Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung gegen Insolvenzantrag. Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Antrag des Finanzamts auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat keinen Erfolg, wenn nicht glaubhaft gemacht wird, dass der Insolvenzantrag aufgrund einer fehlerhaften Ermessensausübung gestellt worden ist.
Normenkette
FGO §§ 114, 102; InsO § 16
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Im vorliegenden Verfahren wegen einstweiliger Anordnung gemäß § 114 FGO will die Antragstellerin (AStin) erreichen, dass der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) seinen am 27. Februar 2002 gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der AStin vorläufig nicht weiterverfolgt.
Die AStin ist eine …– Aktiengesellschaft. Einziger Vorstand ist Herr K. Bei den Akten befinden sich vier Atteste des Hausarztes des Herrn K., die am 3. Juni 2001, 3. Dezember 2001, 9. Januar 2002 und 3. Mai 2002 erstellt wurden. Hierauf wird gemäß § 105 Abs. 3 FGO verwiesen. Im Attest vom 9. Januar 2002 wird bescheinigt, dass Herr K. „… nicht in der Lage” sei, „seiner Arbeit geregelt nachzugehen.” Es bestehe weiterhin Haft- und Prozessunfähigkeit. „Aus hausärztlicher Sicht” werde die volle Arbeitsfähigkeit mit dem 21. Januar 2002 erreicht werden. Im Attest vom 3. Mai 2002 heißt es hierzu: „Aus diesen Gründen ist Herr K. nicht in der Lage, seinen Beruf ständig auszuüben. Aus hausärztlicher Sicht ist o. g. Patient seit Januar 2002 arbeitsunfähig.”
Das FA erließ unter dem Datum vom 4. Juli 2001 gegen die AStin u. a. Bescheide über Körperschaftsteuer (KSt) und Solidaritätszuschlag (SolZ) für die Streitjahre 1998 und 1999. Die das Streitjahr 1999 betreffenden Steuerbescheide standen zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –). U. a. gegen diese beiden KSt-Bescheide wandte die AStin sich durch ihren Vorstand mit Einsprüchen vom 13. August 2001. In der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 23. Januar 2002 verwarf das FA die Einsprüche als unzulässig. Zur Begründung führte es aus, die Einsprüche seien verspätet beim FA eingegangen. Wiedereinsetzungsgründe (§ 110 AO) seien nicht ersichtlich. Im Übrigen wies es darauf hin, dass die angefochtenen Bescheide für 1999 noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stünden. Die Einspruchsentscheidung wurde dem Vorstand ausweislich der bei den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde am 24. Januar 2002 zugestellt. Unter dem Datum vom 20. März 2002 erließ das FA u. a. einen KSt-Änderungsbescheid für das Streitjahr 1999 (KSt unverändert 74.571,00 DM = 38.127,55 EUR), in dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde.
Die unter dem Datum vom 2. April 2002 vom Vorstand persönlich erstellte Klageschrift ging am 3. Mai 2002 beim Finanzgericht München ein. Zur Begründung trug Herr K. vor: „Wir gehen davon aus, dass der Sachverhalt des Finanzamts P., der diesem vollständig und offen dargelegt wurde, falsch behandelt und betrachtet wurde und nicht den gesetzlichen Formen und Vorschriften sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht, insbesondere, da der einzige vertretungsberechtigte Vorstand seit Sommer 2001 arbeitsunfähig ist und derzeit maximal 3 Stunden am Tag sich seinen Aufgaben als Geschäftsführer dreier GmbH's, Inhaber einer Wirtschaftsberatung und Vorstand unserer Aktiengesellschaft widmen kann. Da er die einzige Person ist, die die Zusammenhänge der Geschäftsanfälle aus 1998/99 und 2000 kennt, ist ein Wechsel nicht möglich, außerdem ist die Gesellschaft seit Frühjahr 2001 mehr ruhend als werbend tätig, da der wesentliche Geschäftspartner unserer Gesellschaft, Herr C., … schwer erkrankte und … verstarb. … Gleichzeitig wurden ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der KSt-Bescheide 1998 und 1999 (Az. …) und der vorliegende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Eine nähere Begründung des Klageantrags sollte binnen vier Wochen nachgereicht werden, was bisher nicht geschehen ist.
Der erkennende Senat hat unter demselben Datum vom 17. Juni 2002 einen Gerichtsbescheid erlassen (Az. …) in dem die Klage wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen worden ist. Mit Beschluss ebenfalls vom 17. Juni 2002 hat der Senat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der KSt-Bescheide für 1998 und 1999 abgelehnt (Az. …). Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Beschluss und den Gerichtsbescheid verwiesen.
Unter dem Datum vom 27. Februar 2002 stellte das FA wegen Abgabenrückständen in Höhe von 96.475,38 EUR (wegen deren Zusammensetzung wird auf Blatt 50 der Vollstreckungsakte verwiesen) beim Amtsgericht N. – Insolvenzgericht – einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der AStin. Zur Begründung des Antrags berief sich das FA darauf, dass die KSt für 1998 bestandskräftig festgesetzt sei. Die KSt für 1999 sei wegen Nichtabgabe der Steuererklärung...