Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspäteter Einspruch. Reimport von PKW. Zoll
Leitsatz (redaktionell)
1. Einsprüche, die nicht innerhalb der Einspruchsfrist, aber innerhalb von 3 Jahren nach der buchmäßigen Erfassung der Einfuhrabgaben eingelegt werden, sind als Anträge auf Erlass bzw. Erstattung gemäß Art. 236 Abs. 1 Zollkodex zu behandeln.
2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Nacherhebung bestehen, wenn die Zollbehörden des Ausgangslandes für Neufahrzeuge Warenverkehrsbescheinigungen ausstellen, obwohl ihnen bekannt sein musste, dass die Hersteller der Fahrzeuge ihre Mitwirkung ablehnen.
Normenkette
ZK Art. 220 Abs. 2 Buchst. b, Art. 236 Abs. 1-2, Art. 244
Tenor
1. Die Steueränderungsbescheide vom 5. Februar, 2. August sowie 5., 8., 13., 15., 28., 29. und 30. November 2001 werden für die Dauer des Einspruchsverfahren gegen Sicherheitsleistung ausgesetzt; im übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob Abgabenbefreiung im Rahmen der Regelung für Rückwaren bzw. Präferenzwaren zu gewähren ist und ob Abgaben nacherhoben werden dürfen.
Der Antragsteller (Ast) hat im Zeitraum von August 1998 bis Februar 2000 neue Kraftfahrzeuge der Fabrikate VW (Golf, Polo), Skoda (Octavia, Fabia), Peugeot (106) und Ford (Fiesta, Escort Turnier) aus der Tschechischen Republik eingeführt. Bei der Abfertigung legte der Ast Warenverkehrsbescheinigungen EUR. 1 vor, in denen für die Fabrikate VW, Peugeot und Ford der EG-Ursprung und für die Skoda-Fahrzeuge der tschechische Ursprung bescheinigt worden war. Die Präferenznachweise wurden anerkannt und die Fahrzeuge zollfrei abgefertigt. Lediglich für die Zollbelege Nr. 99/1180 und 99/1181 wurde ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet und mit Bescheid vom 22. November 1999 der Zoll auf 4.135,24 DM abschließend festgesetzt und vereinnahmt.
Bei einer auf Grund einer Außenprüfung angeregten Nachprüfung der Warenverkehrsbescheinigungen wurde von der tschechischen Zollbehörde mitgeteilt, dass bis auf 13 Bescheinigungen, die VW-Golf betrafen, alle Präferenznachweise zu Unrecht ausgestellt worden seien, weil der Ausführer nicht in der Lage gewesen sei, die entsprechenden Unterlagen zum Nachweis des Ursprungs vorzulegen. Daraufhin forderte das HZA mit 9 Steueränderungsbescheiden insgesamt 340.019,78 DM nach. Nachdem für 2 Peugeot-Fahrzeuge Warenverkehrsbescheinigungen nachgereicht und anerkannt wurden, wurde die Gesamtabgabenbetrag auf 337.685,93 DM = 172.656,07 EUR herabgesetzt.
Der Ast macht geltend, dass er auf Grund der von den tschechischen Zollämtern ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen in gutem Glauben die Zollfreiheit in Anspruch genommen und seine Handelsgeschäfte entsprechend kalkuliert habe. Zweifel an der Richtigkeit der Bescheinigungen hätten zu keinem Zeitpunkt bestanden, weil die str. Fahrzeuge in der EG bzw. in der Tschechischen Republik hergestellt worden seien. Diese Vorgehensweise sei von den Zollbehörden beider Länder jahrelang nicht in Frage gestellt worden.
Die AStin beantragt
die Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide vom 5. Februar, 2. August sowie 5., 8., 13., 15., 22., 28., 29. und 30. November 2001 wegen begründeter Zweifel an deren Rechtmäßigkeit und wegen unbilliger Härte.
Der Antragsgegner (Hauptzollamt – HZA –) beantragt
die Ablehnung des Antrags, weil die Steuerbescheide vom 2. August sowie 28., 29. und 30. November 2001 rechtskräftig seien und für die übrigen Einfuhren keine gültigen Warenverkehrsbescheinigungen vorlägen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist teilweise begründet.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des aktenkundigen Sachverhalts treten neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Streitsache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bewirken (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung – FGO–; Bundesfinanzhof– BFH–Beschlüsse vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674; vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994).
Die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide vom 5. Februar, 2. August sowie 5., 8., 13., 15., 22., 28., 29. und 30. November 2001 sind zulässig; insbesondere steht ihnen nicht – wie das HZA annimmt – die Rechtskraft der Steuerbescheide vom 2. August sowie 28., 29. und 30. November 2001 entgegen. Diese Steuerbescheide betreffen nämlich Einfuhren im Zeitraum vom 27. August 1999 bis 30. Mai 2000, für die die Einfuhrabgaben noch nicht verjährt waren, als der Ast am 19. Juli 2002 Einspruch eingelegte (Art. 236 Abs. 2 Unterabs. 1 Zollkodex – ZK –). Die Einsprüche sind als Anträge auf Erlaß des Zolls nach Art. 236 Abs. 1 ZK zu behandeln.
Der Senat hat zwar keine Zweifel, dass die vom HZA angeforderten Abgaben in dieser Höhe entstanden sind, weil für die str. Waren keine gültigen Warenverkehrsbescheinigungen vorlie...