Entscheidungsstichwort (Thema)

Setzung einer Präklusionsfrist kein anfechtbarer Verwaltungsakt. Fristsetzung gemäß 364 b AO i.S. Einkommensteuer 1990 – 1994

 

Leitsatz (amtlich)

Die Setzung einer Ausschlussfrist nach § 364b Abs.1 AO 1977 während des Einspruchsverfahrens dient nur der Vorbereitung der Entscheidung über den Einspruch, ist kein Verwaltungsakt und kann daher nicht selbständig mit Einspruch bzw. Klage angefochten werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 364b Abs. 1, § 118 S. 1; FGO § 40 Abs. 1; AO 1977 § 347

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.07.2000; Aktenzeichen VI R 8/98)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind Ehegatten mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung in den Streitjahren 1990 bis 1994.

Ihre ESt-Erklärungen für die Streitjahre gaben sie jeweils im Mai des dem Veranlagungszeitraum folgenden übernächsten Jahres ab. Den Erklärungen 1990 bis 1993 war jeweils ein Begleitschreiben beigefügt, mit dem sie die Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung lt. Erklärung beantragten und die Nachreichung fehlender Erläuterungen ankündigten. Der Beklagte (Finanzamt) führte die ESt-Veranlagungen 1990 bis 1994 ohne Abweichung von den Steuererklärungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gern – § 164 Abs. l AO durch. Da keine – weiteren Unterlagen nachgereicht wurden, hob das Finanzamt die Nachprüfungsvorbehalte jeweils mit Bescheiden vom 21.10.1996 auf. Dagegen legten die Kläger am 25.11.1996 vorsorglich Einspruch ein und erklärten, den Rechtsbehelf nach entsprechender Überprüfung zu begründen bzw. zurückzunehmen.

Mit Schreiben vom 26.11,1996 setzte das Finanzamt gem. § 364 b Abs. l AO jeweils eine Frist zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung die Kläger sich beschwert fühlen. Es wies darauf hin, daß Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der Frist vorgebracht werden, im weiteren Verfahren nicht mehr zu berücksichtigen seien. Die Fristsetzung blieb ergebnislos. Das Finanzamt wies daraufhin am 23.01.1997 die Einsprüche als unbegründet zurück.

Mit Schreiben vom 26.02.1997 legten die Kläger gegen die Fristsetzungen Einspruch ein, den das Finanzamt am 22.05.1997 als unzulässig verwarf.

Dagegen richtet sich die Klage. Zur Begründung tragen die Kläger im wesentlichen vor, daß die angefochtenen Ausschlußfristsetzungen gem. § 364 b AO nach herrschender Meinung einen Verwaltungsakt i.S. von § 118 AO darstellten. Der Verwaltungsakt sei auch zu begründen (§ 121, AO). In der Begründung seien die Ermessenserwägungen der Behörde zum Ausdruck zu bringen. Dabei genüge es nicht, die Ermessenserwägungen in der Ein spruchsentscheidung nachzuholen, da das rechtliche Gehör des Einspruchsführers bereits mit Setzung der Ausschlußfrist beschnitten werde. Wegen der Einzelheiten verweist das Gericht auf den Schriftsatz der Kläger vom 29.09.1997.

Die Kläger beantragen,

die Fristsetzungen vom 26.11.1996 in Sachen Einkommensteuer 1990 bis 1994 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Es erscheint sachgerecht durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a Abs. l FGO).

Die Klage ist unzulässig.

Durch Klage kann die Anfechtung eines Verwaltungsakts verlangt werden (§ 40 Abs. l FGO). Die Fristsetzungen vom 26.11.1996 sind keine gesondert anfechtbaren Verwaltungsakte (zur Klageabweisung wegen Unzulässigkeit und nicht wegen Unbegründetheit mangels eines anfechtbaren Verwaltungsakts vgl. BFH-Urteile vom 18.06.1975 I R 92/73, BStBl II 1975, 779 und vom 12.09.1985 VIII R 371/83, BStBl II 1986, 537 m.w.H.; a.M. Gräber/von Groll, § 40 Anm. 63 und 67 m.w.H.).

Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 118 Satz l AO). Eine solche Maßnahme stellt die Fristsetzung nach § 364 b Abs. l AO nicht dar. Nach § 364 b Abs. l AO kann die Finanzbehörde dem Einspruchsführer eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung er sich beschwert fühlt, zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte und zur Bezeichnung von Beweismitteln oder zur Vorlage von Urkunden, soweit er dazu verpflichtet ist. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht werden, sind nicht zu berücksichtigen (§ 364 b Abs. 2 Satz l AO). Die Vorschrift des § 364 b AO hat den Zweck, dem Mißbrauch des Rechtsbehelfsverfahrens zu rechtsbehelfsfremden Zwecken entgegenzuwirken (BT-Finanzausschüß BT-Drucks. 12/7427,37, zit. bei Tipke/Kruse, § 364 b AO Tz. 1). Nach dem erkennbaren Zweck der Verfahrensbeschleunigung ist die Aufforderung mit Fristsetzung nur eine verfahrensleitende Handlung zur Vorbereitung der Entscheidung über den Einspruch (vgl. FG des Saarlandes, Urteil vom...

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