rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des § 8b Abs. 7 S. 2 KStG 2002. Handel mit Vorratsgesellschaft als Eigenhandel. Holding als Finanzunternehmen
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch der Handel mit Vorratsgesellschaften ist als Eigenhandel i. S. d. § 8b Abs. 7 S. 2 KStG anzusehen. Der zivilrechtliche Kauf der Anteile an einer als Vorratsgesellschaft gegründeten GmbH ist steuerrechtlich nicht mit einer Gesellschaftsgründung gleichzustellen.
2. Erwirbt eine Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand die Verwaltung eigenen Vermögens sowie die Beteiligung an anderen Unternehmen jeder Art umfasst, die Anteile einer als Vorratsgesellschaft gegründeten GmbH und veräußert diese Anteile innerhalb eines Monats, woraus die Absicht auf Erzielung eines kurzfristigen Eigenhandelserfolgs folgt, ist der Veräußerungsgewinn gem. § 8b Abs. 7 S. 2 KStG nicht gem. § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei, weil auch ein einziges operatives Geschäft zur Annahme eines Finanzunternehmens i. S. d. § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KWG a. F. führen kann.
Normenkette
KStG 2002 § 8b Abs. 7 S. 2, Abs. 2; KWG § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 a.F.; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
3. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren (6 K 1932/09), ob die Ausnahmevorschrift des § 8b Abs. 7 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der für 2006 geltenden Fassung im Streitfall anwendbar ist und damit Veräußerungsgewinne im Sinne von § 8b Abs. 2 KStG nicht steuerfrei sind.
Alle Geschäftsanteile der mit notarieller Urkunde vom 20. April 2006 gegründeten Antragstellerin übernahm mit notariellem Vertrag vom 9. Juni 2006 Herr E zu einem Kaufpreis von 27.500 EUR, der auch zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt wurde. Gegenstand der Antragstellerin ist die Verwaltung eigenen Vermögens. Ursprünglich waren die A AG mit 24.750 EUR und die B AG mit 250 EUR am Stammkapital der Antragstellerin beteiligt.
Mit notariellem Vertrag vom 9. Juni 2006 erwarb die Antragstellerin einen Geschäftsanteil in Höhe von 23.700 EUR an der – zunächst als Vorratsgesellschaft gegründeten – I-GmbH. Die übrigen Geschäftsanteile in Höhe von 1.300 EUR erwarb die C GmbH (umbenannt in …GmbH). Gegenstand der I-GmbH ist der An- und Verkauf sowie die Vermietung und Verwaltung von Wohnbestand. Auf einer Gesellschafterversammlung vom selben Tag wurde E zum Geschäftsführer der I-GmbH bestellt.
Die Antragstellerin veräußerte mit notariellem Vertrag vom 30. Juni 2006 ihren Geschäftsanteil an der I-GmbH zu einem Kaufpreis von 7.584.000 EUR an eine Gesellschaft mit Sitz in Luxembourg. E wurde mit Wirkung ab dem 3. Juli 2006 als Geschäftsführer der I-GmbH abberufen. Der I-GmbH lag ein notarielles Kaufangebot vom 22. Juni 2006 über umfangreichen Grundbesitz in XY vor (darauf wurde in obiger Urkunde Bezug genommen), das sie mit weiterer notarieller Urkunde vom 30. Juni 2006 angenommen hat.
Mit der Körperschaftsteuererklärung für 2006 wurde ein Jahresüberschuss von 7.458.335 EUR erklärt. Darin ist ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 7.556.781 EUR enthalten, der nach Ansicht der Antragstellerin gemäß § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei ist.
Entsprechend wurde ein Gewerbeertrag in Höhe von 385.659 EUR erklärt.
Der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) ging mit dem Körperschaftsteuerbescheid für 2006 vom 10. Juli 2008 davon aus, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung wegen § 8 b Abs. 7 Satz 2 KStG nicht vorliegen. Bei einem Jahresüberschuss von 7.458.335 EUR und einem zu versteuernden Einkommen von 7.564.601 EUR setzte es die Körperschaftsteuer auf 1.891.150 EUR fest. Entsprechend wurde der Gewerbesteuermessbetrag mit Bescheid ebenfalls vom 10. Juli 2008 auf 378.230 EUR festgesetzt.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2009 wurde die Körperschaftsteuer 2006 auf 1.653.358 EUR und der Gewerbesteuermessbetrag 2006 auf 330.670 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Änderungen erfolgten wegen Änderungen bei den Rückstellungen (Gewerbesteuer und Beiträge IHK), die sich aus der Nichtanerkennung der Steuerfreiheit ergeben.
Im Einzelnen wurde die Antragstellerin wie folgt veranlagt:
Jahresüberschuss: |
4.864.591 |
Gesamtbetrag der Einkünfte / zu versteuerndes Einkommen: |
6.613.433 |
festgesetzte Körperschaftsteuer: |
1.653.358 |
festgesetzter Gewerbesteuermessbetrag: |
330.670 |
(davon im Hauptsacheverfahren unstreitig: |
2.120) |
(davon im Hauptsacheverfahren streitig: |
328.550) |
|
alle Beträge in EUR |
Für die Dauer des Einspruchsverfahrens gewährte das FA Aussetzung der Vollziehung der angegriffenen Bescheide, diese endete nach der Einspruchsentscheidung.
Mit dem Klageschriftsatz für die Hauptsache vom 26. Juni 2009 hatte die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Körperschaftsteuer in Höhe von 1.556.944 EUR und des Gewerbesteuermessbetrages in Höhe von 358.9...