rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitsbewertung des Betriebsvermögens. Keine wirtschaftliche Zurechnung noch nicht entstandener Erbbauzinsansprüche
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Erwägungen über eine Vorverlegung des wirtschaftlichen Erwerbs einer dinglichen Rechtsstellung vor dem formalen Rechtserwerb – und damit die Frage, ob ein Erbbauberechtigter schon vor der Eintragung seines Rechts im Grundbuch unter bestimmten Voraussetzungen als wirtschaftlicher Eigentümer der von ihm errichteten Baulichkeiten anzusehen ist – können nicht entsprechend angewandt werden auf die Frage, ob eine – vom Zivilrecht abweichende – wirtschaftliche Zurechnung im Sinne des § 39 AO noch nicht entstandener Erbbauzinsansprüche möglich ist und wer gegebenenfalls als Inhaber einer solchen (künftigen) Forderung anzusehen ist. Dies gilt selbst dann, wenn im Einzelfall ein Erbbauberechtigter vor der Eintragung des Erbbaurechts im Grundbuch als wirtschaftlicher Inhaber dieses Rechts angesehen werden kann und muss.
2. Eine vom bürgerlichen Recht abweichende Zurechnung kommt bei schuldrechtlichen, nicht anderweitig gesicherten Nutzungsverhältnissen selbst dann nicht in Betracht, wenn die Nutzung langfristig ausgerichtet ist.
Normenkette
AO 1977 § 39; BewG 1991 §§ 95, 13
Tenor
1. Auf die Klage wird der Bescheid auf den 1.1.1994 über den Einheitswert des Betriebsvermögens vom 14. November 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2003 dahin geändert, dass bei der Berechnung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Klägerin der Ansatz einer Erbbauzinsforderung aus dem Erbbaurechtsvertrag vom 21. Dezember 1992 unterbleibt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Berechnung der steuerlichen Auswirkungen wird dem Beklagten übertragen.
4. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in …; Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Verwaltung und Verwertung von Grundstücken und Beteiligungen. Die Klägerin hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Oktober bis zum 30. September des Folgejahres. Im Streitjahr 1994 bestand ein Organschaftsverhältnis mit Gewinnabführungsvertrag zur B KG (Organträgerin).
Im Rahmen einer im Zeitraum von Dezember 1997 bis Juli 1999 durchgeführten steuerlichen Außenprüfung wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Mit notariell beurkundetem Erbbaurechtsvertrag vom 21. Dezember 1992 bestellten die Klägerin – seinerzeit noch firmierend als H-AG – und die Ko & Co. (als Grundstücksmiteigentümer) zugunsten der Krankenkasse juristische Person des öffentlichen Rechts (als Erbbauberechtigte) ein Erbbaurecht an dem im Grundbuch des Amtsgerichts für xxxx Band xxxx vorgetragenen Flur Nr. xxxx an der xxxx-Straße, am xxxx-Weg und an der xxxx-Allee. Das Erbbaurecht umfasst nach § 1 des Erbbaurechtsvertrages die auf dem Erbbaugrundstück noch zu errichtenden Bürogebäude und erstreckt sich auch auf den für die Bauwerke nicht erforderlichen Teil des Erbbaugrundstücks, die der Erbbauberechtigte als Hofraum, Verkehrs- und Abstellfläche oder Grünanlage nutzen kann. Nach § 2 des Vertrages verpflichtete sich der Erbbauberechtigte, die genannten Gebäude unverzüglich zu errichten und nebst Zubehör dauernd in gutem Zustand zu halten. Die Nutzung der dem Erbbaurecht unterliegenden Gebäude und Grundflächen hat ausschließlich für ein Verwaltungsgebäude zu erfolgen mit der Maßgabe, dass auch etwa damit zusammenhängende Funktionen (Hausmeisterwohnung, Kindergarten, Kantine) erfüllt werden können. Nach § 4 des Vertrages wird das Erbbaurecht auf die Dauer von 25 Jahren bestellt und beginnt mit der Eintragung im Grundbuch. Der Übergang des Besitzes am Erbbaugrundstück zur Ausübung des Erbbaurechts erfolgte am Tage der notariellen Beurkundung. Ab diesem Tage trug der Erbbauberechtigte alle laufenden öffentlichen und privatrechtlichen Lasten und Abgaben des Erbbaurechts; gleichzeitig konnte der Erbbauberechtigte das Erbbaugrundstück ab dem Tage der notariellen Beurkundung zur Ausübung des Erbbaurechts benutzen (§ 6 des Vertrages). Nach Ziffer V des Erbbaurechtsvertrages beträgt der jährliche Erbbauzins 84 DM/qm Grundstücksfläche, zahlbar in vierteljährlichen Raten in Höhe von 713.496 DM jeweils zum Ende des Quartals. Vom Zeitpunkt der notariellen Beurkundung bis zum Tage der Eintragung des Erbbaurechts im Grundbuch verpflichtete sich der Erbbauberechtigte, an den Grundstückseigentümer eine zeitanteilige Nutzungsentschädigung in Höhe des vereinbarten Erbbauzinses zu leisten (Ziffer V 3. des Vertrages). Nach Ziffer V 6. des Vertrages erhöhte sich der Erbbauzins ab dem 1. Januar 2001 auf 140 DM/qm Grundstücksfläche. Am 24. November 1994 wurde das Erbbaurecht im Grundbuch eingetragen. Ein jederzeit ausübbares Rücktrittsrecht zugunsten eines (oder jedes) Beteiligten sieht der Erbbaurechtsvertrag nicht vor; nach § 7 des Vertrages ist der jeweilige Grundstückseigentümer lediglich unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, ...