Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Anordnung einer Sicherheitsleistung wenn der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist Sicherheit zu leisten

 

Leitsatz (redaktionell)

Wenn bei einer auf ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide gestützten Aussetzung der Vollziehung der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist Sicherheit zu leisten, hat eine zur Vermeidung von Steuerausfällen gebotene Anordnung einer Sicherheitsleistung zu unterbleiben.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 21. November 2006 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens ausgesetzt.

2. Die Vollziehung des Bescheids über Hinterziehungszinsen vom 21. November 2006 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens ausgesetzt.

3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob der Antragsteller für Körperschaftsteuerschulden aus den Veranlagungszeiträumen 1993 bis 1995 der Firma XY GmbH (GmbH) haftet und ob er Hinterziehungszinsen schuldet.

Auf der Grundlage eines Berichts der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes München I vom 6. März 2006 wurde der Antragsteller mit Haftungsbescheid vom 21. November 2006 für Körperschaftsteuer 1993 – 1995 und für den Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 1995 in Höhe von insgesamt 222.751,03 EUR in Haftung genommen. Auf den Bescheid im Einzelnen wird verwiesen.

Mit Bescheid ebenfalls vom 21. November 2006 wurden gegenüber dem Antragsteller Hinterziehungszinsen in Höhe von insgesamt 165.822 EUR wegen Körperschaftsteuer 1992 – 1995 festgesetzt.

Über die Einsprüche vom 18. Dezember 2006 gegen diese Bescheide wurde vom Antragsgegner (dem Finanzamt – FA –) noch nicht entschieden.

Ein außergerichtlicher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) wurde mit Bescheid vom 4. Januar 2007 abgelehnt. Der Einspruch dagegen wurde mit Einspruchsentscheidung vom 1. August 2007 als unbegründet zurückgewiesen.

Der Antragsteller beantragt,

den Haftungsbescheid vom 21. November 2006 über 222.751,03 EUR und den Bescheid über Hinterziehungszinsen über 165.822 EUR von der Vollziehung auszusetzen.

Das FA beantragt,

die Aussetzung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren,

im Übrigen den Antrag abzulehnen.

Es führt aus, allein schon wegen des Umfangs der Ermittlungen ließen sich Unsicherheiten hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der maßgeblichen Tatfragen nicht ausschließen, so dass die Voraussetzungen für eine AdV vorlägen. Allerdings sei die AdV von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Eine Gefährdung der umstrittenen Steuerforderungen ergebe sich durch die Vermögenslosigkeit des Antragstellers

Der Antragsteller lehnt die Stellung einer Sicherheitsleistung ab. Da er unstreitig vermögenslos sei, könne der bestrittene und unschlüssige Steueranspruch auch nicht gefährdet werden. Nicht existentes Vermögen könne notwendigerweise nicht verbraucht und verschoben werden.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.) Der Antrag ist begründet.

a) Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des aktenkundigen Sachverhalts treten neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Streitsache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bewirken (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO); Beschlüsse des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994 und vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298).

Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Zutreffend weist das FA in seiner Stellungnahme vom 24. April 2007 ausdrücklich darauf hin, dass die Voraussetzungen für eine AdV gegeben sind.

b) Entgegen der Auffassung des FA ist die Aussetzung der Vollziehung der angegriffenen Bescheide nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 3 FGO kann die finanzgerichtliche Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Dies ist dann angezeigt, wenn die spätere Vollstreckung der Steuerforderung infolge der AdV gefährdet oder erschwert erscheint. Denn die Sicherheitsleistung dient der Vermeidung von Steuerausfällen bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang (vgl. z.B. Beschluss des BFH vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BStBl II 2005, 351).

Eine zur Vermeidung von Steuerausfällen gebotene Anordnung einer Sicherheitsleistung hat jedoch zu unterbleiben, wenn bei einer auf ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide gestützten Aussetzung der Vollziehung der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist, Sicherheit zu leisten (Beschlüsse des BFH vom 13. August 1991 VIII B 14/87, BFH/NV 1992, 688 und vom 26. Juni 2003 X S 4/03, BFH/NV 2003, 1217 unter II.3).

Diese Voraussetzung liegt hier vor, denn der Antrags...

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