Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage der Liebhaberei

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einem typischerweise ausschließlich mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Unternehmen reichen längere Verlustperioden für sich allein gesehen nicht aus, um eine Betätigung als Liebhaberei zu beurteilen.

2. Handelt es sich bei den von dem Steuerpflichtigen gehandelten Produkten, um „nicht klassische Produkte”, kann dabei die persönliche Lebensführung in einem gänzlich anderen Umfang betroffen sein.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.01.2006; Aktenzeichen X B 67/05)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob in den Jahren 1997 bis 1999 Verluste, die die Klägerin mit der Firma XY erzielt hat, bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin betreibt sei 1995 einen Einzelhandel mit XY. In den Einkommensteuererklärungen 1995 – 1999 erklärte sie daraus jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Mit den Einkommensteuerbescheiden für 1997 vom 7. Januar 2000, bzw. für 1998 vom 13. Oktober 2000 berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) jeweils gewerbliche Verluste der Klägerin:

  • □ für 1997 – wie erklärt – in Höhe von 11.081 DM,
  • □ für 1998 in Höhe von 3.870 DM, der erklärte Verlust betrug 8.895 DM.

Beide Bescheide ergingen jedoch bezüglich der Gewinnerzielungsabsicht vorläufig nach § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Mit Änderungsbescheid für 1998 vom 27. März 2002 blieben die gewerblichen Einkünfte der Klägerin, unter Hinweis auf eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht, unberücksichtigt.

Für 1999 erging unter dem 30. August 2001 zunächst ein Schätzungsbescheid, bei dem positive gewerbliche Einkünfte der Klägerin in Höhe von 5.000 DM angesetzt wurden. Im Änderungsbescheid für 1999 vom 22. November 2001 wurden bei der Klägerin keine gewerblichen Einkünfte mehr berücksichtigt. Sie hatte Verluste in Höhe von 7.328 DM erklärt.

Gegen diese Bescheide wandten sich die Kläger jeweils mit Einspruch, bezüglich 1998 und 1999 wegen der nicht anerkannten gewerblichen Einkünfte der Klägerin, bezüglich 1997 wegen nun nicht mehr strittiger Punkte.

Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2002 wurden die Einsprüche für 1998 und 1999 als unbegründet zurückgewiesen. Der Einkommensteuerbescheid für 1997 wurde insoweit geändert, als die gewerblichen Einkünfte der Klägerin nun unberücksichtigt blieben.

Für den Zeitraum 1995 – 1999 ermittelte sie ihren Gewinn wie folgt:

1995

1996

1997

1998

1999

Betriebseinnahmen:

1.948,00

5.068,06

32.309,31

44.411,33

39.529,39

Betriebsausgaben:

25.707,00

33.237,63

43.390,92

53.306,01

46.858,31

darunter Materialausgaben:

?

13.019,60

19.593,55

28.303,61

30.329,83

Verlust

-23.759,00

-28.169,57

-11.081,61

-8.894,68

-7.328,92

das FA erkannte zunächst folgende Verluste an:

lt. Bescheid vom

9. Nov. 99

26. Nov. 99

7. Jan. 00

13. Okt. 00

-5.265

-28.170

-11.081

-3.870

./.

alle Beträge in DM

Der ermittelte Verlust für die Jahre 1995 – 1999 beträgt insgesamt 79.233,78 DM. Nach eigenen Angaben hat die Klägerin für das Jahr 2000 einen Gewinn von 1.248,87 DM erzielt.

In einem Vorverfahren betreffend Einkommensteuer 1995 (2 K 3133/98), dessen Akten beigezogen wurden, fand am 21. September 1999 ein Erörterungstermin statt. Die Parteien verständigten sich einvernehmlich auf die Höhe des Verlustes für 1995, die Frage der Gewinnerzielungsabsicht blieb dabei ausdrücklich offen. In diesem Erörterungstermin erklärten die Kläger „dass nach Umstellung auf eine andere Produktpalette die Umsätze und Gewinne wesentlich verbessert werden konnten und ab 1998 mit einem Überschuss und in den Folgejahren mit einem Gesamtüberschuss auch hinsichtlich der bis dahin aufgelaufenen Verluste zu rechnen ist”.

Mit der Klage vom 31. Juli 2002 begehren die Kläger weiterhin die Berücksichtigung der gewerblichen Einkünfte der Klägerin. Die Klägerin nehme dadurch am wirtschaftlichen Verkehr teil, dass sie ihre Waren auf dem Markt bewerbe, anbiete und veräußere. Sie habe mit Aufnahme des Gewerbebetriebs im Jahr 1995 die Absicht, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen. Dass über Jahre Verluste erwirtschaftet worden seien, lasse nicht den Rückschluss auf eine Liebhaberei zu. Die Tätigkeit der Klägerin sei für ihr Privatleben ohne Belang. Die Gewinnermittlung für 2000 habe einen Gewinn von 1.248,87 DM ergeben. Durch den Einsatz von Internet und einer WEB-Seite hätten erhebliche Kosten bzw. Administrationsaufwendungen eingespart werden können. Die angenommene Halbtagestätigkeit sei ohne Einfluss auf die gewerbliche Tätigkeit.

Mit der Einkommensteuererklärung 1997 wurden im Rahmen der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit Seminarkosten in Höhe von 5.556,01 DM geltend gemacht, die vom FA nicht anerkannt worden waren, weil diese keinen Bezug zur Tätigkeit des Klägers hätten. Mit der Klage begehren die Kläger nun, diese Seminarkosten bei den gewerblichen Einkünften der Klägerin zu berücksichtigen, da der Kläger für den Gewerbebetrieb der Ehefrau an dem Seminar in den USA teilgenommen habe, um Inhalt, Theorie und Anwendung d...

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