Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, ob ein bestimmter Aufwand gewinnwirksam gebucht werden konnte und ob ggf. eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt
Leitsatz (redaktionell)
1. Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Pflichten gemäß § 90 Abs. 2 AO und ist der Sachverhalt anderweitig nicht aufklärbar, so kann das FA – und ihm folgend das FG – zum Nachteil des Steuerpflichtigen von einem Sachverhalt ausgehen, für den unter Berücksichtigung der Beweisnähe des Steuerpflichtigen und seiner Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhaltes eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht.
2. Das Vorliegen einer vGA ist eine für den Steuerpflichtigen nachteilige Tatsache. Die erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten – hier Zahlungen ins Ausland ohne ersichtlichen Grund und ohne Nennung des Empfängers – beinhaltet jedoch keine generelle Beweislastumkehr, sondern eine sphärenorientierte Beweisrisikoverteilung.
Normenkette
AO § 90 Abs. 2; KStG § 8 Abs. 3
Tenor
1. Die Vollziehung des angefochtenen Körperschaftsteuerbescheides 2001 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens in Höhe von 12.808,89 EUR ausgesetzt.
2. Die Verwirkung angefallener Säumniszuschläge wird insoweit aufgehoben, als sie auf den ausgesetzten Betrag entfallen.
3. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
4. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 93.5 %, der Antragsgegner zu 6,5 %.
Tatbestand
I.
Streitig ist in dem beim Antragsgegner (dem Finanzamt – FA –) anhängigen Einspruchsverfahren, ob die Antragstellerin im Veranlagungszeitraum (VZ) 2000 einen Aufwand zurecht gewinnwirksam gebucht hat und ob im VZ 2001 wegen der Bezahlung dieses Aufwandes eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt.
Eine Steuerfahndungsprüfung bei der Antragstellerin kam zum Ergebnis, dass einem gebuchten Wareneinkauf im VZ 2000 in Höhe von 765.000 DM Scheinrechnungen zu Grunde liegen. Rechnungen einer Firma ANL hätten überhöhte Preise für gelieferte Waren ausgewiesen. In Wahrheit seien im VZ 2001 maximal Kosten für Wareneinkauf in Höhe von 163.866,50 DM angefallen. Die Bezahlung der Rechnungen im VZ 2001 stelle eine vGA in Höhe von 724.850 DM dar.
Außergerichtliche Anträge auf Aussetzung der Vollziehung wurden mit Verwaltungsakt vom 5. Juli 2007 abgelehnt.
Die Antragstellerin beantragt,
- die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 2000 vom 12. März 2007 ohne Sicherheitsleistung in Höhe von 115.795,34 EUR auszusetzen,
- die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 2001 vom 12. März 2007 ohne Sicherheitsleistung in Höhe von 12.808,89 EUR auszusetzen,
- die Vollziehung des Gewerbesteuermessbescheides 2000 vom 12. März 2007 ohne Sicherheitsleistung in Höhe von 19.574,81 EUR auszusetzen,
- die Aussetzung ab Fälligkeit bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung anzuordnen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Bericht über die Fahndungsprüfung vom 24. Oktober 2006, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1.) Der Antrag ist teilweise begründet.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte im Sinne des § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) bestehen nach Aktenlage nur bezüglich der Körperschaftsteuer 2001.
a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Bundesfinanzhof-BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674; vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BStBl II 1999, 684).
b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall teilweise erfüllt.
○ Der Antrag bezüglich der Körperschaftsteuer 2000 und des Gewerbesteuermessbetrages für 2000 ist unbegründet.
Keine ernstlichen Zweifel bestehen insoweit, als das FA für den VZ 2000 gebuchte Aufwendungen für den Wareneinkauf in Höhe von 765.700 DM nicht als betrieblich veranlasst beurteilt.
Unterstellt man, bei den streitigen Wareneingangsrechnungen in Höhe von insgesamt 765.700 DM handele es sich um keine Scheinrechnungen, wäre die bilanzielle Erfassung des entsprechenden Aufwandes im Wirtschaftsjahr 2000 unzutreffend. Bestellte Waren sind bilanzsteuerlich erst bei ihrer Lieferung mit den tatsächlich zutreffenden Preisen und Liefermengen zu erfassen. Nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin käme eine Passivierung demnach erst im November 2001 in Be...