rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbrechung der Zahlungsverjährungsfrist durch eine Vollstreckungsmaßnahme
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 231 Abs. 1 S. 1 AO wird die Zahlungsverjährung u. a. durch eine Vollstreckungsmaßnahme unterbrochen, die dann, wenn diese Maßnahme zu einem Pfändungspfandrecht führt, gem. § 231 Abs. 2 S. 1 AO andauert, bis dieses erloschen ist. Dabei wird die Verjährung nur in Höhe des Betrages unterbrochen, auf den sie sich bezieht, § 231 Abs. 4 AO.
2. Die Wirksamkeit einer Unterbrechungshandlung ist jeweils nach den für diesen Unterbrechungstatbestand geltenden Kriterien zu beurteilen (BFH v. 17.10.1989, VII R 77/88, BStBl II 1990, 44).
Normenkette
AO § 218 Abs. 2 S. 1, § 228 S. 2, §§ 229, 231 Abs. 1 S. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die gegenüber dem Kläger festgesetzte Einkommen- und Umsatzsteuerschuld der Jahre 1995 und 1996 sowie die Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume September bis Dezember 1997 zuzüglich Nebenleistungen verjährt ist.
Der Kläger war bis zum 31. Dezember 1997 mit einem Handel mit Elektrogeräten tätig. In den Folgejahren erzielte er keine steuerpflichtigen Einkünfte. Seit dem 1. November 2009 hat er ein Gewerbe als Kabelzieher, Bodenleger und mit dem Einbau von Baufertigteilen angemeldet.
Ab dem Veranlagungsjahr 1995 blieb der Kläger mit der Zahlung von Einkommen- und Umsatzsteuer teilweise im Rückstand. Weil er für die Jahre 1996 und 1997 keine Steuererklärungen eingereicht hatte, setzte das Finanzamt (FA) die Einkommen- und Umsatzsteuer im Schätzungswege fest, vgl. im Einzelnen die Darstellung in der Einspruchsentscheidung.
Nachdem der Kläger keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen einreichte setzte das FA die Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume März bis Dezember 1997 sowie Verspätungszuschläge ebenfalls im Schätzungswege fest.
Nachdem freiwillige Zahlungen auf die Steuerschulden nicht mehr erfolgten, leitete das FA ab dem 13. Juni 1997 verschiedene Vollstreckungsmaßnahmen ein. Unter anderem brachte es Pfändungs- und Einziehungsverfügungen am 29. September 1997 bei der S-Bank, am 12. Oktober 1998 jeweils bei der M AG, der D LebensversicherungsAG sowie bei der Landesversicherungsanstalt Oberbayern (nunmehr Deutsche Rentenversicherung) hinsichtlich der gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus Altersruhegeld, Renten, Witwenrenten und sonstigen Bezügen an. Mit Drittschuldnererklärung vom 21. Oktober 1998 teilte die Landesversicherungsanstalt Oberbayern dem FA mit, dass kein Leistungsbezug vorliege und die Verfügung des FA im Konto vorgemerkt werde. Außerdem mache das Landesarbeitsamt Südbayern vorrangige Forderungen von circa 2.900 DM geltend.
Am 22. September 1998 gab der Kläger vor dem Amtsgericht die eidesstattliche Versicherung ab. Dabei erklärte er, dass er an kalten Tagen mietfrei bei A wohne, da die Heizung in dem Anwesen X-Straße 21, an dem er ein Wohnrecht habe, defekt sei. Außerdem gab der Kläger an, dass ihm eine Rente bei der Landesversicherungsanstalt Oberbayern, Vers.Nr. 14291051S 076 zustehe.
Das FA stellte darüber hinaus mehrere Anfragen nach der Anschrift des Klägers bei der Deutschen Post (6. September 1999) und dem Einwohnermeldeamt (6. Dezember 1999 und 27. Mai 2004). Am 27. Juli 1999 konnte ein Vollziehungsbeamter des FA den Kläger unter der zuletzt bekannten Adresse in der X-Straße 21 in München nicht ermitteln. Am 9. Dezember 1999 teilte die Deutsche Post mit, dass der Kläger unbekannt verzogen sei.
Mit Bescheiden jeweils vom 6. Oktober 2000 hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung im Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid für 1996 jeweils vom 5. März 1998 sowie im Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid für 1997 jeweils vom 15. Februar 1999 auf. Die Umsatzsteuerbescheide waren jeweils mit Zahlungsaufforderungen versehen.
Mit Schreiben vom 14. Juni 2004 teilte das Einwohnermeldeamt dem FA mit, dass der Kläger unbekannt verzogen sei. Auf die Anfrage des FA vom 10. Oktober 2005 übersandte das Amtsgericht eine Abschrift des Protokolls über die eidesstattliche Versicherung und des Vermögensverzeichnisses vom 2. September 2005, auf dem die Anschrift des Schuldners unter der X-Straße 21 angegeben worden ist.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2009 erhob der Kläger die Einrede der Zahlungsverjährung. Das FA teilte ihm daraufhin mit, dass die Verjährung durch die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 12. Oktober 1998 bei der Landesversicherungsanstalt Oberbayern unterbrochen worden und die Steuerrückstände daher nicht verjährt seien. Der Kläger erklärte daraufhin unter Vorlage der Berechnung einer Monatsrente der Deutschen Rentenversicherung vom 22. Juli 2009 sowie der M-Altersfürsorge GmbH vom 31. Oktober 1994, dass ihm noch nie Anwartschaften auf Rentenleistungen der Landesversicherungsanstalt Oberbayern und der M AG zugestanden hätten.
Mit Schreiben vom 20. Januar 2010 erklärte das FA, dass an der Auffassung, dass die Pfändung vom 12. Oktober 1998 zu einer ...