Entscheidungsstichwort (Thema)
Abziehbarkeit von Verwaltungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
Leitsatz (redaktionell)
1) Der Steuerpflichtige kann Aufwendungen auf seine Kapitalanlagen uneingeschränkt abziehen, die auf die Erzielung von steuerfreien Vermögensvorteilen angelegt sind, wenn die Absicht, steuerfreie Wertsteigerungen zu realisieren, nur mitursächlich für die Anschaffung der ertragbringenden Kapitalanlage ist. Dies gilt unabhängig davon, ob sich ein Aufteilungsmaßstab für die Abgrenzung der den Einkünften nach § 20 EStG und solchen nach § 23 EStG zurechenbaren Werbungskosten ergeben sollte.
2) Besteht der ganz wesentliche Teil der Einkünfte aus Kapitalerträgen i.S. des § 20 EStG, ist davon auszugehen, dass Vermögensverwaltungs- und Controlling-Gebühren vollständig abziehbar sind. Eine Aufteilung der Vermögensverwaltungsgebühr auf die Tätigkeitsschwerpunkte "Bestandsverwaltung" und "Umschichtung" kommt nicht in Betracht.
3) Aufwendungen auf ertraglose Wertpapiere sind nicht abziehbar.
Normenkette
EStG §§ 23, 9 Abs. 1, § 20
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welcher Höhe Aufwendungen der Erblasserin als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind.
Gegenstand des Rechtstreits ist der Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer 1999 vom 22. Dezember 2005.
Die Erblasserin verfügte über erhebliches Kapitalvermögen. Zur Verwaltung dieses Kapitalvermögens schloss sie unter anderem drei Verträge ab.
Die Erblasserin schloss mit Herrn C mit Wirkung vom 15. Juni 1990 einen Depotverwalter-Vertrag ab. Danach beauftragte die Vermögensinhaberin den Depotverwalter mit der Führung eines Wertpapierdepots, das bei der B-Bank eingerichtet wird. Der Verwalter war im Rahmen der Anlagerichtlinien ohne vorherige Einzelabstimmung mit der Vermögensinhaberin berechtigt, Käufe und Verkäufe im Wertpapierdepot durchzuführen und auch Festgeldanlagen zu tätigen. Das Honorar betrug jährlich 0,5 % vom Wert des verwalteten Vermögens zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Nach den Anlagerichtlinien war das Depot wachstumsorientiert anzulegen, das heißt, die Vermögensinhaberin legte nicht nur Wert auf die reale Erhaltung, sondern auf reale Zunahme des Vermögens nach Begleichung der Einkommen-, Kirchen- und Vermögensteuer. Die Zielvorstellung lautete dabei auf mittlere und lange Sicht mindestens 4 % jährliche Realrendite nach Steuern. Ausgeschlossen wurden Devisen Termingeschäfte/Stillhaltergeschäfte in Geld/Futures. Das Depot durfte maximal 50 % Aktien enthalten, der Rest sollte in Rentenpapieren und kurzfristig verfügbare Mitteln gehalten werden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgenannten Vertrag nebst Anlagerichtlinien Bezug genommen (Bl. 59 f. GA). Die Verwaltergebühr betrug im Jahre 1999 115.099,– DM.
Mit Vertrag vom 29. Mai 1993/10. Juni 1993 übernahm Herr C rückwirkend vom 1. Januar 1993 an auch die Controlling-Betreuung des Wertpapierdepots. Für 1999 beliefen die Controlling-Gebühren sich auf 125.129,– DM. Auf Bl. 61 und 62 GA wird Bezug genommen.
Die Erblasserin hatte des Weiteren am 31. Mai 1990 mit der D & Co. AG in E einen Verwaltungs-Auftrag geschlossen. Danach konnte der Verwalter nach freien Ermessen sowohl schweizerische als auch ausländische Wertschriften oder Wertschriften ähnliche Papiere erwerben und veräußern sowie Arbitragen, Zeichnungen und alle übrigen Maßnahmen vornehmen, die ihm bei der Betreuung der Vermögenswerte als angemessen erscheinen. Die Verwaltungsgebühr betrug ½ % p. a. des Netto Gesamtvermögens, welches bei der Verwalterin verwaltet wird. Nach den Anlagerichtlinien war das Depot wachstumsorientiert anzulegen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Verwaltungsauftrag sowie die Anlagerichtlinien Bezug genommen (Bl. 63 ff. GA).
Im Streitjahr 1999 betrugen die von der Erblasserin hierfür als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen 54.705,23 DM.
In den vorgenannten Gebühren waren auch Transaktionskosten in Höhe von 7.250 DM sowie 54.411,– DM enthalten, die auf ertraglose Wertpapiere entfielen (das sind 18 % der insgesamt geltend gemachten vorgenannten Gebühren in Höhe von 294.933,– DM).
Die übrigen, hier nicht streitigen Gebühren und Aufwendungen der Erblasserin für die Verwaltung ihres Kapitalvermögens betrugen 99.287,– DM.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2005 änderte der Beklagte die Einkommensteuer des Jahres 1999 gemäß § 164 Abs. 2 AO. Unter anderem wurde die Höhe der Einkünfte aus Kapitalvermögen und privaten Veräußerungsgeschäften aufgrund der Verfügung der Oberfinanzdirektion in Düsseldorf und Münster vom 28. Oktober 2004 wie folgt geändert:
Bisher (zum Vergleich): |
Einkünfte § 20 EStG |
Einkünfte § 23 EStG |
|
in DM |
in DM |
Einnahmen |
666.069,00 |
1.640.862,00 |
Werbungskosten |
- 412.237,00 |
0,00 |
Sparerfreibetrag |
- 6.000,00 |
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Verlustrücktrag aus 2000 |
___________ |
- 1.640.862,00 |
Einkünfte |
247.832,00 |
0,00 |
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|
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neu |
Einkünfte § 20 EStG |
Einkünfte § 23 EStG |
|
in DM |
in DM |
Einnahmen |
666.069,00 |
1.640.862,00 |
Werbungskosten |
- 239.256,00 |
- 67... |