Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung bei Streit über die Zulässigkeit eines Einspruchs

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat das Finanzamt einen Einspruch wegen Fristversäumnis als unzulässig zurückgewiesen, so ist eine Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO nur gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige Gründe vorträgt, die dazu führen, dass neben ernstlichen Zweifeln an der Unzulässigkeit des Einspruchs auch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide in materiell-rechtlicher Hinsicht bestehen.

 

Normenkette

FGO § 69

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Beim Antragsteller (ASt) fand vom 6. Juni 2002 bis 31. Januar 2005 mit Unterbrechungen eine Betriebsprüfung statt, die sich auf Einkommensteuer 1997 bis 2000, Gewerbesteuer 1997 bis 2000 und Umsatzsteuer 1997 bis 2000 erstreckte. Aufgrund der Ergebnisse der Betriebsprüfung erließ der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) mit Datum vom 25. Februar 2005 geänderte Bescheide. Die Bescheide waren an den ASt unter der Adresse … gerichtet. Dabei handelt es sich um die Anschrift der Eltern des ASt. Laut einem Aktenvermerk der Betriebsprüferin soll der ASt am 31. Januar 2005 (Tag der Schlussbesprechung) mitgeteilt haben, dass die Bescheide an die Adresse der Eltern des ASt zugestellt werden sollen. Am 1. April 2005 ging beim FA der Einspruch des ASt gegen die Steuerbescheide vom 25. Februar 2005 ein. Seinen nach Hinweis des FA auf den verspäteten Eingang des Einspruchs gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete der ASt damit, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass die Einspruchsfrist schon am 29. März 2005 abgelaufen sei, da er nach seinen Notizen die Bescheide am Dienstag, den 1. März 2005 über die Anschrift seiner Eltern erhalten habe und er die Monatsfrist von diesem Tag an berechnet habe. Auf die Aufforderung des FA, das Kuvert, in dem die Bescheide übersandt wurden, vorzulegen, teilte der ASt mit, dass er dieses nicht aufbewahrt habe. Das FA lehnte mit der Einspruchsentscheidung vom 23. November 2005 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab und wies den Einspruch als unzulässig zurück. Dagegen richtet sich die im Hauptsacheverfahren anhängige Klage (Az. 9 K 4682/05), über die der Senat noch nicht entschieden hat.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 23. November 2005, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Der ASt beantragt nach erfolgloser Antragstellung beim FA

die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide, Umsatzsteuerbescheide, Gewerbesteuermessbetragsbescheide vom 25. Februar 2005, jeweils für die Jahre 1997 bis 2000, und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 23. November 2005 in Höhe von 4.737,63 EUR (Einkommensteuer 1997), 13.218,43 EUR (Einkommensteuer 1998), 12.331,85 EUR (Einkommensteuer 1999), 31.573,29 EUR (Einkommensteuer 2000), 1.838,19 EUR, (Umsatzsteuer 1997), 6.557,83 EUR (Umsatzsteuer 1998), 6.971,16 EUR (Umsatzsteuer 1999), 8.645,23 EUR (Umsatzsteuer 2000), 0 DM (Gewerbesteuermessbetrag 1997), 594 DM (Gewerbesteuermessbetrag 1998), 840 EUR (Gewerbesteuermessbetrag 1999), 2.810 EUR (Gewerbesteuermessbetrag 2000) wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich gegen den Bescheid über Gewerbesteuermessbetrag 1997 richtet, da in diesem Bescheid ein Gewerbesteuermessbetrag von 0 DM festgesetzt wurde und daher kein vollziehbarer Verwaltungsakt im Sinne von § 69 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorliegt.

2. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet, denn der ASt hat keine Gründe dargelegt, die es im Sinne von § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO als ernstlich zweifelhaft erscheinen lassen, dass und gegebenenfalls in welchen Umfang die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind. Der ASt hat im Verfahren nach § 69 FGO, ebenso wie im Klageverfahren, nur Gründe vorgebracht, die die Zulässigkeit des Einspruchs betreffen. Das genügt jedoch nicht, um im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung Erfolg haben zu können, denn die Aussetzung der Vollziehung ist nur gerechtfertigt, wenn neben ernstlichen Zweifeln an der Unzulässigkeit des Einspruchs auch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide in materiell-rechtlicher Hinsicht bestehen (BFH-Beschluss vom 5. Februar 1975 II B 29/74, Bundessteuerblatt II 1975, 465; BFH-Beschluss vom 31. März 1998 I S 8/97, BFH/NV 1998, 1318).

Das Verfahren nach § 69 FGO ist ein summarisches Verfahren, welches hinsichtlich des Prozessstoffs auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen und auf die sog. präsenten Beweismittel beschränkt ist. Es ist Sache des Beteiligten, gegenüber dem Gericht die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus umfangreichen Akten Festste...

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