Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähige Vorsteuer aus einer Insolvenzverwaltervergütung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 20/22)
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei richtlinienkonformer Auslegung setzt § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG voraus, dass der Unternehmer Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt.
2. Wenn der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen, dann ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist.
3. Wenn ein Insolvenzverwalter den schuldnerischen Betrieb fortsetzt und so gut wie keine Verwertungshandlungen vornimmt, bestimmt sich die Vorsteueraufteilung nach dem Gesamtumsatz des Insolvenzverwalters während seiner Verwaltungszeit nach Maßgabe der Anteile steuerpflichtiger und steuerfreier Umsätze. Denn dann entspricht die Tätigkeit des Insolvenzverwalters der eines externen Beraters oder eines selbständigen Geschäftsführers, die zu Gemeinkosten des Unternehmens führt.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1, §§ 14, 14a, 15; MwStSystRL Art. 2 Abs. 1 Buchst. a, c, Art. 9, 167, 168 Buchst. a; InsO § 1; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des abzugsfähigen Anteils der Vorsteuer aus der Insolvenzverwaltervergütung.
Der Kläger war als Insolvenzverwalter im Verfahren des Insolvenzschuldners A eingesetzt (Beschluss AG B vom …. 2014), nachdem er zuvor schon vorläufiger Insolvenzverwalter gewesen war. Der Insolvenzschuldner war als IT-Administrator selbständig tätig. Da nach seinem Gutachten im Insolvenzeröffnungsverfahren Fortführungsaussichten bestanden, führte der Kläger den Betrieb des Insolvenzschuldners im Wege der fachlichen Tätigkeit durch den Insolvenzschuldner weiter; dieser wickelte die von Kunden erteilten Aufträge für die Masse ab. Der Kläger gab für die Zeit der Weiterführung Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Der Abschlussbericht des Klägers datiert vom ….2016; wegen Einzelheiten wird auf diesen Bericht verwiesen.
Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom ….2018 wurde dem Kläger eine Nettovergütung von 21.513,54 EUR zzgl. Umsatzsteuer von 4.087,56 EUR bewilligt. Am gleichen Tag wurde dem Kläger für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter eine Vergütung von netto 1.150,00 EUR zzgl. 218,50 EUR Umsatzsteuer zugesprochen. Unter dem ….2018 erteilte der Kläger entsprechende Rechnungen an die Insolvenzmasse. Am 28.11.2018 gab er zunächst eine unstreitig fehlerhafte, sodann eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 2018 ab, in welcher er ausschließlich Vorsteuerbeträge in Höhe von 4.661,32 EUR (darin enthalten 4.087,56 EUR + 218,50 EUR = 4.306,06 EUR Vorsteuer aus Insolvenzverwaltervergütung, der Rest ist unstreitig) deklarierte.
Im Rahmen der Erörterung wies der Beklagte darauf hin, dass die geltend gemachte Vorsteuer nach Maßgabe des Verhältnisses der im Insolvenzverfahren geltend gemachten unternehmerischen und privaten Verbindlichkeiten aufzuteilen sei. Demgegenüber führte der Kläger aus, dass nach dem Schlussverzeichnis insgesamt Insolvenzforderungen i.H.v. 333.809,24 EUR angemeldet worden seien; davon entfielen allein auf den Beklagten 318.187,67 EUR (darin 261.222,52 EUR auf Forderungen aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag, Umsatzsteuer 56.965,15 EUR). Eine Vorsteueraufteilung nach den Vorstellungen des Beklagten sei indessen nicht sachgerecht. Er - der Kläger - beantragte eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der in der Zeit der Insolvenzverwaltung erzielten Gesamteinnahmen. Diese betrügen 272.555,72 EUR. Davon seien 265.390,58 EUR betrieblich begründet. Nach dem Umsatzschlüssel betrage die Vorsteuerquote somit 97,37 %.
Der Beklagte errechnete eine Vorsteuerquote von 17,06% (56.965 EUR/333.809 EUR), die er im Bescheid vom 01.02.2019 auf die Vorsteuer aus den beiden Insolvenzverwaltervergütungen anwandte und so 734,61 EUR als abzugsfähig berücksichtigte (17,06% x 4.306,07 EUR). Die im Übrigen vom Beklagten angesetzte Vorsteuer von 355,26 EUR ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Den gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Entscheidung vom 17.04.2019 als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.
Der Beklagte stütze seine Rechtsauffassung auf den Leitsatz des BFH-Urteiles vom 15.04.2015, V R 44/14, wonach der Insolvenzschuldner zum Vorsteuerabzug aus der Leistung des Insolvenzverwalters grundsätzlich nur im Verhältnis der unternehmerischen zu den privaten Verbindlichkeiten berechtigt sei. Bereits aus dem Leitsatz und durch den Gebrauch des Wortes „grundsätzlich” seien auch andere Aufteilungsmaßstäbe zulässig, ein starrer Maßstab werde eben nicht definiert.
Dem Insolvenzrecht komme auch ein...