Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung eines Kindes bei Vollzeiterwerbstätigkeit während des Wartens auf einen Ausbildungsplatz. keine Berücksichtigung der aus der Vollzeiterwerbstätigkeit erzielten eigenen Einkünfte und Bezüge
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b und c EStG sind nicht erfüllt, wenn das Kind in der Übergangszeit oder während des Wartens auf einen Ausbildungsplatz einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht.
2. Sind die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines volljährigen Kindes nur während eines Teils des Kalenderjahrs erfüllt, so kommt es nicht darauf an, ob die während des Kalenderjahrs insgesamt erzielten Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag überschritten haben; vielmehr sind nur die im Berücksichtigungszeitraum erzielten Einkünfte und Bezüge mit dem darauf entfallenden anteiligen Grenzbetrag zu vergleichen.
Normenkette
EStG 2002 § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, b, c, Sätze 2, 7-8
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, abweichend von dem Bescheid vom 21. Oktober 2009 in Gestalt seiner Einspruchsentscheidung vom 05. Januar 2010 ab dem 01. September 2009 Kindergeld für den am 21. Januar 1986 geborenen Sohn der Klägerin festzusetzen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 67 % und die Beklagte zu 33 %.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.968,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Kindergeld.
Die Klägerin ist die Mutter ihres am 21. Januar 1986 geboren Sohnes J. J. hatte bis in den Sommer 2005 eine Ausbildung zum Hotelfachmann absolviert. Seit dem 01. März 2006 war er mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei dem Aparthotel V. in B. als Hotelfachmann vollzeitbeschäftigt. Im Januar 2009 bewarb er sich bei der beruflichen Schule der Hansestadt Rostock um eine weitere Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt in der Fachrichtung Hotel- und Gaststättengewerbe. Ausweislich der Aufnahmezusage vom 17. März 2009 sollte die Ausbildung, am 01. September 2009 beginnen.
Aus seiner Vollzeitbeschäftigung bei dem Aparthotel V. bezog J. in der Zeit vom 01. Januar bis zum 31. August 2009 eine monatliche Vergütung in Höhe von 950,00 EUR brutto/632,25 EUR netto. Ihm war zudem seit dem 01. Dezember 2008 die private Nutzung eines Dienstfahrzeuges gestattet. Ausweislich der Verdienstbescheinigung für den Monat Juli 2009 belief sich J's steuerpflichtiges Bruttoeinkommen in den ersten sieben Monaten des Jahres 2009 auf 8.883,00 EUR, darin enthalten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in Höhe von 1.838,56 EUR.
Mit Beginn seiner Ausbildung bei der beruflichen Schule der Hansestadt Rostock am 01. September 2009 bezog J. von seinem Arbeitgeber ein Betriebsstipendium in Höhe von monatlich 800,00 EUR brutto, darin enthalten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in Höhe von 163,80 EUR. Ausweislich der Verdienstbescheinigung für den September belief sich J's steuerpflichtiges Bruttoeinkommen in den ersten neun Monaten des Jahres 2009 auf 10.952,00 EUR, darin enthalten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in Höhe von 2.262,20 EUR. Sonderzahlungen oder sonstiger pauschal versteuerter Arbeitslohn wurden Jan ausweislich einer Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 18. August 2009 nun nicht mehr gewährt.
Im August 2009 beantragte die Klägerin für ihren Sohn Kindergeld für die Zeit ab dem 01. September 2009.
Mit Bescheid vom 21. Oktober 2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kindergeld ab Januar 2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass das Einkommen des Kindes für das Kalenderjahr 2009 voraussichtlich den maßgeblichen Grenzbetrag überschreiten werde.
Hiergegen wandte die Klägerin sich mit ihrem Einspruch vom 10. November 2009, mit dem sie noch einmal beantragte, ihr ab dem September 2009 Kindergeld zu gewähren. Zur Begründung führte sie aus, ihr Sohn J. befände sich ab dem 01. September 2009 in einer Berufsausbildung. Gemäß § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 6 bis 8 des Einkommensteuergesetzes – EStG – seien nur die Einkünfte zu berücksichtigen, die das Kind während der Ausbildung erhalten habe; diese beliefen sich abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge und des anteiligen Werbungskostenpauschbetrages auf monatlich 561,00 EUR und blieben somit unterhalb des maßgeblichen Grenzbetrages von monatlich 640,00 EUR. Die außerhalb des Ausbildungszeitraums erzielten Einkünfte seien nicht zu berücksichtigen. Eine Erklärung zu den Werbungskosten ihres Sohnes reichte die Klägerin nicht ab. Hierzu teilte ihre Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 07. Dezember 2009 mit, da keine höheren Werbungskosten als der Arbeitnehmer-Pauschbetrag angefallen seien, müsse der Vordruck aus ihrer Sicht nicht ausgefüllt werden.
Mit Einspruchsentscheidung vom...