Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Geschäftsführers einer GmbH bei Steuerhinterziehung
Leitsatz (redaktionell)
1. Wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet gemäß § 71 AO für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für Zinsen nach § 235 AO.
2. Hinsichtlich der Einwendungen des Antragstellers gegen die seiner Haftungsinanspruchnahme zugrunde liegende Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 und 2006 muss er das rechtskräftige Urteil des FG München gegen sich gelten lassen, in dem die Klage der GmbH gegen die Steuerfestsetzung 2005 und 2006 abgewiesen worden ist (vgl. § 166 AO).
Normenkette
AO § 71
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren, ob der Antragsteller zu Recht für Abgabenschulden der Firma XYZ GmbH (GmbH) in Haftung genommen worden ist.
Der Antragsteller war Gesellschafter und Geschäftsführer der im Jahr 2004 gegründeten GmbH. Unternehmensgegenstand war die Vermarktung von Datenträgern, datenträgerbasierenden Systemen, Etablierung von Kommunikationssystemen wie z. B. medizinischen Internetportalen sowie Aufbau und Vermarktung von Hard- und Softwaresystemen im Bereich des Gesundheitswesens. Seit 4. September 2009 befindet sich die GmbH in Liquidation.
In den Umsatzsteuervoranmeldungen und in der Jahressteuererklärung 2005 hatte die GmbH Vorsteuererstattungen von 234.180,17 EUR geltend gemacht, die das Finanzamt (FA) ausgezahlt hat.
Im Rahmen einer Umsatzsteuerprüfung, zu der die Steuerfahndungsstelle hinzugezogen wurde, stellte das FA fest, dass die Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der Firma ABC geltend gemacht wurden, deren Geschäftsführer ebenfalls der Antragsteller war. Nach Ansicht des FA lag den Rechnungen jedoch kein Leistungsaustausch zu Grunde, Zahlungen seien nicht geleistet worden.
Daraufhin setzte das FA jeweils mit Bescheid vom 25. Juni 2008 gegenüber der GmbH die Umsatzsteuer 2005 mit einem Negativbetrag von 13.309,20 EUR und die Umsatzsteuer 2006 mit einem Negativbetrag von 5.785,29 EUR fest. Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg (vgl. Einspruchsentscheidung vom 4. November 2008). Die dagegen erhobene Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung sowie des Betriebsprüfungsberichts wurde mit Urteil vom 27. November 2008 vom Finanzgericht München unter dem Aktenzeichen 14 K 3117/07 abgewiesen.
Der Antragsteller wurde mit Urteil vom 4. Februar 2009 durch das Landgericht München II wegen Steuerhinterziehung von Umsatzsteuer der GmbH in Höhe von 437.428,20 EUR verurteilt.
Nachdem die Beitreibung der Umsatzsteuerrückstände bei der GmbH ohne Erfolg blieb, nahm das nunmehr zuständige Finanzamt (FA) den Antragsteller nach vorheriger Anhörung und Ankündigung mit Bescheid vom 4. Januar 2010 für rückständige Umsatzsteuer 2005 und 2006 in Gesamthöhe von 436.505,85 EUR in Haftung. Als Begründung für die Inanspruchnahme führte das FA an, dass der Antragsteller als Geschäftsführer eine unrichtige Umsatzsteuererklärung für 2005 sowie unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis Juni 2006 abgegeben und zu Unrecht Vorsteuern aus Scheinrechnungen der ABC geltend gemacht habe. In der Zahlungsaufforderung des Haftungsbescheides teilte das FA dem Antragsteller mit, dass die Haftungsschuld sofort fällig sei, weil eine Aufrechnung mit einem dem Antragsteller zustehenden Guthaben beim Finanzamt H beabsichtigt sei.
Über den gegen den Haftungsbescheid gerichteten Einspruch hat das FA noch nicht entschieden.
Mit seinem gegen den Haftungsbescheid gerichteten Antrag bringt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass die der Inhaftungnahme zugrundeliegenden Steuerfestsetzungen nichtig seien und in mehreren Verfahren vor dem Finanzgericht München angefochten würden. Aus diesem Grund sei auch die Ankündigung der Aufrechnung aufzuheben und für gegenstandslos zu erklären. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Aufrechnung mit einredebehafteten Forderung nicht zulässig.
Die Steuerfahndung habe alle Unterlagen, mit denen er die wesentlichen Geschäftsbeziehungen zwischen der GmbH und der ABC und somit den tatsächlich stattgefundenen Leistungsaustausch nachweisen könne, unterdrückt und an die Strafkammer weiter gegeben. Im Strafverfahren selbst sei die Frage der Lizenzrechte zwar thematisiert, jedoch sei hierzu keine definitive Feststellung getroffen worden.
Darüber hinaus habe das FA die Steuerrückstände mit Bescheid vom 7. Dezember 2007 mit der Folge gestundet, dass die Steuernachzahlung erst zwei Monate nach seiner Verhaftung fällig geworden sei.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 4. Januar 2010 auszusetzen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag hat keinen...