rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörungsrüge gegen eine im Urteil getroffene Kostenentscheidung. Keine Überraschungsentscheidung durch die in § 136 Abs. 1 FGO vorgesehene Kostenfolge
Leitsatz (redaktionell)
1. Gegen eine in einem Urteil getroffene Kostenentscheidung, mit der die Kosten nach § 136 Abs. 1 S. 1 FGO gegeneinander aufgehoben werden, ist die Anhörungsrüge nach § 133a FGO statthaft, wenn eine Partei gegen das Urteil in der Hauptsacheentscheidung kein Rechtsmittel einlegt und lediglich Einwände gegen die Kostenentscheidung hat, hinsichtlich der es eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt.
2. Das rechtliche Gehör ist nicht verletzt, wenn das Gericht bei einem teilweisen Obsiegen und teilweise Unterliegen einer Partei die Kosten nach § 136 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 FGO gegeneinander aufhebt ohne in der mündlichen Verhandlung auf diese Möglichkeit hingewiesen zu haben.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 2, §§ 133a, 136 Abs. 1, §§ 143, 145; GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 99 Abs. 1, § 321a
Tenor
1. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Senat hat durch das angefochtene Urteil vom 7. März 2011, das den Klägern am 18. März 2011 zugestellt worden ist, die Klage im Hauptantrag (Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Feststellungsbescheids und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung) als unzulässig abgewiesen und im Hilfsantrag 1 (Aufhebung der Einspruchsentscheidung) stattgegeben (Tenor zu 1). In der Kostenentscheidung sind die Kosten des Verfahrens nach § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) gegeneinander aufgehoben worden (Tenor zu 2). Es hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
Die von den Steuerberatern L vertretenen Kläger haben am 1. April 2011 Anhörungsrüge nach § 133a FGO wegen der im Tenor zu 2 des Urteils ergangenen Kostenentscheidung erhoben und beantragt, das Verfahren fortzuführen und eine Kostenentscheidung zu treffen, die dem Beklagten die Kosten des Verfahrens vollumfänglich auferlegt. Sie rügen, dass das nach Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu gewährende „rechtliche Gehör” nicht gewährt worden sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 1. April 2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Anhörungsrüge bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
Nach § 133a Abs. 1 FGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (Abs. 1 Nr. 1) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Abs. 1 Nr. 2).
1. Die Anhörungsrüge ist statthaft, insbesondere ist die unter Nummer 1 genannte Tatbestandsvoraussetzung erfüllt, da – nachdem gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel nicht eingelegt wurde – eine Anfechtung der im Urteil getroffenen Kostenentscheidung nicht zulässig ist (§ 145 FGO).
Zwar ist die Kostenentscheidung, deren Unrichtigkeit die Kläger rügen, ein unselbstständiger Teil der Entscheidung, der nur mit einer zulässigen Anfechtung dieser Entscheidung der Prüfung durch das Rechtsmittelgericht zugeführt werden kann (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 143 FGO Rz. 12). Die Unselbständigkeit der in einem Urteil getroffenen Kostenentscheidung hat somit die in § 145 FGO normierte Konsequenz, dass eine in einem Urteil getroffene Kostenentscheidung nicht angefochten werden kann, wenn nicht auch gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Denn nach Sinn und Zweck dieser Bestimmung soll das Rechtsmittelgericht davon freigestellt werden, ohne einer Entscheidung zur Hauptsache isoliert die Kostenentscheidung zu überprüfen (Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 11. November 2002 VI B 83/02, BFH/NV 2003, 331). Diese Regelung beruht auf dem auch § 99 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu Grunde liegenden Rechtsgedanken, dass widersprüchliche Entscheidungen, die dadurch zu Stande kommen, dass das Rechtsmittelgericht die rechtskräftige Entscheidung der Hauptsache nur wegen der Kosten überprüfen muss und daher möglicherweise zu einer von der Entscheidung der Vorinstanz abweichenden Beurteilung kommt, vermieden werden sollen (Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 145 FGO Rz. 21; BFH-Urteil vom 30. August 1963 III 106/61 U, BStBl III 1963, 585). Wie schon das Reichsgericht zu § 99 Abs. 1 ZPO entschieden hat, soll eine Partei, welche sich mit einem ihr ganz oder teilweise ungünstigen Urteil in der Hauptsache zufrieden gibt, nicht befugt sein, eine Abänderung der in der Regel von der Entscheidung in der Hauptsache abhängigen Kostenentscheidung allein herbeizuführen (Beschluss des Reichsgerichts vom 28. Oktober 1936 V B 16/36, juris).
Die Gefahr einer abweichenden Beurteilung der unanfechtbar entschieden Hauptsache durch die Rechtsmittelinstanz besteht nach Auffassung des Senats im Falle einer Anhörungsrüge nach § 133a FGO gegen die Kostenentscheidung...