Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer verspätet erhobenen Klage
Leitsatz (redaktionell)
Nach Rechtsprechung des BFH kann sich der Kläger bei der Versäumung von Fristen nicht auf solche Umstände berufen, die zwar zu einer Verzögerung der Kenntnisnahme geführt haben, die jedoch seiner Verantwortungs- und Risikosphäre zuzurechnen sind.
Normenkette
FGO §§ 47, 54; AO §§ 366, 122 Abs. 2 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts (FA).
Wegen aufgelaufener Steuerschulden des Klägers in Höhe von 17.332,89 EUR pfändete das FA mit Verfügung vom 25. Januar 2007 dessen gegenwärtige und künftige Ansprüche, Forderungen und Rechte gegen die Bank X (Drittschuldnerin) und ordnete die Einziehung bei Fälligkeit an (vgl. Heftung Pfändungsvorgang Bank X des FA).
Die Drittschuldnerin teilte dem FA mit Erklärung vom 30. Januar 2007 daraufhin mit, dass die Pfändungs- und Einziehungsverfügung abgelehnt werde, da das Konto nicht vom Schuldner geführt werde.
Der gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 14. Juli 2009 wies das FA den Einspruch als unzulässig zurück, da sich der gegen die Vollstreckungsmaßnahme gerichtete Rechtsbehelf mit deren Beendigung – im Streitfall die Mitteilung der Drittschuldnerin, dass die Pfändungsverfügung nicht anerkannt werde – erledigt habe.
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 12. August 2009, das am 18. August 2009 beim Finanzgericht München eingegangen ist, Klage erhoben. Er bringt im Wesentlichen vor, dass die Pfändung des Kontos zu Unrecht erfolgt sei, da es sich dabei um das Girokonto seiner Mutter handle und von ihm nur gelegentlich genutzt werde. Wenn das FA weiterhin fremde Konten pfände, sei er gezwungen, seinen Gewerbeschein abzugeben und Hartz 4 zu beantragen.
Er hoffe sehr, dass sein Klageschreiben rechtzeitig eingetroffen sei, da er seine Post aufgrund der Verhältnisse in seiner Wohngemeinschaft nur sehr unregelmäßig erhalte.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 25. Januar 2007.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass die Klage unzulässig sei, da sie verspätet erhoben worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten sowie die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erhoben wurde und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann.
Nach § 47 Finanzgerichtsordnung (FGO) beträgt die Frist für die Erhebung einer Anfechtungsklage einen Monat. Sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (vgl. § 54 Abs. 1 FGO, §§ 366, 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung 1977 – AO –). Bei Zusendung einer Einspruchsentscheidung durch einfachen Brief (§ 366 Satz 2 i.V.m. § 122 Abs. 2 AO 1977) gilt die Bekanntgabe innerhalb des Geltungsbereiches der Abgabenordnung nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass die Entscheidung nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 9. Dezember 1999, III R 37/97, BStBl. II 2000, 175). Unter Zugang i.S. des § 122 Abs. 2 AO 1977 wird nicht allein die tatsächliche Kenntnisnahme des Schriftstückes verstanden. Zugegangen ist es bereits dann, wenn es derart in den Machtbereich des Empfängers (Inhaltsadressaten) gelangt ist, dass dieser unter Ausschluss unbefugter Dritter von dem Schriftstück Kenntnis nehmen und diese Kenntnisnahme nach den allgemeinen Gepflogenheiten auch von ihm erwartet werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 14. März 1990, X R 104/88, BStBl II 1990, 612 und vom 14. August 1975, IV R 150/71, BStBl II 1976, 764). Diese Voraussetzungen sind regelmäßig erfüllt, wenn die Sendung entsprechend den postalischen Vorschriften zugestellt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 1999, III R 37/97, BStBl II 2000, 175).
Im Streitfall gilt die Einspruchsentscheidung, die im Übrigen eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, laut Absendevermerk des FA vom 14. Juli 2009 daher am 17. Juli 2009 als zugegangen. Die einmonatige Klagefrist endete folglich am 17. August 2009 (§ 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung, § 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Die Klage ging jedoch erst am 18. August 2009 und damit verspätet bei Gericht ein.
Wie das FA zutreffend vorträgt hat der Kläger keinen ausreichend substantiierten Sachverhalt vorgetragen, der Zweifel an einem Zugang innerhalb der Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 begründen könnte. Insbesondere hat er keine Tatsachen vorgetragen, die schlüssig auf einen späteren Zugang hindeut...