rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Widerlegung des Anscheinsbeweises für eine auch private Nutzung eines Dienstwagens durch nachträglich erstelltes, unvollständiges und unrichtiges Fahrenbuch. kein Privatnutzungsverbot durch arbeitsvertragliche „Zurverfügungstellung eines Firmenfahrzeugs für betrieblich veranlasste Fahrten”
Leitsatz (redaktionell)
1. Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung spricht nicht nur bei Gesellschafter-Geschäftsführern, sondern auch bei sonstigen Arbeitnehmern der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des einem Arbeitnehmer zur Nutzung überlassenen Firmen-Pkw. Dieser Anscheinsbeweis kann durch Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden, wobei an den Nachweis fehlender Privatnutzung strenge Anforderungen zu stellen sind.
2. Soll der Gegenbeweis durch eigene Aufzeichnungen des Arbeitnehmers erbracht werden, so müssen diese Aufzeichnungen in vergleichbarer Weise wie ein Fahrtenbuch einerseits lückenlos Aufschluss über Anlass und Entfernung aller in einem bestimmten Zeitraum durchgeführten Fahrten geben und andererseits einer Verprobung auf ihre sachliche Richtigkeit hin zugänglich sein. Das ist nicht der Fall, wenn u. a. die in den vorliegenden Aufzeichnungen (Fahrtenbüchern) festgeschriebenen Kilometer von den tatsächlich gefahrenen Kilometern erheblich abweichen und die Gründe dafür (nach Angaben des Klägers: Staus und Umwege, Besuche bei Rast- oder Tankstellen, kurzfristige Planänderungen bei den Kundenbesuchen, die Mitnahme von Kollegen zu Kundenterminen und die Abholung bzw. das Absetzen von Vorgesetzten und Kollegen an Flughäfen/Bahnhöfen, usw.) in den Aufzeichnungen nicht erfasst worden sind.
3. Zum Nachweis einer ausschließlich privaten Nutzung können auch andere Umstände als Fahrtenbücher bzw. Aufzeichnungen herangezogen werden, z. B. ein vom Arbeitgeber nicht nur zum Schein ausgesprochenes und nachhaltig durch Kontrollmaßnahmen überwachtes Verbot, das Firmenfahrzeug privat zu nutzen. Die im Arbeitsvertrag gebrauchte Formulierung, dass dem Arbeitnehmer „ein Firmenfahrzeug für betrieblich veranlasste Fahrten zur Verfügung” gestellt werde, bedeutet nicht zugleich, dass damit auch eine Privatnutzung ausgeschlossen worden ist.
4. Auch die Tatsache, dass ein gleichwertiges privates Kfz zur Verfügung stand, schließt die private Nutzung des zur Verfügung gestellten Firmen-Pkw nicht aus.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 Sätze 2-4, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2, 4, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein pauschaler Nutzungswert für die private Nutzung eines betrieblichen PKW als Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit anzusetzen ist.
I.
Der Kläger wird in den Streitjahren 2001 bis 2003 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte in den Streitjahren u. a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als im Außendienst tätiger Vertriebsingenieur der Firma A B (Arbeitgeber) mit Sitz in C, D-Str. 110. Der Kläger wohnt in E, F-Str. 45; die Entfernung zwischen dem Sitz des Arbeitgebers und dem F-Str. in E beträgt nach dem Routenplaner (map 24) ca. 708 km.
Der Anstellungsvertrag des Klägers datiert vom 05.02.1985 und wurde durch Nachtrag vom 19.02.1985 ergänzt. Die Ziff. 5 des Nachtrags, auf den Bezug genommen wird, hat folgenden Wortlaut: „Die Firma stellt Herrn G ein Firmenfahrzeug für betrieblich veranlasste Fahrten zur Verfügung; die Festsetzung des Fahrzeugtyps erfolgt durch die Geschäftsleitung und berücksichtigt allgemeine Firmeninteressen”. Mit Datum vom 15.07.1985 wurde zwischen Kläger und Arbeitgeber ein Kraftfahrzeug-Überlassungsvertrag geschlossen. Die Ziff. 1 dieser Vereinbarung lautet: „Die Firma überlässt dem Arbeitnehmer ein Firmenfahrzeug nach ihrer Wahl. Sie kann das Fahrzeug nach vorheriger Ankündigung jederzeit gegen ein anderes austauschen. Das Fahrzeug wird dem Arbeitnehmer für Dienstfahrten zur Verfügung gestellt. Es ist ein Fahrtenbuch zu führen. Die Benutzung für private Fahrten ist dem Arbeitnehmer erlaubt. Der Arbeitnehmer entrichtet für private Fahrten pro gefahrenen Kilometer DM –,26 an das Unternehmen. Eine entsprechende Abrechnung hat monatlich zu erfolgen.” Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kraftfahrzeug-Überlassungsvertrag verwiesen. Am 30.01.1987 wurde ein neuer Anstellungsvertrag geschlossen. Dieser wurde mit Nachtrag vom 24.02.1987, auf den verwiesen wird, in Ziff. I. wie folgt ergänzt: „Der Nachtrag vom 19.02.1985 zum Anstellungsvertrag vom 05.02.1985 behält auch für diesen Vertrag seine Gültigkeit.” Monatliche Abrechnungen über privat gefahrene Kilometer wurden vom Kläger nicht erstellt.
Im Jahr 2004 fand bei dem Arbeitgeber des Klägers in C eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Dabei wurden für die Streitjahre u. a. folgende Feststellungen getroffen: Für die Nutzung des dem Kläger überlassenen Kfz wurde lohnsteuerlich kein Sachbezug berücksichti...