Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilwertabschreibung einer Schadensersatzforderung. Gewinnzuschätzung aufgrund ungeklärter Geldzuflüsse
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Teilwertabschreibung einer betrieblichen Schadensersatzforderung kommt nicht in Betracht, wenn bei der Bemssung der Höhe der Forderung und der Regelung der Zahlungsmodalitäten bereits auf die individuellen Verhältnisse des Schuldners Rücksicht genommen wurde.
2. Ist die Buchführung formell fehlerhaft, darf das Finanzamt ungeklärte Geldzuflüsse als nicht versteuerte Einnahmen und Umsätze behandeln.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1; AO § 146 Abs. 1 S. 2, § 147 Abs. 1 Nr. 5, §§ 158, 162; BGB § 781
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob und ggf. mit welchem Wertansatz die Schadenersatzforderung des Antragstellers gegen den Verkaufsvermittler W zu aktivieren ist und ob der Antragsgegner (das Finanzamt) ungeklärte Privateinlagen zu Recht dem Gewinn und den steuerpflichtigen Umsätzen der Antragsteller in den Streitjahren 2003 bis 2005 hinzugerechnet hat. Das Finanzamt hat den bei ihm gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) mit Verwaltungsakt vom 13. März 2008 abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 6. Dezember 2007, die Jahresabschlüsse 2003 bis 2005, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß
die AdV der Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 vom 28. Januar 2008 in Höhe von 58.080 EUR (2003), 11.519 EUR (2004), 10.934 EUR (2005), der Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2005 vom 28. Januar 2008 in Höhe von 3.551,40 EUR (2003), 12.243,41 EUR (2004), 13.162,65 EUR (2005) und der Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2003 bis 2005 28. Januar 2008 in Höhe von 7.385 EUR (2003), 2.205 EUR (2004), 1.690 EUR (2005) wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit.
Das Finanzamt beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist unbegründet.
Der Senat legt den Antrag dahin aus, dass – wie im Schreiben vom 18. April 2008 sinngemäß ausgeführt – die AdV der angefochtenen Bescheide insoweit beantragt wird, als sich aus ihnen eine Nachforderung aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung ergibt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen jedoch nicht.
1. Die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei überschlägiger Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen eine Unklarheit in der Beurteilung von Tatsachen oder eine Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 18. Mai 2001 – VIII B 25/01, BFH/NV 2001, 1119). Der Antrag auf AdV ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 – IX R 141/89, BStBl II 1994, 756).
2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
a) Die Bilanzen des Antragstellers für die Streitjahre 2003 bis 2005 sind unrichtig, soweit dieser es unterlassen hat, die Schadensersatzforderung gegen den Verkaufsvermittler W gemäß dem notariellem Schuldanerkenntnis zu aktivieren. Die im Einspruch vom 15. Februar 2008 geäußerte Auffassung des Antragstellers, eine Forderung sei bereits dem Grunde nach nicht entstanden, trifft nicht zu. Vielmehr ist es gerade das Wesen eines Schuldanerkenntnisses nach § 781 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass dadurch eine neue Forderung bzw. Schuld entsteht (konstitutives Schuldanerkenntnis) oder – wie im Streitfall – eine bereits bestehende Forderung bzw. Schuld bestätigt wird (deklaratorisches Schuldanerkenntnis; vgl. Palandt/Sprau, BGB, § 781 Rz. 2 f.).
Auch der Auffassung der Antragsteller, dass – im Falle des Bestehens einer Forderung dem Grunde nach – diese nicht mit dem Nennwert, sondern mit einem Teilwert von 0 EUR zu aktivieren sei, kann nicht gefolgt werden. Geldforderungen sind in der Steuerbilanz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG), ebenso wie in der Handelsbilanz gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB, grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Diese entsprechen ihrem Nennwert (BFH-Urteile vom 23. November 1967 – IV 123/63, BStBl II 1968, 176; vom 23. April 1975 – I R 236/72, BStBl II 1975, 875). Ist der Teilwert einer Forderung niedriger als ihr Nennwert, weil z.B. zweifelhaft ist, ob die Forderung in Höhe des Nennwertes erfüllt werden wird (Ausfallrisiko), so „kann” statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG).
Im Streitfall haben die Antragstel...