Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch Konsulatsangehöriger
Leitsatz (redaktionell)
1) Es ist zweifelhaft, ob Art. 48 Abs. 1 und 49 WÜK einen Anspruch auf Kindergeld ausschließen.
2) Geschäftspersonal konsularischer Dienststellen kann das Wahlrecht i. S. des Art. 16 Abs. 2 der VO Nr. 1408/71 für die Anwendung des Recht des anderen Mitgliedstaats nur dann ausüben, wenn dem Personal ein solches Wahlrecht gegenüber dem Arbeitgeber überhaupt zusteht.
Normenkette
EU-VO Nr. 1408/71 Art. 16; WÜK Art. 48 Abs. 1, Art. 49; EStG § 62
Tatbestand
Die Klägerin ist … Staatsangehörige. Sie lebt seit 1973 in Deutschland und arbeitet seit 1984 als Verwaltungsangestellte im … Generalkonsulat in L. Sie beantragte am 09.09.2004 Kindergeld für ihren in ihrem Haushalt in Deutschland am 20.06.1986 geborenen Sohn N. Dem Antrag legte sie eine Bescheinigung des … Generalkonsulats vom 9.9.2004 bei, in der bestätigt wird, dass die Klägerin für ihren Sohn seit dem 20.6.2004 (Vollendung des 18. Lebensjahres) keine Familienzulage bzw. Kindergeld mehr beziehe (Bl. 8 der KiG-Akte). Die Klägerin ist alleinerziehend.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 13.10.2004 die Festsetzung ab. Zur Begründung trug sie vor, dass davon auszugehen sei, dass die Klägerin von der in der VO (EWG) Nr. 1408/71 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, den Rechtsvorschriften des Staates … zu unterliegen. Dies habe zur Folge, dass eine Kindergeldzahlung nach deutschem Recht ausgeschlossen sei.
Gegen den Ablehnungsbescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung legte sie ein Fax des … Versicherungsträgers … vor, aus dem hervorgehe, dass gemäß … Familienangehörige nach Vollendung des 18. Lebensjahres keinen Anspruch mehr auf Kindergeld hätten. Die Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 23.08.2006 als unbegründet zurück. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, Kindergeld für ihren Sohn ab Juli 2004 zu gewähren, weiter. Zur Begründung beruft sie sich darauf, dass sie kein Kindergeld vom … Staat erhalten habe. Sie habe lediglich eine arbeitsvertragliche Zulage bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ihres Sohnes erhalten, die 5 % des Grundgehalts betragen habe. Sie habe bis zum 3.5.2006 kein Kindergeld in … beantragt, wie es sich aus dem Formular … ergebe (Bl. 64 bis 69 der FG-Akte). Der Antrag könne auch nicht mit dem Umstand abgelehnt werden, dass sie in Deutschland keine Steuern zahle. Gemäß Art. 49 WÜK sei sie hiervon befreit. Sie sei aber aufgrund ihres Wohnsitzes in Deutschland hier unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und damit gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG kindergeldberechtigt. Weiterhin sei die VO (EWG) Nr. 1408/71 zu beachten. Entsprechend Art. 13 Abs. 2 lit. a und b. der VO gelte das Recht des Beschäftigungsortes. Die VO werde auch nicht durch Art. 48 WÜK ausgeschlossen, da das Kindergeld nicht unter die Befreiungsregel falle.
Sie habe sich auch nicht für das … Recht, sondern für das deutsche Sozialversicherungssystem entschieden. Dies ergebe sich auch aus dem Bescheid der Stadt L vom 19.12.1996. In diesem Bescheid sei ihr bei den Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz Kindergeld in Höhe von 110 DM abgezogen worden (Bl. 70 FG-Akte). Weiterhin verweist sie auf die eingereichte Rentenauskunft vom 30.11.2005 (Bl. 80 ff. der FG-Akte). Somit sei grundsätzlich von ihrer Kindergeldberechtigung auszugehen.
Sie habe auch bei Abschluss des Arbeitsvertrages keine Wahlmöglichkeit gehabt. Dies sei jetzt anders. Gemäß der … gesetzlichen Verordnung vom 7. April 2000, Nr. …, „…”, würden örtliche Verwaltungsangestellte ab diesem Datum Arbeitsverträge erhalten, die nach den örtlichen bzw. deutschen Rechtsvorschriften geregelt sind. Diese Beschäftigten seien dann in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Sie habe aber ein Wahlrecht nach Art. 13 Abs. 1, 2 a i.V.m. Art 16. Abs. 1 und Abs. 2 der EU-VO NR. 1408/71 bei dem im Jahre 1984 abgeschlossenen Arbeitsvertrag nicht ausüben können. Sie habe auch nie das vom Gericht übersandte Formular … „Ausübung des Wahlrechts” ausgefüllt, noch sei ihr ein solches vorgelegt worden. Dies gelte auch für die anderen Kollegen, die beim Generalkonsulat arbeiteten.
Auch die durch Dekret Nr. … nachträglich eingeführte Möglichkeit, deutsches Recht zu wählen, bestehe nicht mehr. Sie habe es nicht in Anspruch genommen, da im Jahr 2000 hierzu weder eine Veranlassung bestanden habe noch sei sie über die möglichen rechtlichen und finanziellen Folgen aufgeklärt worden. Es wäre aber auch für sie unzumutbar gewesen, sich im Jahr 2000 für das deutsche Recht zu entscheiden, weil sie in diesem Fall bis zu diesem Zeitpunkt bereits erworbene Rechte verloren hätte. Ihre Einkommensteuerpflicht entfalle allein nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit … vom ….
Sie vertritt des Weiteren die Ansicht, dass sie aus Gleichbehandlungsgrundsätzen einen Anspruch auf Kindergeld habe. Sie verweist zudem auf das Territorialitä...