Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Nutzung eines Körperschaftsteuer-Guthabens, wenn eine Ausschüttung durch eine Tochter-Gesellschaft im selben Wirtschaftsjahr an die Gesellschafter ausgeschüttet wird
Leitsatz (redaktionell)
In Anlehnung der Regelung in § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. kann eine GmbH ein Körperschaftsteuer-Guthaben, das durch eine Nachsteuer entstanden ist, in Jahr der „doppelten”) Ausschüttung nutzen.
Normenkette
KStG n.F. § 37 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren die Verrechnung eines Körperschaftsteuer-Guthabens im Zusammenhang mit einer Ausschüttung einer Tochtergesellschaft.
Die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), war im Streitjahr (2002) zu 100 v.H. an einer anderen GmbH (Tochter-GmbH) beteiligt.
Das Körperschaftsteuerguthaben zum 31. Dezember 2001 der Antragstellerin wurde mit Bescheid vom 10. Dezember 2002 auf 12.707 EUR festgestellt.
Lt. Steuerbescheinigung der Tochter-GmbH schüttete diese für den Veranlagungszeitraum 2002 lt. Beschluss vom 8. November 2002 3.118.000 EUR an die Antragstellerin aus, die Ausschüttung erfolgte noch im Jahr 2002. Die Höhe des Körperschaftsteuerminderungsbetrages betrug 519.667 EUR. Mit Beschluss vom 15. November 2002 hat die Gesellschafterversammlung der Antragstellerin ihrerseits eine Gewinnausschüttung in Höhe von 3.150.000 EUR beschlossen.
Im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung für 2002 begehrte die Antragstellerin eine Körperschaftsteuer-Minderung in Höhe von 525.000 EUR (= 1/6 von 3.150.000 EUR).
Im Körperschaftsteuerbescheid für 2002 vom 21. Oktober 2003 wurde bei einer Tarifbelastung von 407 EUR, eines KSt-Minderungsbetrages von 12.707 EUR und eines KSt-Erhöhungsbetrages von 519.667 EUR die Körperschaftsteuer auf 507.367 EUR festgesetzt. Das verbleibende Körperschaftsteuer-Guthaben wurde zum 31.12.2002 mit 519.667 EUR gesondert festgestellt.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids 2002 vom 21. Oktober 2003 auszusetzen, bis über den Einspruch in gleicher Sache entschieden worden ist, hilfsweise die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist begründet.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des aktenkundigen Sachverhalts treten neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Streitsache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bewirken (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-; Bundesfinanzhof-BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 24. Februar 2000 IV Beklagte 83/99, BStBl II 2000, 298).
In Zusammenhang mit der körperschaftsteuerlichen Systemumstellung vom Vollanrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren ab dem Veranlagungszeitraum 2001 wurde – in Hinblick auf die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie – mit § 37 Körperschaftsteuergesetz (KStG) n.F. eine gesetzliche Regelung zur Sicherung des zum Umstellungszeitpunkt vorhandenen Körperschaftsteuer-Guthabens eingeführt.
Die Antragstellerin hatte im Streitjahr einen Ertrag, der im Wesentlichen auf einer Ausschüttung der Tochter-GmbH im laufenden Jahr beruht. Es handelt sich dabei um eine Gewinnausschüttung, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht. Die Gewinnausschüttung bezieht sich dabei nicht auf ein abgelaufenes, sondern auf das laufende Wirtschaftsjahr. Nach bisherigem Körperschaftsteuerrecht wäre diese Ausschüttung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. mit dem verwendbaren Eigenkapital zu verrechnen, das sich zum Schluss des Wirtschaftsjahres ergibt, in dem die Ausschüttung erfolgt. Bei einer entsprechenden Ausschüttung für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahrs wäre die Verrechnung mit dem verwendbaren Eigenkapital zum Schluss des letzten, vor dem Gewinnverteilungsbeschluss abgelaufenen Wirtschaftsjahrs erforderlich gewesen (§ 28 Abs. 2 Satz 1 KStG a.F.). Nach bisherigem Recht wäre für die streitgegenständliche Gewinnvorabausschüttung das verwendbare Eigenkapital maßgeblich gewesen, das sich unter Berücksichtigung der Ausschüttung durch die Tochter-GmbH ergeben hätte. Dies hätte im Ergebnis zu einer Körperschaftsteuer-Minderung geführt (§ 27 Abs. 3 Satz 2 KStG a.F.).
Das Ziel des Gesetzgebers, durch die Systemumstellung auf das Halbeinkünfteverfahren eine deutliche Vereinfachung zu erreichen, bezieht sich generell auf die Sachverhalte, die gänzlich unter das neue Recht fallen. Naturgemäß kann dies nicht uneingeschränkt für die systembedingte Umstellungsproblematik gelten. Hängt eine gesetzliche Regelung des neuen Körperschaft...