rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung
Leitsatz (redaktionell)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Es ist abwegig aus der Änderung eines Steuerbescheids für ein länger zurückliegendes Jahr gem. § 173 AO 1977 eine Verlängerung der Abgabefrist bzw. ein fehlendes Verschulden hinsichtlich der Unkenntnis der Abgabefrist herzuleiten.
Normenkette
AO 1977 § 110 Abs. 1, § 173; EStG § 46 Abs. 2 Nr. 8; AO 1977 § 89
Nachgehend
Tatbestand
Die Einkünfte der zusammenveranlagten Kläger bestehen aus nichtselbständigen Einkünften des Ehemanns, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, und gemeinschaftlichen Vermietungseinkünften. Die Kläger haben ihre Einkommensteuererklärung in der Vergangenheit laufend verspätet (erst nach dem 31. Mai des Folgejahres) abgegeben. Für den Veranlagungszeitraum 1998 wurden die Kläger vom Beklagten mit Schreiben vom 18. Februar 2000 erinnert. Die Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1999 ging – ohne Erinnerung – im November 2000 beim Beklagten ein.
Die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2000 ging am 28. Januar 2003 beim Beklagten ein. Die Kläger entschuldigten die verspätete Abgabe in einem Begleitschreiben damit, der Beklagte habe ab dem Jahr 2001 nicht mehr an die Abgabe der Einkommensteuererklärungen erinnert. Der Kläger habe einen neuen beruflichen Verantwortungsbereich übernommen, der in voll beansprucht habe. Daher sei er nicht dazu gekommen, die Einkommensteuererklärung zu erstellen, zumal der zeitliche Aufwand für ihn als Laien erheblich sei.
Mit Bescheid vom 17. Februar 2003 lehnte der Beklagte den Antrag der Kläger auf erklärungsgemäße Veranlagung wegen Versäumnis der Antragsfrist gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ab.
Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 22. Januar 2004) eingelegten Klage machen die Kläger geltend, die zweijährige Antragsfrist sei den Klägern nicht bekannt gewesen. Da der Bescheid für 1996 noch nach fünf Jahren im Anschluss an eine Betriebsprüfung beim Arbeitgeber zuungunsten der Kläger geändert worden sei, sei der Kläger davon ausgegangen, auch fünf Jahre für die Abgabe der Steuererklärung in Anspruch nehmen zu können. Nachdem die Kläger von der Antragsfrist Kenntnis erlangt hätten, sei die versäumte Handlung noch innerhalb der Monatsfrist des § 110 Abs. 2 AO 1977 unverzüglich nachgeholt worden. Die Abgabefrist sei letztlich nur um 28 Tage überschritten worden. Die Versäumung der Frist sei unverschuldet, weil der Beklagte seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen sei. Aus § 89 AO 1977 ergebe sich vielmehr die Pflicht, eine Antragstellung anzuregen, wenn diese offensichtlich aus Unkenntnis unterblieben sei. Unter Einbeziehung der Vorjahre habe der Beklagte den Wunsch der Kläger nach Veranlagung ohne weiteres erkennen können und deshalb auf die gesetzliche Ausschlussfrist gemäß § 46 Abs. 2 Nr. EStG hinweisen müssen.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Februar 2003 sowie der Einspruchsentscheidung vom 22. Januar 2004 und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine erklärungsgemäße Veranlagung für das Streitjahr 2000 durchzuführen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist unter Bezugnahme auf die Begründung in der Einspruchsentscheidung der Ansicht, die Frist sei aus öffentlichen Bekanntmachungen der Finanzverwaltung, der Tagespresse und aus Broschüren, die mit den Lohnsteuerkarten des Jahres 2000 versandt worden seien, ohne weiteres erkennbar gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Gemäß § 46 Abs. 2 EStG wird in Fällen, in denen das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, eine Veranlagung von Amts wegen nur unter den in § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG genannten Voraussetzungen durchgeführt. Darüber hinaus ist gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG eine Veranlagung auf Antrag des Steuerpflichtigen – insbesondere zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer – möglich, wenn der Antrag bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahrs durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung gestellt wird.
2. Seit Einführung des § 46 Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des Steuerreformgesetzes 1990, also für Veranlagungszeiträume seit 1990 kann der Antrag nicht mehr formlos gestellt werden, sondern nur in Form einer Einkommensteuererklärung (BFH-Urteil vom 14. März 1989 I R 77/85, BFH/NV 1991, 311; BFH-Beschluss vom 21. Januar 1998 IV B 34/97, BFH/NV 1998, 846). § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ermöglicht es dem Steuerpflichtigen, eine Veranlagung ausschließlich in seinem eigenen Interesse durchführen zu lassen (BFH-Beschluss vom 21. Januar 1998 IV B 34/97, BFH/NV 1998, 846). Bei der zweijährigen Frist zur Durchführung einer Antragsveranlagung, die mit § 46 A...