Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtlicher Prüfungsmaßstab bei Überprüfung einer aufsichtsrechtlichen Beschwerdeentscheidung nach Art. 78 Abs. 1 DSGVO
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine gerichtliche Überprüfung, ob eine Beschwerdeentscheidung einer datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde nach Art. 78 Abs. 1 DSGVO auch inhaltlich zutreffend ist, sieht die DSGVO nicht vor und findet nicht statt.
2) Der eingeschränkte gerichtliche Prüfungsmaßstab ist mit EU-Recht vereinbar.
Normenkette
DSGVO § 78 Abs. 1, § 77
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Beklagten im Hinblick auf einen Kontenabruf durch das Finanzamt A.
Die Kläger werden vom Finanzamt A steuerlich geführt. Zwischen den Klägern und dem Finanzamt besteht Streit über Säumniszuschläge. Im Zusammenhang mit Vollstreckungsmaßnahmen veranlasste das Finanzamt im Januar 2020 eine Kontenabfrage beim Bundeszentralamt für Steuern.
Im Nachgang wandten sich die Kläger an den Beklagten mit einer Beschwerde und trugen vor, das Finanzamt habe nicht rechtskräftig titulierte Säumniszuschläge durch Zwangsvollstreckung beitreiben wollen, ohne den rechtskräftigen Ausgang eines eingelegten Rechtsmittels abzuwarten. Zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung sei der Kontenabruf durchgeführt worden, um Pfändungsmöglichkeiten zu ermitteln. Der Kontenabruf verletze die Datenschutzrechte der Kläger. Gemäß § 93 Abs. 7 Abgabenordnung (AO) dürfe von dem Instrument des Kontenabrufs nur Gebrauch gemacht werden, wenn der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht, eine Vermögensauskunft zu erteilen, nicht nachkomme oder eine Befriedigung der Ansprüche aus den genannten Vermögensgegenständen nicht zu erwarten sei. Das Finanzamt habe aber keine Vermögensauskunft beantragt, sodass die Voraussetzungen des § 93 Abs. 7 AO nicht vorlägen.
Im Rahmen einer Anhörung teilte das Finanzamt mit, der Kontenabruf gemäß § 93 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 AO sei zulässig gewesen. Es habe sich um einen Vollstreckungsfall gehandelt, in dem bereits fruchtlose Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Das Ersuchen habe dem Zweck gedient, bislang unbekannte Konten aufzuzeigen und weitere Vollstreckungsmöglichkeiten zu eröffnen. Gemäß § 93 Abs. 7 S. 2 AO dürfe ein Kontenabruf nur erfolgen, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt habe oder keinen Erfolg verspreche. Das Finanzamt habe im Rahmen der Beweiswürdigung festgestellt, dass ein vorheriges Auskunftsersuchen nicht erfolgversprechend gewesen sei, da angesichts der umfangreichen Streitigkeiten im Vorfeld und der fruchtlosen Vollstreckungsversuche der Vergangenheit aus Sicht des Finanzamts ein Auskunftsersuchen nicht zielführend gewesen sei. Die Ermessensausübung sei dokumentiert und aktenkundig.
Daraufhin teilte der Beklagte den Klägern im Rahmen eines Hinweises vom 04.03.2021 mit, er halte die vom Finanzamt mitgeteilten Informationen zum Kontenabruf für plausibel und sehe keinen Hinweis darauf, dass die Kläger in ihren Rechten verletzt sein könnten. Bei dem Kontenabrufersuchen habe es sich um eine gemäß Art. 6 Abs. 1 e), Abs. 2 und 3 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) i.V.m. § 29b Abs. 1 AO und § 85 AO zulässige Datenverarbeitung gehandelt.
Daraufhin teilten die Kläger mit, das Finanzamt habe vorsätzlich gelogen, soweit die Sachverhaltsdarstellung des Finanzamtes von der eigenen abweiche. Es habe im Vorfeld keine fruchtlosen Vollstreckungsmaßnahmen gegeben. Im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 93 AO, Nr. 2.6 sei ausdrücklich vorgesehen, dass eine Finanzbehörde den Beteiligten zunächst Gelegenheit geben solle, Auskunft über ihre Konten zu geben, es sei denn der Ermittlungszweck würde gefährdet. Diese vorherige Information habe das Finanzamt unterlassen. Das Finanzamt habe ebenso wie ein privater Gläubiger zuvor einem Schuldner die Gelegenheit zu geben, über seine Kontenverhältnisse Auskunft zu erteilen.
Daraufhin erließ der Beklagte am 29.06.2021 einen Bescheid, mit welchem die Beschwerde abgewiesen wurde. Zur Begründung trug der Beklagte vor, das Finanzamt habe die Kontenabfrage für Zwecke der Erhebung von Steuern in zulässiger Weise auf Grundlage von § 93 Abs. 7 Nr. 4 AO veranlasst. Entgegen der Auffassung der Kläger müssten in den Fällen eines Vollstreckungsverfahrens durch ein Finanzamt die besonderen Voraussetzungen des § 93 Abs. 8 AO nicht erfüllt sein. Dass die Voraussetzungen des § 93 Abs. 7 Nr. 4 AO erfüllt seien, habe das Finanzamt glaubhaft vorgetragen und damit das ihm zustehende Ermessen korrekt ausgeübt. Das Finanzamt habe vorgetragen, dass wegen noch offener Beträge mit Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 16.12.2019 Ansprüche der Kläger gegen die Bank Z gepfändet worden seien. Eine Drittschuldnererklärung der Bank habe am 21.01.2020 nicht vorgelegen, sodass der Kontenabruf zur Ermittlung weiterer Vollstreckungsmöglichkeiten genutzt worden sei. Die Kläger hätten den Vortrag des F...