Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld-Günstigerrechnung bei Kindergeldbezug im Ausland
Leitsatz (redaktionell)
Im Rahmen der sogenannten Günstigerprüfung zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag ist bei einem seinen Unterhaltspflichten nachkommenden Vater eines in Österreich bei seiner Mutter --der früheren Ehefrau des Vaters-- lebenden Kindes, für das allein die Mutter Kindergeld nach österreichischem Recht bezieht, der doppelte Kinderfreibetrag anzusetzen und das von der Mutter in Österreich bezogene Kindergeld in voller Höhe nach § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG dem Einkommen hinzuzurechnen.
Normenkette
EStG § 31 S. 5, § 36 Abs. 2 S. 1, § 31 Sätze 6, 4, § 32 Abs. 6 S. 3 Nr. 1
Nachgehend
Gründe
I.
Streitig ist, ob bei der Berechnung der Einkommensteuer der Kinderfreibetrag in Höhe von 6.912 DM mit Kindergeld, das in Österreich an die Mutter des Kindes gezahlt wurde, verrechnet werden darf.
Die Kläger wurden als Ehegatten im Streitjahr 1997 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger sind Eltern eines gemeinsamen Kindes. Ferner ist der aus Österreich stammende Kläger Vater eines weiteren Kindes aus einer früheren Ehe. Dieses Kind lebte in Österreich bei seiner Mutter. Der Kläger zahlte den geschuldeten Unterhalt in Höhe von jährlich 4.800 DM.
Der Kläger erhielt weder in Deutschland noch in Österreich Kindergeld oder vergleichbare Leistungen für das in Österreich lebende Kind. Das Kindergeld nach österreichischem Recht in Höhe von jährlich ca. 2.388 DM bezog die Mutter. Nach österreichischem Recht mindert das dort gezahlte Kindergeld den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Kläger nicht.
Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) setzte mit Einkommensteuerbescheid 1997 vom 14.05.1998 eine Einkommensteuer von … DM fest. Bei der Steuerberechnung berücksichtigte das FA keinen Kinderfreibetrag. Zur Begründung führte das FA aus, die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes sei durch das in Österreich gezahlte Kindergeld bewirkt worden. Der Einspruch der Kläger blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 25.08.1998).
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger machten zunächst geltend, bei der sogenannten „Günstigenrechnung” sei dem Kinderfreibetrag in Höhe von 6.912 DM nur die Hälfte des in Österreich gezahlten Kindergelds gegenüberzustellen. Nach deutschem Recht mindere das Kindergeld die Unterhaltspflicht des barunterhaltspflichtigen Elternteils (§ 1612 b Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). Deshalb sei es sachgerecht, den halben Kinderfreibetrag mit dem halben Kindergeld auch dann zu verrechnen, wenn das Kindergeld nicht an den Steuerpflichtigen gezahlt werde. Der Kläger erhalte eine solche Entlastung nach österreichischem Recht indes nicht. Deshalb liege eine Übermaßbesteuerung vor, wenn dem vollen Kinderfreibetrag von 6.912 DM auch das volle österreichische Kindergeld gegenübergestellt werde. Zu den Einzelheiten wird auf den Schriftsatz 13.10.1998 verwiesen.
Nach der richterlichen Anordnung vom …08.2000 änderten die Kläger ihr Klageziel. Mit Schriftsatz vom … 10.2000 machen sie nunmehr geltend, der Kinderfreibetrag sei überhaupt nicht mit Kindergeld zu verrechnen.
Die Kläger beantragen,
die angefochtenen Verwaltungsakte dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer 1997 um 1.951 DM herabgesetzt wird, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es fand mündliche Verhandlung statt. Wegen des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
II.
Die Klage ist nicht begründet.
1. Nach § 31 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensteuerbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes entweder durch den Kinderfreibetrag nach § 32 EStG oder durch Kindergeld bewirkt. Wird die gebotene steuerliche Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt, ist bei der Veranlagung zur Einkommensteuer der Kinderfreibetrag abzuziehen. In diesen Fällen sind das Kindergeld oder vergleichbare Leistungen nach § 36 Abs. 2 EStG zu verrechnen, auch soweit sie dem Steuerpflichtigen im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichs zustehen (§ 31 Satz 4 und 5 EStG). Wird nach ausländischem Recht ein höheres Kindergeld als nach deutschem Recht gezahlt, so beschränkt sich die Verrechnung auf die Höhe des inländischen Kindergeldes (§ 31 Satz 6 EStG).
Aufgrund dieser gesetzlichen Regelungen ist bei der Berechnung der Einkommensteuer von Steuerpflichtigen mit Kindern eine sogenannte „Günstigerrechnung” erforderlich. Mit der Vergleichsrechnung wird ermittelt, ob der Ansatz von Kinderfreibeträgen – bei gleichzeitiger Verrechnung mit dem Kindergeld oder vergleichbaren Leistungen – zu einer niedrigeren Belastung führt. Dabei ergibt sich aus dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften eindeutig, dass grundsätzlich auch Leistungen für Kinder, die von anderen Staaten oder ausländischen Rechtsträgern nach deren Recht gezahlt werden, in die Vergleichsberechnung ...