Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt indem die Berechtigung zum Vorsteuerabzug entsteht; Frage der Zurechnung des Handelns Dritter
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug entsteht grundsätzlich in dem Zeitpunkt, in dem der Stpfl. die Leistung empfangen hat und (erstmalig) im Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist.
2. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall mit Eingang der Rechnung bei dem Zeugen D vor. Ausweislich des Eingangsstempels des Zeugen ist die fragliche Rechnung dort im Streitjahr eingegangen. Der Zeuge war nach Überzeugung des Senats von der Stpfl. rechtsgeschäftlich zur Durchführung von Maßnahmen und Entgegennahme von Rechnungen bevollmächtigt.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin im Streitjahr Vorsteuer aus Rechnungen geltend machen kann, die im Vorjahr erstellt wurden.
Die Klägerin betrieb in A ein Bauunternehmen. Durch Generalunternehmervertrag aus dem Jahr 1997 verpflichtete sie sich, das Bauvorhaben „B” zu verwirklichen. …. Bauherrin war die C … Verwaltungs-GmbH (im Folgenden: C). Gegenüber der Bauherrin verbürgte sich die Stadtsparkasse A i. H. v. 1,5 Mio. DEM für die Vertragserfüllung durch die Klägerin.
Mitte 1999 geriet die Klägerin in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Zu dieser Zeit führte sie insgesamt sieben Großbaustellen. Das Bauvorhaben „B” stand kurz vor der Fertigstellung.
Durch Vertrag vom ….6.1999 trat die Klägerin ihre Werklohnansprüche gegenüber der C an die Stadtsparkasse A ab. Auf Veranlassung der Stadtsparkasse A wurden Gespräche zwischen der Bauherrin, der Klägerin und der Stadtsparkasse A hinsichtlich der Fertigstellung des Bauvorhabens geführt.
Die „B” wurde beginnend ab Juli 1999 unter Federführung des Architekten D fertig gestellt. Dieser führte Gespräche mit den Subunternehmern, holte Angebote von Subunternehmern ein, beauftragte die Subunternehmer – soweit nicht bereits zuvor durch die Klägerin erfolgt – mit der Durchführung weiterer Baumaßnahmen, erklärte gegenüber den Subunternehmern die Abnahme der einzelnen Gewerke, nahm die (Teil-)Abnahmeerklärungen der C entgegen, prüfte die Rechnungen der Subunternehmer auf sachliche Richtigkeit und wies die Stadtsparkasse A an, den sich ergebenden Zahlbetrag von einem eigens für das Bauvorhaben eingerichteten Sonderkonto zu leisten.
Am …10.1999 wurde über das Vermögen der Klägerin das Konkursverfahren eröffnet. Das Bauvorhaben B wurde vom Konkursverwalter am ….2.2000 aus dem Konkursbeschlag freigegeben.
Die Klägerin beantragte beim Beklagten die Veranlagung zur Umsatzsteuer für die Jahre 1999 bis 2002. Unter Hinweis auf das Konkursverfahren lehnte der Beklagte seinerzeit die Umsatzsteuerveranlagung ab. Die gegen die Ablehnung gerichtete Klage nahm die Klägerin für die Jahre 1999 und 2001 mangels Beschwer zurück. Bezüglich der beiden Jahre 2000 und 2002 wurde der Beklagte zur Durchführung von Umsatzsteuerveranlagungen verpflichtet.
Im Rahmen des sich anschließenden Veranlagungsverfahrens für 2000 begehrte die Klägerin Vorsteuer i. H. v. insgesamt 61.726,60 DEM. Der Beklagte kürzte den geltend gemachten Vorsteuerabzug u.a. um einen Betrag i. H. v. 27.289,71 DEM (13.953,01 €), der auf Rechnungen von Subunternehmern mit Rechnungsdaten aus dem Jahr 1999 resultierte. So wurden im Jahr 1999 von Subunternehmern Rechnungen in Höhe von insgesamt 170.560,60 DEM zzgl. 27.289,71 DEM Umsatzsteuer gestellt. Für diese Rechnungen fertigte der Zeuge D jeweils (mit Ausnahme der Rechnung von E vom 9.12.1999) einen Abrechnungsbogen, der von der Klägerin einerseits und vom leistenden Unternehmer andererseits zum Anerkenntnis der Zahlungspflicht bzw. Rechnungsreduktion unterschrieben wurde. Die von Vertretern der Klägerin geleisteten Unterschriften datieren sämtlich aus dem Jahr 2000. Die Rechnungen wurden durch die Stadtsparkasse A im Jahr 2000 beglichen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren begehrt die Klägerin nunmehr im Klagewege, die gekürzte Vorsteuer zum Abzug zuzulassen. Hierzu behauptet sie, die Rechnungen seien von den Subunternehmern an den Zeugen D unmittelbar gesandt worden. Die Klägerin selbst habe die Rechnungen erst im Jahr 2000 – kurz vor Anerkenntnis der jeweiligen Abschlusszahlung – vom Zeugen D erhalten.
Die Klägerin meint weiter, der Architekt sei – entgegen der Auffassung des Beklagten – keineswegs ihr Erfüllungsgehilfe gewesen. Vielmehr sei der Zeuge D durch die Stadtsparkasse A beauftragt worden. Auf die Abläufe der Baufertigstellung habe die Klägerin keinen Einfluss nehmen können und sei insbesondere dem Zeugen D gegenüber auch nicht weisungsbefugt gewesen. Insofern könne ihr ein etwaiger Erhalt der Rechnungen durch den Zeugen D im Jahr 1999 nicht zugerechnet werden.
Sonach sei die in den Rechnungen offen ausgewiesene Umsatzsteuer ungeachtet des Rechnungsdatums erst im Jahr 2000 als Vorsteuer abzugsfähig. Sie beantragt daher,
den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 6.2.2012 in G...