Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutzbedürfnis. teilweise Erledigung der Hauptsache. vorläufiger Rechtsschutz gegen: Pfändungs- und Einziehungsverfügungen. Eintragung einer Zwangshypothek. Anordnung der Zwangsversteigerung
Leitsatz (redaktionell)
1. Gegen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen sowie gegen die Eintragung der Zwangshypothek ist der statthafte Rechtsbehelf die AdV. Der Antrag auf AdV ist gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO unzulässig, weil weder die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen noch die Eintragung der Zwangshypothek bislang mit Einspruch vom Antragsteller angefochten wurden.
2. Ausnahmsweise kann vorläufiger Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen nicht nur im Wege der Aussetzung der Vollziehung bzw. Aufhebung der Vollziehung, sondern wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen der Rechtschutzbegehren trotz § 114 Abs. 5 FGO gleichzeitig auch durch einstweilige Anordnung gewährt werden.
3. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung i. S. Anordnung der Zwangsversteigerung ist jedenfalls mangels Rechtschutzbedürfnisses unzulässig, da der Antragsteller – wie geschehen – einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung nach § 30a Abs. 1 ZVG beim Amtsgericht stellen kann. Zudem wäre es dem Antragsteller als Vollstreckungsschuldner unbenommen möglich gewesen, beim FA (vorab) nach § 258 AO die einstweilige Einstellung der Vollstreckung zu beantragen.
Normenkette
FGO § 114 Abs. 5, § 69 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2; AO §§ 162, 258; ZVG § 30a Abs. 1
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren (2 K 2842/14) die Rechtmäßigkeit der Schätzungsbescheide über die Einkommensteuer 2011 (Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit: 60.000 EUR, festgesetzte Einkommensteuer 2011 von 15.023 EUR) und die Umsatzsteuer 2011 (festgesetzt auf 15.750 EUR) sowie der Bescheid über Solidaritätszuschlag 2011, jeweils vom 9. Januar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. September 2014, nicht dagegen die Bescheide über Zinsen zur Einkommensteuer 2011 und zur Umsatzsteuer 2011 und über Verspätungszuschläge (in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. September 2014).
Wegen der genannten und weiterer Abgabenschulden (Lohnsteuerrückstände) i.H.v. insgesamt 25.456,07 EUR erließ der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) am 14. Juli 2014 an die ABank AG und an die B-Bank gerichtete Pfändungs- und Einziehungsverfügungen und übersandte Ausfertigungen davon an den Antragsteller.
Am 17. Juli 2014 trug das Amtsgericht … auf Antrag des FA wegen der o.g. Abgabenschulden eine Zwangssicherungshypothek in das Grundbuch der Immobilie des Antragstellers ein.
Der Antragsteller stellte mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2014 i.S. Einkommensteuer 2011, Solidaritätszuschlag 2011, Umsatzsteuer 2011 sowie Zinsen einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) an das Finanzgericht München (FG), der mit Beschluss des FG vom 15. Januar 2015 abgelehnt wurde. Auf diesen Beschluss wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 9. Februar 2015 ordnete das Amtsgericht … auf Antrag des FA die Zwangsversteigerung in die Immobilie des Antragstellers an. Der Beschluss enthielt eine Rechtsmittelbelehrung.
Im hiesigen Verfahren beantragt der Antragsteller erneut die AdV i.S. Einkommensteuer 2011, Solidaritätszuschlag 2011, Umsatzsteuer 2011 sowie Zinsen, daneben begehrt er die AdV der Verspätungszuschläge und einstweiligen Rechtsschutz gegen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen, die Eintragung der Sicherungshypothek sowie gegen die Anordnung der Zwangsversteigerung. Zur Begründung verweist er auf seine mittlerweile am 23. Februar 2015 im Hauptsacheverfahren vorgelegte Einkommensteuererklärung 2011 mit weiteren Unterlagen und seine Umsatzsteuererklärung 2011. Daraus ergebe sich, dass er entgegen der Schätzung des FA aus seiner freiberuflichen Tätigkeit erhebliche Verluste 2011 erzielt habe. Durch die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des FA seien ihm immense Kosten entstanden.
Das FA setzte nach Eingang der Steuererklärungen mit Bescheid vom 26. Februar 2015, die Vollziehung der Einkommensteuer 2011, des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2011, der Zinsen zur Einkommensteuer 2011 sowie der Umsatzsteuer 2011, des Verspätungszuschlags zur Umsatzsteuer 2011, die Zinsen zur Umsatzsteuer 2011 sowie des Solidaritätszuschlags 2011 in vollem Umfang (in Höhe von 23.286,23 EUR) aus und erklärte insoweit die Hauptsache für erledigt. Die Kosten habe der Antragsteller zu tragen, weil die Steuererklärungen für 2011 erst im Hauptsacheverfahren vorgelegt worden seien (§ 137 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung i.S. Zwangsversteigerung sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil der Antragsteller beim Amtsgericht einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung hätte stellen könne (vgl. § 30a Abs. 1 ZVG), den der Antragsteller mittlerweile beim Amtsgericht gestellt habe. Hinsichtli...