Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussichtliche Nutzungsdauer eines gebrauchten Konzertflügels. Flügel als Arbeitsmittel eines Musiklehrers
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Lehrer, der zum weiaus überwiegenden Teil (75 % der Wochenstunden) Musikunterricht erteilt, und der daneben zwei Schulchöre leitet, kann die Kosten der Anschaffung und Wartung eines gebrauchten Flügels als Werbungskosten abziehen. Insbesondere bei Arbeitsmitteln ist nicht zu prüfen, ob die Anschaffungskosten sich im üblichen und notwendigen Rahmen halten, wenn nur der Gegenstand so gut wie ausschließlich der Erledigung beruflicher Belange dient.
2. Die Gesamtnutzungsdauer eines Flügels höherer Qualität ist mit 30 Jahren anzunehmen. Die AfA bemisst sich daher nach der im Zeitpunkt der Anschaffung noch verbliebenen Restnutzungsdauer.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 1 S. 2, § 7 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob Aufwendungen des Klägers (Kl), der Musikpädagoge an einem Gymnasium ist, für Erwerb und Unterhaltung eines gebrauchten Flügels und für die Teilnahme an Wanderfahrten der Schule als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Der im Streitjahr … Jahre alte, kinderlos verheiratete Kl unterrichtet als Studiendirektor an einem Gymnasium in … wesentlichen, nach seinen Angaben zu etwa 75 % der zu leistenden Wochenstunden, im Fach Musik; daneben gibt er gemäß einer ihm auf die Sekundarstufe I beschränkt erteilten Lehrerlaubnis einige Wochenstunden im Fach Englisch. Für eigenhändige Musikdarbietungen im Zuge des Unterrichts steht ihm im Musiksaal der Schule ein Flügel zur Verfügung. Auf diesem Instrument musiziert der Kl auch bei den zweimal jährlich stattfindenden Schulkonzerten zusammen mit Schülern oder zu deren Begleitung; auf die vorgelegten Programme Bl. 22 bis 25/79 der ESt-Akte wird verwiesen. Im Unterricht begleitet der Kl den Gesang der Schüler am Flügel bzw. stellt Musikwerke an Beispielen eigenhändig dar. Neben dem Unterricht leitet der Kl zwei Schulchöre mit insgesamt 160 Mitgliedern; die Chorwerke werden von ihm am Flügel einstudiert. Dies erfordert nach seinen unwidersprochenen Angaben eine tägliche häusliche Übungszeit von 1 – 2 Stunden. Der Kl kann nach seinen Angaben wegen anderweitiger Belegung nachmittags nicht in der Schule üben.
Im Streitjahr schaffte der Kl für 15.744,– DM einen nach seinen Angaben 16 Jahre alten gebrauchten Flügel „Steinway” an. Vorher besaß der Kl in der häuslichen Wohnung ein im Jahre 1963 für 3.000,– DM angeschafftes Klavier; dieses Instrument ist auch heute noch vorhanden, hält jedoch nach Angabe des Kl die Stimmung nicht mehr, so daß es nur noch sehr eingeschränkt für Fingerübungen etc. verwendbar ist.
In der Einkommensteuererklärung 1977 machte der Kl neben anderen Werbungskosten Aufwendungen für den Flügel im Betrage von 2.624,– DM AfA, ausgehend von einer Nutzungsdauer von 6 Jahren, und 145,– DM Kosten für das Stimmen des Instruments geltend. Für Verpflegungsmehraufwand bei der Teilnahme an Wanderfahrten der Schule machte er in Anwendung der Pauschsätze des Abschnitts 25 Abs. 6 LStR 43,– DM als Werbungskosten geltend. Der Beklagte (Bekl) ließ im angefochtenen Bescheid diese Beträge nicht zum Abzug zu und beschied auch den Einspruch abschlägig, obwohl der Kl eine Bescheinigung seines Arbeitgebers über die Durchführung der Wanderfahrten auf eigene Kosten vorlegte.
Mit der Klage verfolgt der Kl die streitigen Ansätze weiter und macht geltend, bei dem Umfang seiner beruflichen Inanspruchnahme als Musikpädagoge müsse der Aufwand für einen gebrauchten Flügel als berufsbedingt und angemessen anerkannt werden, wie dies durch den Bekl in den Jahren 1976 und 1978 auch geschehen sei. Auch der Mehraufwand für Verpflegung anläßlich der Wanderfahrten sei wegen der Verpflichtung zur Teilnahme daran eindeutig beruflich veranlaßt; daran ändere sich auch nichts dadurch, daß die Schule wegen Erschöpfung der Reisekostenmittel die Aufwendungen nicht vergütet habe. Ergänzend hat der Kl vorgetragen, er benötige das Instrument auch für seine Tätigkeit als Komponist, wie z. B. für eine auch im Streitjahr erarbeitete Theatermusik zu einem Schauspiel (Hinweis Bl. 16 – 18 d. Akten). Ferner hat der Kl noch angegeben, außerhalb der Schule veranstalte er keine Konzerte und auch keine Hausmusik. Neben den intensiven häuslichen Übungen bleibe ihm so gut wie keine Zeit zu seiner persönlichen Freude, Erbauung und Entspannung Klavier zu spielen; auch seine Ehefrau benutze das Instrument nicht. Das weite unterrichtsgeeignete Repertoire, das er beruflich bedingt einübe, sei auch für ihn persönlich musikalisch hinreichend befriedigend.
Der Kl beantragt,
die Einkommensteuer 1977 unter Berücksichtigung zusätzlicher Werbungskosten in Höhe von 2.812,– DM herabzusetzen.
Der Bekl beantragt
Klageabweisung und verweist auf seine Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet. Nach der zwischen den Beteiligten nicht streitigen und im Klage verfahren noch ergänzten, zur Überzeugung des Senats schlüssigen...