Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögensverwaltender Versicherungsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Kapitalversicherung auf den Todesfall liegt auch dann vor, wenn sich der Todesfallschutz lediglich auf 1% des tatsächlich angesparten Kapitals beläuft.
2) Eine gesonderte Verwaltung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG liegt vor, wenn die zu leistende Einmalprämie durch Übertragung eines Wertpapierdepots erbracht wird.
3) Der zur Annahme eines vermögensverwaltenden Versicherungsvertrags notwendigen Dispositionsmöglichkeit steht nicht entgegen, dass die Auswahl des Anlagemanagers durch die Bank und nicht den Steuerpflichtigen geschieht, wenn zumindest eine mittelbare Dispositionsmöglichkeit besteht.
4) Eine mittelbare Dispositionsmöglichkeit ist insbesondere anzunehmen, wenn die Anlageentscheidungen von einem Vermögensverwalter getroffen werden, der durch den wirtschaftlich Berechtigten beauftragt wurde, der wirtschaftlich Berechtigte einen Wechsel in der Person des Vermögensverwalters verlangen kann und eine individuelle Anlagestrategie zwischen dem Versicherungsunternehmen oder dem Vermögensverwalter und dem wirtschaftlich Berechtigten vereinbart wird.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 5, Nr. 6
Tatbestand
Streitig ist, ob und inwieweit aus einer Lebensversicherung steuerpflichtige Einkünfte in den Streitjahren resultieren.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie erzielten in den Streitjahren Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin hatte zudem sonstige Einkünfte.
Der Kläger schloss am 02.07.2008 – beginnend am 30.06.2008 – eine fondsgebundene Lebensversicherung „UBS Life Wealth (Deutschland)” bei der in Liechtenstein ansässigen UBS Global Life AG (im Folgenden UBS genannt), die eine Tochtergesellschaft der UBS AG ist, gegen Einmalprämie von 466.318 € auf seinen Todesfall ab. Die Einmalprämie erfolgte durch Übertragung eines bereits bei der UBS AG in Zürich (Schweiz) geführten Depots. Versicherungsnehmer und versicherte Person war der Kläger. Diesem standen als Versicherungsnehmer die Erträge des Anlagevermögens zu, die jedoch nicht an ihn ausgezahlt, sondern den Wert des Anlagevermögens erhöhen und erneut angelegt werden sollten. Eine Überschussbeteiligung gewährte der Vertrag nicht. Der Versicherungsnehmer war zur jederzeitigen Kündigung mit der Folge der Auszahlung des Rückkaufwertes berechtigt.
Er erklärte in dem Antragsformular, der allein wirtschaftlich Berechtigte an den Vermögenswerten des Versicherungsvertrages zu sein. Die Laufzeit war bezogen auf den Kläger lebenslang.
Als Anlageform wählte der Kläger „Managed Fund Portfolio” mit Anlagestrategie „classic festverzinslich (CHF)”. Anlagemanager war die bisherige Depotbank UBS AG. Die UBS verpflichtete sich, im Falle des Versterbens des Klägers eine Kapitalauszahlung in Höhe von 101 % des Werts des Anlagevermögens an die Klägerin bzw. an deren Stelle an die vom Kläger konkret benannte bezugsberechtigte Dritte vorzunehmen. Die dem Anlagevermögen zu entnehmenden Kosten umfassen Verwaltungskosten von 0,5 % p.a., Fondsverwaltungskosten von 0,8 % sowie Risikokosten.
Auf das Antragsformular und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen UBS Life Wealth (Deutschland) (im Folgenden AVB genannt) mit Einmalprämie wird Bezug genommen.
Erträge aus dieser Lebensversicherung wurden vom Kläger in den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2009 und 2010 in der Annahme einer steuerlich begünstigten Lebensversicherung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht erklärt.
Nachdem die Kläger zunächst erklärungsgemäß für die Streitjahre veranlagt worden waren, setzte der Beklagte mit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 29.05.2013 die Einkommensteuer 2009 und 2010 unter Erhöhung der Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers auf 10.628 € bzw. 2.732 € herauf. Er verwies insoweit auf das Schreiben des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E vom 30.04.2013. Danach handele es sich bei der Lebensversicherung nicht um einen Versicherungsvertrag im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, sodass die Erträge fortlaufend zu versteuern seien. Mangels vorgelegter Unterlagen würden die Kapitalerträge aus der vorgenannten Versicherung in Höhe von 43.200 € (2009) und 15.900 € (2010) geschätzt. Schätzungsgrundlage seien die Anlagewerte zum 31.12. des Jahres unter Berücksichtigung eines 10-prozentigen Sicherheitszuschlages.
Der Beklagte wies den hiergegen gerichteten Einspruch vom 11.06.2013 mit Einspruchsentscheidung vom 15.08.2013 unter Verweis auf sein Schreiben vom 08.07.2013, wonach mangels Risikotragung der UBS angesichts der vom Kläger zu zahlenden Kosten bereits kein Versicherungsvertrag im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG vorliege, als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren fort, dass es sich um einen steuerlich begünstigten, nicht vermögensverwaltenden Versicherungsvertrag im Sinne ...