rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähigkeit der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers
Leitsatz (redaktionell)
1) Aufwendungen eines Leiters der EDV-Abteilung, der von seinem häuslichen Arbeitszimmer während seines Bereitschaftsdienstes das Rechenzentrum überwacht und steuert, sind i.H.v. 2.400 DM als Werbungskosten abzugsfähig.
2) Für die Frage, ob dem Arbeitnehmer "kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht" kommt es nicht allein auf die rein faktische Möglichkeit an, den Arbeitsplatz im Betrieb auch außerhalb der gewöhnlichen Geschäftszeiten nutzen zu können, sondern auch, ob für die im Rahmen des Bereitschaftsdienstes zu erbringenden Tätigkeiten ein Aufsuchen des betrieblichen Arbeitsplatzes üblicherweise erwartet werden kann.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Sätze 1, 1 Nr. 6b, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Sätze 3, 3 Hs. 1, § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 07.07.2004; Aktenzeichen VI R 56/03) |
Tatbestand
Nachdem die Beteiligten ihren Streit über die Abziehbarkeit der Kosten von Zwischenheimfahrten der Klägerin im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter gütlich beigelegt haben, streiten sie jetzt noch darüber, ob ein vom Kläger zu beruflichen Zwecken genutzter Raum im eigenen Haus der Abzugbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG unterfällt.
Der Kläger war als kaufmännischer Angestellter (Leiter der EDV-Abteilung) bei der Firma M AG nichtselbständig tätig. In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger unter anderem Kosten für einen beruflich genutzten Raum im eigenen Haus in Höhe von 4.377 DM als Werbungskosten geltend (1996: 4.377 DM; 1997: 3.911 DM). Diese Kosten wurden vom Beklagten in den Einkommensteuerbescheiden für 1996 vom 15. April 1998 und für 1997 vom 24. Juni 1998 nicht anerkannt.
Die Einsprüche blieben ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 20. August 1998 (1996) bzw. vom 30. November 1998 (1997) aus, die Aufwendungen für das Arbeitszimmer könnten in den Jahren 1996 und 1997 nicht berücksichtigt werden, weil der Kläger nicht dargelegt habe, inwieweit er auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen sei.
Die Kläger machen geltend, die Kosten des Klägers für den Arbeitsraum im eigenen Haus seien ohne die Abzugbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG abziehbar, weil es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer i.S. der Vorschrift handle. Als Leiter der EDV-Abteilung der Firma M AG habe er für die Überwachung und Steuerung des Rechenzentrums von seinem Heimarbeitsplatz aus einen für diesen Zweck speziell eingerichteten Arbeitsplatz benötigt. In früherer Zeit seien die Rechner des Rechenzentrums rund um die Uhr durch anwesendes Personal bedient worden. Dieses Personal sei durch Einsatz einer Automationssoftware ersetzt worden. Die Software habe auf die spezifischen Belange der Firma M AG abgestimmt und entsprechend programmiert werden müssen. Die von der Automationssoftware überwachten Anwendungsprogramme liefen nie völlig fehlerfrei und erzeugten im Falle eines Fehlers Abbrüche in der Programmkette. Diese Abbrüche würden ohne Überwachung durch die Automationssoftware zu einem verspäteten Start der Online-Anwendungen am nächsten Arbeitstag führen. Zur Minimierung dieses Risikos bestehe die Notwendigkeit, das Rechenzentrum in der Zeit nach 18 Uhr und vor 6 Uhr von einem externen Arbeitsplatz aus zu kontrollieren, um im Falle eines Fehlers sofort eingreifen zu können. Das fehlerhafte Programm müsse repariert und der abgebrochene Programmablauf neu gestartet werden. Gegebenenfalls müssten dabei telefonisch die Servicedienste der Rechner- und Softwarehersteller benachrichtigt und deren Arbeit koordiniert werden. Außerdem seien in der Zeit nach 18 Uhr und vor 6 Uhr Programm-Updates aufgespielt worden, um den regelmäßigen Betrieb durch derartige Nebenarbeiten nicht zu stören.
Daher habe der Arbeitsraum im eigenen Haus besonders ausgestattet und vom häuslichen Lebensablauf abgeschottet sein müssen. So habe der Kläger einen entsprechend ausgestatteten PC benötigt, eine Datenanbindung an das Rechenzentrum, einen Drucker und einen Pager. Die Einrichtung des Zimmers habe aus einem Schreibtisch, einem Stuhl, einem Büroschrank für umfangreiche Literatur und einem zusätzlichen Telefon bestanden. Die Erledigung der dem Kläger obliegenden Aufgaben sei nicht im familiären Wohnbereich möglich, sondern erfordere einen vom Wohnbereich getrennten Arbeitsbereich. Der vom Kläger genutzte Arbeitsraum im eigenen Haus sei daher weniger mit einem häuslichen Arbeitszimmer vergleichbar, als vielmehr mit einem Werk- oder Betriebsraum der nach der Rechtsprechung des BFH nicht unter die Abzugsbeschränkung falle.
Sollte das Gericht gleichwohl zu der Ansicht gelangen, dass es sich bei dem Raum um ein häusliches Arbeitszimmer handele, seien die Aufwendungen zumindest in Höhe des Grenzbetrags von 2.400 DM als Werbungskosten zu erfassen. Zwar sei nicht die quantitative Grenze von 50 % für die häusliche Tätigkeit...