rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung einer von der Deutschen Rentenversicherung an einen türkischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in der Türkei gezahlte Altersrente unter Berücksichtigung von Art. 18 Abs. 2 DBA-Türkei 2011. Veranlagung bei beschränkter Steuerpflicht. rückwirkende Anwendung des DBA-Türkei 2011 im Veranlagungszeitraum 2011
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Besteuerungsrecht für eine von der Deutschen Rentenversicherung (hier: Nordbayern – DRVNB –) an einen nach § 1 Abs. 4 EStG beschränkt steuerpflichtigen türkischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in der Türkei gezahlte Leibrente i. S. v. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steht nach Maßgabe von Art. 18 Abs. 2 DBA-Türkei Deutschland als Quellenstaat zu, wobei die deutsche Einkommensteuer 10 % der Bruttorente nicht übersteigen darf, 10.000 EUR nach Art. 18 Abs. 2 Satz 1 DBA-Türkei 2011 steuerfrei sind und der gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG zu berücksichtigende steuerfreie Anteil der Rente dem nach Art. 18 Abs. 2 Satz 1 DBA-Türkei 2011 zu berücksichtigenden Freibetrag von 10000 EUR zuzuordnen ist; zusätzlich zu den 10.000 EUR ist auch noch gem. § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG der Pauschbetrag für Werbungskosten von 102 EUR jährlich bei Bezug von Leibrenten gesondert abzuziehen (insoweit gegen BMF, Schreiben v. 11.12.2014, IV B 4 – S 1301-TÜR/0 :007, BStBl 2015 I S.92 Tz. 8).
2. Die Veranlagung bei beschränkter Steuerpflicht erfolgt gem. § 50 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz EStG ohne Berücksichtigung eines Grundfreibetrages, indem das zu versteuernde Einkommen des beschränkt Steuerpflichtigen um den Grundfreibetrag gem. § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG erhöht wird, was durch die Anwendung des Einkommensteuertarifs des § 32a Abs. 1 EStG, in den der Grundfreibetrag eingerechnet ist, wieder ausgeglichen wird.
3. Die rückwirkende Anwendung von Art. 18 Abs. 2 DBA-Türkei 2011 im Veranlagungszeitraum 2011 ist zulässig, wenn die Regelung für den Kläger begünstigend wirkt, weil er ohne den Freibetrag von 10.000 EUR eine deutlich höhere Einkommensteuer zahlen hätte müssen.
Normenkette
EStG 2011 § 1 Abs. 2-4, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 1, S. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 7, § 9a S. 1 Nr. 3; EStG § 50 Abs. 1 S. 2 1. Hs., § 50 Ab S. 3, § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1; DBA TUR 2011 Art. 18 Abs. 2 Sätze 1-2, Art. 30 Abs. 2 Buchst. a ii
Tenor
Abweichend von den Einkommensteuerbescheiden für 2011 – 2015 vom 21.09.2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.09.2017 ist bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens für jedes Streitjahr ein Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von …,00 EUR zu berücksichtigen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens werden dem Kläger 90 v.H. und dem Beklagten 10 v.H. auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Einkommensbesteuerung einer in die Türkei gezahlten Leibrente.
Der am 02.01.1934 geb. Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und wohnte in den Streitjahren in der Türkei. Er bezog seit dem 01.02.1999 eine Leibrente im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe aa) Einkommensteuergesetz (EStG) von der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (im Folgenden: DRVNB) sowie eine Betriebsrente von der … AG.
Einkommensteuererklärungen reichte der Kläger nicht ein. Nach der Übersendung eines Informationsschreibens über das Bestehen der Einkommensteuerpflicht für die aus Deutschland bezogene Leibrente an den Kläger veranlagte der Beklagte den Kläger aufgrund der von der DRVNB erhaltenen Rentenbezugsmitteilungen für die Jahre 2011 – 2015 beschränkt einkommensteuerpflichtig mit mit der Post versandten Bescheiden jeweils vom 21.09.2016 wie folgt:
|
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
Höhe der Leibrente |
12.191,00 EUR |
12.385,00 EUR |
12.534,00 EUR |
12.655,00 EUR |
12.893,00 EUR |
Einkommensteuer |
350,00 EUR |
385,00 EUR |
414,00 EUR |
440,00 EUR |
488,00 EUR |
In den Einkommensteuerbescheiden für 2011 – 2014 waren zugleich Zinsen gem. § 233 a Abgabenordnung (AO) festgesetzt worden. Im Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 21.09.2016 wurden Vorauszahlungen für 2016 in Höhe von …,00 EUR und für 2017 und weitere Jahre in Höhe von vierteljährlich …,00 EUR festgesetzt.
Bei der Berechnung der Höhe der Einkommensteuer hatte der Beklagte den in Art. 18 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 22.11.2011 (BGBl II 2011,527)(im Folgenden: DBA Türkei) vorgesehenen Steuerfreibetrag in Höhe von 10.000,00 EUR sowie den Höchstbetrag der festzusetzenden Steuer (10 % des Bruttobetrages der Rente) berücksichtigt.
Die Betriebsrente der … AG ließ...