Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Trägt der Kläger keine Tatsachen vor, die Zweifel an der Zugangsfiktion des § 112 AO begründen könnten, ist eine verspätet erhobene Klage unzulässig. Dabei kann er sich nicht auf Umstände berufen, die seiner Verantwortungs- und Risikosphäre zuzurechnen sind.
Sachverhalt
Der Kläger legte gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung Einspruch ein, den das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 14.7.2009 zurückwies. Die Entscheidung wurde mit einfachem Brief zur Post gegeben. Die hiergegen gerichtete Klage vom 12.8.2009 ging erst am 18.8.2009 beim FG ein. Der Kläger trug vor, er hoffe, dass sein Klageschreiben rechtzeitig eingetroffen sei, da er seine Post aufgrund der Verhältnisse in seiner Wohngemeinschaft nur sehr unregelmäßig erhalte.
Entscheidung
Das FG hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da sie nicht innerhalb der Monatsfrist erhoben wurde und Wiedereinsetzung nach § 56 FGO nicht gewährt werden konnte. Bei Zusendung einer Einspruchsentscheidung mit einfachem Brief gilt die Bekanntgabe im Inland mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass die Entscheidung nicht oder später zugegangen ist. Zugegangen ist ein Schriftstück bereits, wenn es derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser von dem Schriftstück Kenntnis nehmen kann. Hieraus folgt, dass die am 14.7.2009 zur Post gegebene Einspruchsentscheidung am 17.7.2009 bekannt gegeben wurde und die einmonatige Klagefrist des § 47 FGO mit Ablauf des 17.8.2009 endete. Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass es in seiner Wohngemeinschaft regelmäßig vorkomme, dass er seine Post verspätet erhält, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn Umstände, die zu einer Verzögerung der Kenntnisnahme führen und der Verantwortungs- und Risikosphäre des Empfängers zuzurechnen sind, sind nicht geeignet, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu begründen.
Hinweis
Bestreitet der Empfänger eines Verwaltungsakts nicht den fristgerechten Zugang, sondern den Zugang als solchen, muss das Finanzamt den Zugang nachweisen. Bestreitet ein Steuerpflichtiger hingegen nur den Zugang innerhalb der 3-Tagesfrist, liegt es an ihm, durch substantiierte Erklärungen (z. B. Poststörungen, Nachsendung aufgrund überholter Anschrift) darzulegen, dass der Verwaltungsakt ihm nicht rechtzeitig zugegangen ist. Allgemeine Hinweise auf Zeiten gesteigerten Postverkehrs (Ostern, Weihnachten) reichen hierfür allerdings nicht aus.
Link zur Entscheidung
FG München, Gerichtsbescheid vom 12.10.2009, 14 K 2499/09