Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückstellung für Vertragspflege, Provisionen als verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz (redaktionell)
1) Für die Nachbetreuung von Versicherungsverträgen kann eine Rückstellung gebildet werden, wenn eine rechtliche Pflicht zur Nachbetreuung besteht und der Steuerpflichtige kein laufendes Bestandspflegeentgelt erhält.
2) Für die Rückstellungsbildung ist es in diesem Fall unerheblich, dass die Betreuungspflicht mit institutionellen Vertragspartnern besteht, die Betreuungsleistung aber gegenüber Endkunden erbracht wird und die bei Vertragsschluss anfallende Provision von einem Dritten gezahlt wird. Auch der Eintritt in den Erfüllungsrückstand als Rechtsnachfolger, die Ungewissheit, ob tatsächlich Nachbetreuungsleistungen erwartet werden und ob diese eine wesentliche wirtschaftliche Belastung darstellen, steht der Rückstellungsbildung nicht entgegen.
3) Die Bewertung der Rückstellung kann auf der Basis von Aufzeichnungen über vertragsbezogene Tätigkeiten innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten erfolgen, aus denen dann die Durchschnittsbetreuungszeit je Vertrag und Jahr ermittelt wird. Das ermittelte Ergebnis kann auch für Vorjahre verwendet werden, wenn aufgrund der Gleichförmigkeit der Verträge und langer Vertragslaufzeiten eine hohe Vergleichbarkeit zwischen den Jahren besteht.
4) Bei unklarer oder nicht nachweisbar getroffener Provisionsvereinbarung mit einem beherrschenden Gesellschafter kann keine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen werden, wenn die Unklarheiten durch nachfolgende langjährige Übung beseitigt werden.
5) Provisionszahlungen an einen beherrschenden Gesellschafter für die Vermittlung von Kapitallebens- und Rentenversicherungen, die durch einen Promille-Satz der Vertragssumme begrenzt sind, sind bei gegebener Branchenüblichkeit auch dann keine Umsatztantiemen, wenn sie mehr als 25% der Gesamtvergütung ausmachen.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3a; KStG § 8 Abs. 3 S. 2; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; EStG § 5 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten zum einen über die Frage, ob und in welcher Höhe Rückstellungen für die Vertragspflege von Bestandskunden zu bilden sind. Zum anderen streiten sie über die Frage, ob bestimmte an die Vorstände der Klägerin ausgezahlte Provisionen eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft und wurde im Jahre … gegründet. Ihr Geschäftsgegenstand ist unter anderem die Vermittlung von Versicherungsverträgen und die Beratung und Vermittlung von Finanzierungen für Unternehmen. Die Klägerin hat ein Modell der Unternehmensfinanzierung zur … erarbeitet. Sie arbeitet nahezu ausschließlich mit …, A-Versicherungen und ähnlichen Banken oder Unternehmen (nachfolgend „Kooperationspartner”). Die Klägerin führt die Tätigkeit der B …beratung mit beschränkter Haftung & Co. KG (nachfolgend „Vorgesellschaft”) im Rahmen eines Pacht- und Betriebsüberlassungsvertrages fort. Nach diesem Vertrag ist sie in sämtliche Versicherungsverträge der Vorgesellschaft eingetreten.
Im Jahre 1991 schloss die Vorgesellschaft Kooperationsvereinbarungen mit den Dachverbänden der …. Ausweislich eines als Anlage zum Schreiben des c … vom …. Januar 1991 beigefügten Mustervertrages bietet die Vorgesellschaft bzw. nunmehr die Klägerin den Kooperationspartnern Produkte zur Unternehmensfinanzierung an, welche diese zusammen mit der Klägerin an Firmenkunden und vermögende Privatkunden (nachfolgend „Endkunden”) vermitteln. Zum Leistungsspektrum der Vorgesellschaft bzw. nunmehr der Klägerin hieß es in den Musterverträgen: „Betreuung der Firmenkunden während der gesamten Vertragslaufzeit, z.B. Unterstützung bei Steuerprüfungen”.
In den Folgejahren schloss die Vorgesellschaft bzw. die Klägerin mit einer Vielzahl von Kooperationspartnern auf diesem Mustervertrag beruhende Verträge ab. Die Verträge sind meist als „Vertriebs- und Kooperationsvertrag” bezeichnet. In diesen Verträgen ist u.a. geregelt, dass die Klägerin zusammen mit dem Kooperationspartner bestimmte Produkte gegenüber den Endkunden anbietet. Im weiteren Ablauf finden gemeinsame Gespräche der Klägerin sowie den Kooperationspartnern mit den Kunden statt. Hierbei werden die von der Klägerin entwickelten Finanzierungsprodukte bei der A-Versicherung vermittelt. Die Endkunden haben bei Vertragsabschluss eine Provision (berechnet nach einem Promillewert der Vertragssumme) an die A-Versicherung zu leisten, an der die Klägerin und die Kooperationspartner nach im Einzelfall festgelegten Verhältnissen beteiligt sind. Im Regelfall erhalten die jeweilige … 2/3 und die Klägerin 1/3 des von der A-Versicherung ausgezahlten Provisionsbetrages. Die Provision wird vertragsbezogen berechnet und ausgezahlt.
In den Kooperationsverträgen verpflichtet sich die Klägerin gegenüber dem Kooperationspartner u.a. zur Erstellung von Anlagekonzepten, zur Information und Beratung über den rechtlichen Rahmen des angebotenen Produktes, zur Durchführung der...