Entscheidungsstichwort (Thema)
Abweichender Ort der Lieferung nach § 3c UStG
Leitsatz (redaktionell)
Abweichend von den Grundregeln über den Lieferort in § 3 Abs. 6 UStG regelt § 3c UStG für die Fälle, in denen der liefernde Unternehmer Gegenstände in einen anderen EU-Mitgliedstaat befördert oder versendet und der Abnehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht zu versteuern hat, dass die Lieferung in dem EU-Mitgliedstaat als ausgeführt zu behandeln ist, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes endet, wenn der liefernde Unternehmer die maßgebende Lieferschwelle überschreitet.
Normenkette
AO § 162; UStG § 3 Abs. 6, § 3c Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Klägerin Lieferungen aus Italien in Deutschland zu versteuern hat.
Nach den Feststellungen des FA hatte die Klägerin ihren Sitz in Italien und verkaufte als Versandhändlerin über mehrere Mitgliedskonten bei der Firma Ebay über das Internet Designermode, die sie jeweils nach Deutschland geliefert hat. Die Umsätze der Klägerin ermittelte das FA aufgrund einer von der Firma Ebay übermittelten Excel-Tabelle, da die Klägerin für die Streitjahre trotz mehrfacher Aufforderung keine Steuererklärungen für die Streitjahre abgab. Das FA rechnete dabei auf die von der Firma Ebay mitgeteilten Umsätze jeweils 10% als Sicherheitszuschlag hinzu. Mit Steuerbescheiden jeweils vom 18. Januar 2007 setzte das FA die Umsatzsteuer für 2004 auf 42.080,32 EUR, für 2005 auf 52.109,92 EUR und für 2006 auf 7.202,88 EUR fest.
Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 2008).
Mit der hiergegen eingelegten Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass es weder ihrer deutschen Steuerberaterin noch ihrem italienischen Steuerberater bekannt war, dass bei Umsätzen über 100.000 EUR in ein EU-Land die anfallende Mehrwertsteuer in diesem Zielland zu entrichten gewesen wäre. Nach Bekanntwerden der Rechtslage habe sie versucht, eine Verrechnung mit einem in Italien bestehenden Mehrwertsteuerguthaben herbeizuführen, dies sei jedoch aufgrund des Verschuldens des dazu in Deutschland beauftragten Steuerberaters nicht erfolgt. Dieser gebe auch die Original-Einkaufsrechnungen nicht mehr zurück, ein gerichtliches Vorgehen scheitere aus finanziellen Gründen.
Im Übrigen lasse sich aus der Ebay-Liste nicht ableiten, welche Umsätze die Klägerin in Deutschland tatsächlich getätigt habe, weil die Liste keinen Hinweis über den Lieferort der Waren gebe. Die Waren könnten auch in andere Länder geliefert worden sein. Auch der Umstand, dass die Geschäfte über die Firma Ebay Deutschland abgewickelt worden seien, sei kein Beweis dafür, dass die Umsätze in Deutschland zu besteuern seien. Da die als Schätzungsgrundlage allein herangezogene Umsatzliste der Firma Ebay keinen ausreichenden Beweiswert bezüglich des Lieferorts der Warensendungen habe, seien die Schätzungsbescheide rechtsfehlerhaft.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide für 2004 bis 2006 jeweils vom 18. Januar 2007 und die Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 2008 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzulehnen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt es vor, dass aufgrund der von der Firma Ebay übermittelten Daten feststehe, dass die Klägerin Umsätze im Inland erzielt habe. Aufgrund der bei der Firma Ebay hinterlegten e-mail-Adresse sowie der Benutzerkennung könne darauf geschlossen werden, dass die Firma in erster Linie in Deutschlang tätig geworden sei. So habe die Firma Ebay für das Jahr 2001 ausschließlich Umsätze in DM mitgeteilt. Die Voraussetzungen für eine Steuerfestsetzung im Schätzungswege lägen vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Das FA hat die Umsätze zu Recht entsprechend der von der Firma Ebay vorgelegten Liste geschätzt, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflicht verletzt hat und zu den Ebay-Verkäufen bzw. zu ihren weiteren Verkäufen im Internet keine nachprüfbaren Angaben gemacht hat, die es erlauben würden, von einer Besteuerung in Deutschland abzusehen.
Besteuerungsgrundlagen sind insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO). Das gleiche gilt, wenn die Bücher oder Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen unvollständig oder formell oder sachlich unrichtig sind.
Das FA hat vorliegend zu Recht die Umsätze der Klägerin geschätzt bzw. Zuschätzungen in geringer Höhe vorgenommen, weil die Steuerpflichtige über ihre Umsätze keine ausreichende Erklärung zu geben vermochte und insoweit ihre Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt hat,...