rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG bei unrichtiger Auslegung eines AdV-Antrags. Verletzung der Begründungspflicht des Gerichts im AdV-Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit der Behauptung, das Gericht habe den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung unrichtig ausgelegt, kann eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG nicht geltend gemacht werden.
2. Im Rahmen einer Anhörungsrüge kann eine Verletzung der Begründungspflicht des Gerichts nicht gerügt werden, wenn das Gericht sich in der Entscheidung mit dem Gesichtspunkt auseinander gesetzt hat.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FGO §§ 133a, 96 Abs. 1 S. 2, § 69
Tenor
1. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin wendet sich mit der Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 23. Juli 2012 Az. 7 V 2642/11, mit dem die von ihr beantragte Aussetzung der Vollziehung der Bescheide i.S. Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermessbetrag sowie Umsatzsteuer für die Jahre 2005 bis 2006 in vollem Umfang und die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide i.S. Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbescheid für die Jahre 2001 bis 2004 zum überwiegenden Teil angeordnet wurde. Hinsichtlich der Begründung wird auf ihren Schriftsatz vom 9. August 2012 Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt
das Verfahren vor dem Finanzgericht München, Aktenzeichen 7 V 2642/11 fortzuführen,
die Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide, der Gewerbesteuermessbescheide und der Umsatzsteuerbescheide jeweils für die Jahre 2001-2008 vom 21. März 2011 in der Höhe, wie diese zu einer Nachforderung gegenüber der ursprünglichen Steuerfestsetzung geführt haben, ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit sowie einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte vorbehaltlos auszusetzen,
hilfsweise, die vorstehend erhobene Anhörungsrüge in ein Antrag nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO umzudeuten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Anhörungsrüge ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Sätze 2 und 3 FGO). Der Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde im Antragsverfahren nicht verletzt.
Soweit die Antragstellerin rügt, das Gericht habe ihren Antrag, der die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Bescheide ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung zum Gegenstand gehabt habe, in einem hinter diesem Begehren zurückbleibenden Sinn dahingehend ausgelegt, dass sie die AdV für die Dauer des Einspruchsverfahrens beantragt habe mit der Folge, dass im Beschluss die teilweise Gewährung der AdV nicht auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Steuern zurückbezogen worden sei, behauptet sie, dass das Gericht ihr Begehren unrichtig ausgelegt habe. Eine unrichtige Auslegung eines Antrags, der eine Unterschreitung des Aussetzungsantrag zur Folge hat, würde aber keine Verletzung des Grundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG, sondern eine Verletzung von § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO darstellen (BFH-Urteil vom 18. August 2005 II R 68/03, BFH/NV 2006, 360; Brandt in Beermann, § 109 FGO Rz. 24). Dies kann nicht im Rahmen einer Anhörungsrüge nach § 133a FGO geltend gemacht werden.
Weiterhin wird behauptet, das Gericht habe „das rechtliche Gehör der Antragstellerin” durch Versagung eines Abschlages für Überproportionierung verletzt. Wie die Antragstellerin jedoch selbst vorträgt, hat das Gericht auf den Seiten 17 und 18 des angefochtenen Beschlusses mehrere Gründe für die Versagung des Abschlages dargelegt. Der Begründungspflicht des Gerichts ist damit jedenfalls für ein AdV-Verfahren, in dem eine summarische Prüfung anhand präsenter Beweismittel stattfindet (ständige Rspr., vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 20. Juli 2012 V B 82/11, DStR 2012, 1702), mehr als Genüge getan worden. Eine Pflicht, sich in der Begründung der Entscheidung mit allen Einzelheiten des hundertzwölfseitigen Vortrags der Antragstellerin in der Antragsbegründung und u.a. eines fünfundsiebzigseitigen Vortrags in einer von mehreren Repliken zuzüglich umfangreicher Anlagen ausdrücklich auseinanderzusetzen, normiert Art. 103 Abs. 1 GG nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt die Feststellung eines Verstoßes gegen Art 103 Abs 1 GG besondere Umstände voraus, die verdeutlichen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfG vom 12. November 2008 1 BvR 2788/08, NJW 2009, 907). Davon kann im Streitfall jedoch keine Rede sein, da die Gründe, warum das Gericht einen weiteren Abschlag nicht für gerechtfertigt hält, dargelegt worden sind. Im Kern trägt die Antragstellerin mit ihrer Rüge vor, dass das Gericht ihrer Rechtsauffassung nicht gefolgt sei und macht damit geltend, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann die Antr...