rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach dem FördG, wenn der Anschaffungsvorgang oder Herstellungsvorgang nicht abgeschlossen wird

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Rückabwicklung eines Kaufvertrages kann ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO sein, wenn der Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang nicht abgeschlossen wird.

2. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach dem FördG entfallen rückwirkend, wenn der Anschaffungsvorgang oder Herstellungsvorgang nicht vollzogen wird. Dieses Ereignis umfasst die materiell-rechtlich vorläufig gewährten Sonderabschreibungen für Anzahlungen auf Anschaffungskosten.

3. Wenn – nur – das wirtschaftliche Eigentum bis zur Rückabwicklung des Kaufvertrags erlangt wird, ist der Anschaffungsvorgang nicht abgeschlossen. Der dem Kaufvertrag zugrunde liegende Anschaffungsvorgang ist erst abgeschlossen, wenn die Einräumung des vollwirksamen zivilrechtlichen Eigentums erfolgt ist.

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 1 S. 2, § 21 Abs. 1; FördG § 4 Abs. 2, 1 S. 5; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Hauptsacheverfahren (Az. 13 K 101/11), ob der Antragsgegner – das Finanzamt (FA) – die Einkommensteuerfestsetzung für 1993 ändern durfte.

Der Antragsteller (ASt) hatte im Jahr 1995 insgesamt 33 Reihenhäuser in Sachsen erworben und dafür einen Kaufpreis in Höhe von insgesamt [… ca. 16.000.000 DM] entrichtet. Für die Rückzahlung des Kaufpreises gab die […] (Bank) eine Bürgschaft ab. Fertigstellung der Häuser sowie Übergang von Nutzen und Lasten erfolgten zum […] 1997. In den Jahren von 1997 bis 2000 vereinnahmte der ASt die Mieten aus den vermieteten Häusern. Nachdem der Verkäufer dem ASt das Eigentum an den Hausgrundstücken nicht verschafft hatte, trat der ASt vom Kaufvertrag über die Reihenhäuser zurück und die Erwerbsvorgänge wurden zum […] 2000 rückgängig gemacht. Der ASt erhielt den vollen Kaufpreis vom Bürgen zurück erstattet.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2010 (Az. 13 V 3809/09) wegen der Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteuerbescheids für 2000 und des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.2000 für die Dauer des Klageverfahrens entsprach der Senat in großen Umfang dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz des ASt. Der Senat war der Auffassung, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids für 2000 bestanden, soweit das FA die im Jahr 1995 gewährten Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz (FördG) in Höhe von 7.117.950 DM wegen der Rückabwicklung des Kaufvertrages als negative Werbungskosten bzw. Einnahmen im Jahr 2000 bei den Einkünften aus VuV erfasst habe. Nachdem das FA die beiden angefochtenen Bescheide (vom 28. Dezember 2004) im Klageverfahren (Az. 13 K 3319/09) mit den Bescheiden vom 25. Oktober 2010 geändert und die Einkünfte aus VuV um 7.117.950 DM vermindert hatte, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt (Kostenbeschluss des Berichterstatters vom 10. Januar 2011).

Das FA änderte mit Einkommensteuerbescheid 1995 vom 25. Oktober 2010 die Steuerfestsetzung im Bescheid vom 13. Oktober 2000 und verminderte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV) die Fördergebietsabschreibung um einen Betrag in Höhe von 7.117.950 DM. Durch diese Erhöhung der Einkünfte aus VuV verminderte sich für das Jahr 1995 der negative Gesamtbetrag der Einkünfte von 8.691.795 DM auf 1.573.845 DM. Aufgrund dieser Verminderung des rücktragsfähigen Verlustes aus dem Jahr 1995 änderte das FA die Einkommensteuerfestsetzung für 1993 mit Einkommensteuerbescheid vom 25. Oktober 2010 und setzte eine Einkommensteuer in Höhe von 3.154.849,86 EUR fest.

Dagegen richtet sich die Klage (Az. 13 K 101/11). Die Rückgängigmachung einer Veräußerung durch einen Rücktritt vom Kaufvertrag sei grundsätzlich ein neuer Vorgang und damit kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs.1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO), das den Anschaffungsvorgang rückwirkend wieder entfallen lassen könne. Da das Anschaffungsgeschäft mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Hausgrundstücken zum 1. Januar 1997 vollzogen worden sei und das Kaufobjekt innerhalb des Förderzeitraums zur Einkünfteerzielung genutzt worden sei, sei dem ASt die Fördergebiets-AfA zu belassen. Im Übrigen stehe einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für 1995 die Festsetzungsverjährung entgegen. Da die Einkommensteuererklärung 1995 im Jahr 1996 abgegeben worden sei, ende die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2000. Der angefochtene und später korrigierte Einkommensteuerbescheid für 2000 sei erst am 28. Dezember 2004 ergangen. Damit käme auch keine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für 1995 nach § 174 Abs. 4 AO in Betracht. Sei keine Korrektur der Einkommensteuer für 1995 zu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge