Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit eines Haftungsbescheids
Leitsatz (redaktionell)
Die Klage des Klägers auf Feststellung der Nichtigkeit des Haftungsbescheids ist unbegründet, wenn der Haftungsbescheid weder nichtig noch rechtswidrig ist.
Normenkette
AO § 125 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Inhaftungnahme des Klägers zu 1 (Kläger) für Umsatzsteuerschulden der Klägerin zu 2 (Klägerin).
Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer der im Jahr 2004 gegründeten Klägerin. Unternehmensgegenstand war die Vermarktung von Datenträgern, datenträgerbasierenden Systemen, Etablierung von Kommunikationssystemen wie z. B. medizinischen Internetportalen sowie Aufbau und Vermarktung von Hard- und Softwaresystemen im Bereich des Gesundheitswesens. Seit 4. September 2009 befindet sich die Klägerin in Liquidation.
Im Rahmen einer Umsatzsteuerprüfung, zu der die Steuerfahndungsstelle hinzugezogen wurde, stellte das FA fest, dass die Klägerin Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der Firma Z geltend gemacht hatte, deren Geschäftsführer ebenfalls der Kläger war. Nach Ansicht des FA lag den Rechnungen jedoch kein Leistungsaustausch zu Grunde, Zahlungen seien nicht geleistet worden.
Daraufhin setzte das FA jeweils mit Bescheid vom 25. Juni 2008 gegenüber der Klägerin die Umsatzsteuer 2005 mit einem Negativbetrag von 13.309,20 EUR und die Umsatzsteuer 2006 mit einem Negativbetrag von 5.785,29 EUR fest. Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg (vgl. Einspruchsentscheidung vom 4. November 2008). Die dagegen erhobene Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung sowie des Betriebsprüfungsberichts wurde mit Urteil vom 27. November 2008 vom Finanzgericht München unter dem Aktenzeichen 14 K 3117/07 abgewiesen. Mit Urteil vom 21. Januar 2010 wurde eine Klage der Klägerin in Sachen Umsatzsteuer 2005 und 2006 unter dem Aktenzeichen 14 K 3961/08 abgewiesen
Der Kläger wurde mit Urteil vom 4. Februar 2009 durch das Landgericht wegen Steuerhinterziehung von Umsatzsteuer der Klägerin in Höhe von 437.428,20 EUR verurteilt.
Nachdem die Beitreibung der Umsatzsteuerrückstände bei der Klägerin ohne Erfolg blieb, nahm das nunmehr zuständige Finanzamt (FA) den Kläger nach vorheriger Anhörung und Ankündigung mit Bescheid vom 4. Januar 2010 für rückständige Umsatzsteuer 2005 und 2006 in Gesamthöhe von 436.505,85 EUR in Haftung. Als Begründung für die Inanspruchnahme führte das FA an, dass der Kläger als Geschäftsführer eine unrichtige Umsatzsteuererklärung für 2005 sowie unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis Juni 2006 abgegeben und zu Unrecht Vorsteuern aus Scheinrechnungen der Z geltend gemacht habe. In der Zahlungsaufforderung des Haftungsbescheides teilte das FA dem Kläger mit, dass die Haftungsschuld sofort fällig sei, weil eine Aufrechnung mit einem dem Kläger zustehenden Guthaben beim Finanzamt K beabsichtigt sei.
Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 29. März 2010 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Der Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids wurde mit Beschluss vom 27. April 2010 abgelehnt (Az. 14 V 550/10).
Mit der vorliegenden Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, dass die der Inhaftungnahme zugrundeliegenden Steuerfestsetzungen nichtig und in mehreren Verfahren vor dem Finanzgericht München angefochten worden seien.
Die Steuerfahndung habe alle Unterlagen, mit denen der Kläger die wesentlichen Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Z und somit den tatsächlich stattgefundenen Leistungsaustausch nachweisen könne, unterdrückt und an die Strafkammer weiter gegeben. Im Strafverfahren selbst sei die Frage der Lizenzrechte zwar thematisiert, jedoch sei hierzu keine definitive Feststellung getroffen worden.
Die Kläger beantragen,
die Nichtigkeit des Haftungsbescheids vom 4. Januar 2010 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 29. März 2010 festzustellen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es vor, dass die auf die Feststellung der Nichtigkeit des Haftungsbescheids gerichtete Klage ausschließlich mit der Nichtigkeit der zugrunde liegenden Umsatzsteuerfestsetzungen begründet werde. Mit diesem Vorbringen seien die Kläger jedoch im Hinblick auf das genannte Urteil des Finanzgerichts München vom 27. November 2008 – 14 K 3117/07 auch im Verfahren gegen den Haftungsbescheid ausgeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Soweit sich die Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit des gegen den Kläger gerichteten Haftungsbescheids wendet, ist die Klage unzulässig, weil sie kein eigenes Feststellungsinteresse geltend machen kann (BFH-Ur...