohn B. Dem Antrag legte sie eine Bescheinigung des … Generalkonsulats vom 4.9.2003 bei, in der bestätigt wird, dass die Klägerin für ihren Sohn seit dem 19.5.2003 (Vollendung des 18. Lebensjahres) keine Familienzulage bzw. Kindergeld mehr beziehe (Bl. 17 der KiG-Akte). Die Klägerin ist alleinerziehend.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 16.10.2003 die Festsetzung ab. Zur Begründung trug sie vor, dass die Klägerin als Beschäftigte einer konsularischen Vertretung keinen Anspruch auf Kindergeld habe, da sie nach Artikel 49, 57, 66 und 71 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen von der Einkommensteuer befreit sei. Gegen den Ablehnungsbescheid legte die Klägerin Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 15.12.2004 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird verwiesen.
Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, Kindergeld für ihren Sohn ab Juni 2003, weiter.
Zur Begründung beruft sie sich auf die VO (EWG) Nr. 1408/71. Zu beachten sei hier Art. 13 Abs. 2 lit. a und b. der VO, nach der das Recht des Beschäftigungsortes gelte. Die VO werde auch nicht durch Art. 48 WÜK ausgeschlossen.
Nach … Recht hätten Angestellte bis zur Volljährigkeit des Kindes einen Anspruch gegenüber der J auf einen Familienzuschlag. Sie, die Klägerin, habe aber von der J keinen Familienzuschlag erhalten. Sie habe eine arbeitsvertragliche Familienzulage in Höhe von 5 % des Grundgehalts für den minderjährigen Sohn erhalten. Diese Leistung stelle aber keine staatliche Leistung dar.
Sie habe sich auch nicht für das … Recht entschieden. Gemäß der … gesetzlichen Verordnung vom 7. April 2000, …, würden örtliche Verwaltungsangestellte ab diesem Datum Arbeitsverträge erhalten, die nach den örtlichen bzw. deutschen Rechtsvorschriften geregelt sind. Diese Beschäftigten seien dann in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Sie habe aber ein Wahlrecht nach Art. 13 Abs. 1, 2 a i.V.m. Art 16. Abs. 1 und Abs. 2 der EU-VO NR. 1408/71 bei dem im Jahre 1984 abgeschlossenen Arbeitsvertrag nicht ausüben können. Sie habe auch nie das vom Gericht übersandte Formular … „Ausübung des Wahlrechts” ausgefüllt, noch sei ihr ein solches vorgelegt worden. Dies gelte auch für die anderen Kollegen, die beim Generalkonsulat arbeiteten würden.
Auch die durch Dekret … nachträglich eingeführte Möglichkeit, deutsches Recht zu wählen, bestehe nicht mehr. Sie habe es nicht ausgeübt, da im Jahr 2000 hierzu weder eine Veranlassung bestanden habe noch sei sie über die möglichen rechtlichen und finanziellen Folgen aufgeklärt worden. Es wäre aber auch für sie unzumutbar gewesen, sich im Jahr 2000 für das deutsche Recht zu entscheiden, weil sie in diesem Fall bis zu diesem Zeitpunkt bereits erworbene Rechte verloren hätte. Ihre Einkommensteuerpflicht entfalle allein nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit … vom ….
Sie vertritt des Weiteren die Ansicht, dass sie aus Gleichbehandlungsgrundsätzen einen Anspruch auf Kindergeld habe. Sie verweist zudem auf das Territorialitäts- und Personengleichstellungsprinzip gemäß der EU-VO Nr. 1408/71 und 572/72 über die europäische soziale Sicherung, zumal von dieser Diskriminierung nur Kinder von alleinerziehenden und in Deutschland allein lebenden örtlichen Mitarbeitern betroffen seien, da sie für ihren Sohn Kindergeld bekäme, wenn sie verheiratet und ihr Ehemann in Deutschland beschäftigt wäre. Im Übrigen sei einer … Kollegin in einem gleich gelagerten Fall Kindergeld gezahlt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 16.10.2003 in der Fassung
der Einspruchsentscheidung vom 15.12.2004 aufzuheben, soweit die Kindergeldfestsetzung für den Sohn B, geboren am 19.05.1985, für den Zeitraum ab dem 01.06.2003 abgelehnt worden ist und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Kindergeld unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
hilfsweise den Rechtsstreit auszusetzen und zur Vorabentscheidung dem EuGH vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zwar gehe ...