Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwandlung einer Darlehensforderung gegen ein notleidendes Unternehmen in eine atypisch stille Beteiligung als mit dem Teilwert der Forderung zu bewertende Sacheinlage
Leitsatz (redaktionell)
1. Beteiligt sich ein Steuerpflichtiger als atypisch stiller Gesellschafter an einem Unternehmen und erbringt er seine Einlage dadurch, dass ein Darlehen, das er dem Unternehmen noch als "Nicht-Gesellschafter" gegeben hatte, als Einlage umgebucht wird, so liegt eine -mit dem Teilwert zu bewertende- Sacheinlage vor.
2. Ist das Unternehmen zum Zeitpunkt der Einlage überschuldet und vom Konkurs bedroht, kann die unter 1. beschriebene Sacheinlage mit 0 DM zu bewerten sein.
3. Zum Vorliegen einer (atypisch) stillen Beteiligung, wenn der stille Gesellschafter bei über den gewöhnlichen Geschäftsverkehr hinausgehenden Geschäften ein Mitspracherecht i.S. der §§ 116 Abs.2 und 3 sowie 166 HGB hat, zum Erhalt der Bücher und Bilanzen sowie zur Überprüfung der Bilanzansätze berechtigt ist und er neben einer Gewinn- und Verlustbeteiligung bis zur Höhe seiner Einlage in bestimmtem Umfang auch an etwaigen stillen Reserven sowie am Zuwachs des Firmenwerts partizipiert.
Normenkette
EStG 1981 § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 5; HGB § 116 Abs. 2-3, §§ 166, 230; EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Mit Gesellschaftsvertrag vom … April 1979, auf den gemäß § 105 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verwiesen wird, wurde die … KG (KG) – Klägerin (Klin) zu 1 – zwischen der W …. GmbH als Komplementärin und W …. (W) als Kommanditist mit einer Kommandit- und Hafteinlage in Höhe von 100.000 DM gegründet. Die KG betrieb einen Großhandel mit Textilien aller Art sowie Teppichen, Bodenbelägen, Tapeten und ähnlichen Artikeln. W war zum 30. Juni 1979 aus den Firmen A… OHG und B… GmbH & Co. KG gegen Übertragung des Großhandelsgeschäfts sowie des Grundstücks ….straße … in C… ausgeschieden.
Das Grundstück umfaßt die FlNrn. … mit 22.800 qm und ….. mit 599 qm der Gemarkung D……. In den Bilanzen der Firmen A… OHG und B… GmbH & Co. KG war es mit den Anschaffungskosten von 1977 in Höhe von 2.969.000 DM enthalten. Der Buchwert betrug nach einem Ausbau beim Ausscheiden des W aus den Firmen A… OHG und B… GmbH & Co. KG 4.690.000 DM.
Das Großhandelsgeschäft und das Grundstück wurden 1979 auf die KG übertragen. Der 1987 verstorbene Vater des W, E… (E), hatte der KG in diesem Zusammenhang 1979 ein ungesichertes, verzinsliches Darlehen von 1 Mio. DM zur Verfügung gestellt.
Im Frühjahr 1982 fanden Gespräche der KG mit einem Bankenkonsortium, bestehend aus der A …-Bank, der B …-Bank, der C…-Bank, der D…-Bank und der E…-Bank über die weitere Kreditgewährung und die Einräumung von Zusatzkrediten an die KG statt. Den Abschluß des daraus folgenden Pool-Vertrags vom 5. Mai 1982 (§ 105 Abs. 3 FGO) machten die Banken nach entsprechenden Bestätigungen der A…-Bank vom 11. Oktober 1984 (§ 105 Abs. 3 FGO) sowie der Rechtsanwälte X u. a. vom 27. September 1984 (§ 105 Abs. 3 FGO) davon abhängig, daß E das der KG gewährte Darlehen in Höhe von 1 Mio. DM in eine stille Beteiligung umwandelt.
Am 2. April 1982 schlossen E und die KG einen Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft, auf den gemäß § 105 Abs. 3 FGO verwiesen wird. Gemäß § 1 Nr. 2 des Vertrags beteiligte sich E an der KG ab dem 1. April 1982. § 2 des Vertrags sah vor, daß E eine Einlage von 1 Mio. DM leistet und die Leistung der Einlage durch Umbuchung eines bereits seit 1979 an die KG gegebenen Darlehens erfolgt. E hatte bei Rechtsgeschäften, die über den gewöhnlichen Geschäftsverkehr hinausgehen, ein Mitspracherecht (§ 4 des Vertrags) und war aufgrund seiner Einlage mit 25 % am Gewinn und Verlust der KG beteiligt, wobei er über die Kapitaleinlage hinaus nicht am Verlust teilnahm und ihm über die Kapitaleinlage hinausgehende Verluste weder in der Jahres- noch in der Auseinandersetzungsbilanz zu belasten waren (§ 8). Bei Beendigung der Gesellschaft sollte die Abfindung für etwaige stille Reserven sowie den Zuwachs am Geschäftswert nach Maßgabe eines Bewertungsgutachtens erfolgen, für das die Grundsätze des Instituts der Wirtschaftsprüfer anzuwenden waren (§ 12).
Im April 1982 wurde die Umwandlung des Darlehens durch eine Umbuchung vom Darlehenskonto auf ein Beteiligungskonto vollzogen.
Das Konkursverfahren über die KG wurde am 15. November 1982 eröffnet und im April 1984 mangels Masse eingestellt.
Nach den von der KG vorgelegten Bilanzen entstanden bei der KG Verluste und zwar in Höhe von 85.000 DM (1. Juli bis 31. Dezember 1979), 436.000 DM (1. Januar bis 31. Dezember 1980) und 5.524.000 DM (1. Januar bis 31. Dezember 1981). Für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 1982 errechnete die Klägerseite einen zeitanteiligen Verlust der KG in Höhe von 949.000 DM. Der Verlust bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens (1. Januar bis 15. November 1982) belief sich nach der Steuererklärung des Konkursverwalters auf...