Entscheidungsstichwort (Thema)
Unengeltlicher Erwerb von GmbH-Anteilen von der Ehefrau zur Herstellung einer wesentlichen Beteiligung beim Ehemann und sofortiger verlustrealisierender Weiterverkauf aller Gesellschaftsanteile rechtsmissbräuchlich
Leitsatz (redaktionell)
1. Der unentgeltliche Erwerb erkennbar wertloser GmbH-Anteile von der Ehefrau ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Ehemann dadurch erstmals wesentlich beteiligt ist und alle bisherigen Gesellschafter nach einem schon zuvor gefassten Gesamtplan noch am gleichen Tag ihre GmbH-Anteile unter Realisierung eines Veräußerungsverlusts weiterverkaufen.
2. Der Weiterverkauf durch den Ehemann ist so zu behandeln, als hätte jeder der Ehegatten seine nicht wesentliche GmbH-Beteiligung verkauft.
Normenkette
AO 1977 § 42 Sätze 1-2; EStG § 17 Abs. 2 S. 1; EStG 1992 § 17 Abs. 1 S. 4
Gründe
I.
Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 1992 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wurden. Sie erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Außerdem waren sie von Anfang an zu je 25 % (mit je 12.500 DM) an der am 4. August 1989 gegründeten (F-GmbH) beteiligt. Die übrigen Anteile wurden zu je 25 % von den geschiedenen Eheleuten B gehalten.
Lt. Status mit Bilanz zum 30. September 1992 (vom Steuerberater am 23. Oktober 1992 unterzeichnet) wies die F-GmbH einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag der Betriebsstelle Druck i. H. v. 20.106,91 DM und der Betriebsstelle Handel i. H. v. 265.736,52 DM aus; abzüglich des Verrechnungskontos Gesellschafter (56.628,42 DM) ergab sich ein kumulierter Fehlbetrag von 229.215,01 DM (s. Bl. 42 Weißes Geheft, Kuvert in der FG-Akte; vgl. die Bilanzen der beiden Betriebsstellen, Bl. 43 f., 51 f. a. a. O.).
Mit notariellem Vertrag vom 7. Dezember 1992 (Bl. 1-8 a. a. O.) trat die Klägerin ihren Anteil an den Kläger ab. Lt. § 3 Abs. 2 des Vertrags erfolgte die Überlassung „unentgeltlich und schenkungsweise”. Die Überlassung erfolgte mit allen Rechten und Pflichten, insbes. dem Gewinnbezugsrecht zum 1. April 1992. Mit notariellem Vertrag vom selben Tag (Bl. 9-35 a. a. O., Anlage I Bl. 36-41, Anlage II Bl. 42-63 a. a. O., Anlage III Bl. 64 a. a. O.), der als Geschäftsanteilsabtretung (Unternehmenskaufvertrag) bezeichnet war, übereignete der Kläger seinen ursprünglichen und den hinzuerworbenen Geschäftsanteil an Herrn W, die geschiedenen Eheleute B übereigneten ihre Anteile an (M. Bo.) mit allen Rechten und Pflichten, insbes. dem Gewinnbezugsrecht zum 1. April 1992 (§ 2 des Vertrags). Sowohl zur Abtretung der Geschäftsanteile an W und M. Bo. als auch zur vorherigen Überlassung des Anteils der Klägerin an den Kläger erteilten die Gesellschafter ihre Zustimmung (a. a. O. Bl. 7; § 4 des Abtretungsvertrags). Gem. § 5 des Abtretungsvertrags (Bl. 15-19 a. a. O.) waren folgende Leistungen zu erbringen: Frau B hatte 173.000 DM zu zahlen, sie verzichtete auf Ansprüche i. H. v. 6.000 DM und ein Gesellschafterdarlehen i. H. v. 28.314,21 DM; Herr B hatte 88.000 DM zu zahlen und verzichtete auf Ansprüche i. H. v. 37.000 DM sowie ein Gesellschafterdarlehen i. H. v. 28.314,21 DM; der Kläger hatte 155.800 DM zu entrichten und ging – zusammen mit der Klägerin – gem. § 7 des Abtretungsvertrags (Bl. 21 f. a. a. O.) eine selbstschuldnerische Bürgschaft für Prozeßkosten i. H. v. 30.000 DM ein; außerdem kaufte er von der F-GmbH Waren im Werte von 44.200,05 DM brutto lt. Rechnung vom 23. November 1992.
Die Kläger machten in ihrer ESt-Erklärung 1992 einen Veräußerungsverlust gem. § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. H. v. 210.800 DM geltend (Bl. 9 ESt-Akte). Der Beklagte (Finanzamt -FA-) versagte den Verlustabzug.
Der Einspruch blieb erfolglos (s. die Einspruchsentscheidung -EE- vom 16. September 1996, Bl. 53-55 ESt-Akte).
Ihre Klage begründen die Kläger im wesentlichen folgt: Entgegen der Rechtsansicht des FA sei kein Fall des § 42 der Abgabenordnung (AO) gegeben. Allein ursächlich für die Anteilsübertragung von der Klägerin auf den Kläger sei der schlechte Gesundheitszustand der Klägerin gewesen. Seit September 1989 sei sie schwer herzleidend gewesen (s. ärztliches Attest vom 8. September 1999). Sie habe daher die Anteile auf den Kläger übertragen wollen, was an der fehlenden Zustimmung durch die übrigen Gesellschafter gescheitert sei. Ferner sei der Kläger seit Ende 1990 bemüht gewesen, auch die Geschäftsanteile der übrigen Gesellschafter zu erhalten. Auch dies sei gescheitert, weil die Gesellschafter untereinander zerstritten gewesen seien. Als es schließlich zu den Verhandlungen vor dem Notar am 7. Dezember 1992 gekommen sei, habe der Kläger einen Plan zur Lösung der gesellschaftlichen Probleme entwickelt. Zur Bedingung für die Aufnahme der Verhandlungen vor dem Notar habe der Kläger gemacht, daß die andere Seite zunächst der Anteilsübertragung von der Klägerin auf ihn zustimmte. Die geschiedenen Eheleute B hätten diesbezüglich im letzter. Augenblick eingelenkt. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen habe der Kläger sich jedoch mit seinem Konzept der Weiter...