Kein Fahrtenbuch ohne Tankbelege

Nach höchstrichterlichem Urteil schließt eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen – im Urteilsfall Treibstoffkosten ‑ die Anwendung der Fahrtenbuchmethode für die Dienstwagenbesteuerung aus. Wir zeigen auf, in welchen Fällen das Finanzamt großzügiger sein könnte und was bei der Kostenermittlung für das Fahrtenbuch generell zu beachten ist.

Mitarbeitende, die von ihrem Arbeitgeber einen Firmenwagen zur Verfügung gestellt bekommen, den sie auch für private Fahrten nutzen dürfen, müssen den damit verbundenen geldwerten Vorteil als Arbeitslohn versteuern. Hierfür sind in der Praxis verschiedene Methoden gängig. Grundsätzlich wird der Vorteil monatlich pauschal mit 1 Prozent des Bruttolistenpreises bewertet. Alternativ können auch die auf die Privatnutzung entfallenden anteiligen Kosten angesetzt werden, wenn der Betroffene das Verhältnis der dienstlichen Fahrten zur Privatnutzung durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachweisen kann.

Die Vorgaben an ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch sind streng und es gibt so gut wie keinen Spielraum für Fehler. Wem die Anfertigung erfolgreich gelingt, hat außerdem zu beachten, dass die für das Fahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege nachzuweisen sind. Ist eine der beiden Voraussetzungen nicht erfüllt, kommt es zur Anwendung der Ein-Prozent-Methode.

In seinem aktuellen Urteil sieht der Bundesfinanzhof (BFH) keinen Raum für die Anwendung der Fahrtenbuchmethode, wenn die Aufwendungen für das Fahrzeug teilweise geschätzt werden (BFH, Urteil vom 15. Dezember 2022 – VI R 44/20).

Betriebliche Zapfsäule: Geschätzte Werte für die Treibstoffkosten

Die Klägerin überließ Mitarbeitenden Firmenfahrzeuge, die auch privat genutzt werden durften. Die Betroffenen führten ordnungsgemäße Fahrtenbücher. Das Finanzamt stellte bei einer Außenprüfung jedoch fest, dass zur Berechnung der tatsächlichen Treibstoffkosten geschätzte Werte hinsichtlich der Verbrauchswerte der Fahrzeuge und der Treibstoffpreise zugrunde gelegt worden waren. Der Grund hierfür war die Betankung der Fahrzeuge an einer betrieblichen Zapfsäule ohne Anzeige der Mengenabgabe und des Preises. Der Prüfer berechnete daher den geldwerten Vorteil nach der Ein-Prozent-Methode.

Finanzgericht sieht nur geringfügigen und damit unschädlichen Mangel

Die erstinstanzliche Klage vor dem Finanzgericht München (FG München, Urteil vom 16. Oktober 2020 – 8 K 611/19) war erfolgreich. Nach Ansicht des Gerichts war im Streitfall der Belegnachweis geführt, weil die Teilschätzung des Treibstoffverbrauchs nur einen geringfügigen Mangel darstellt. Die Klägerin hatte für die Treibstoffkosten ihre Einkaufsrechnungen vorgelegt und einen Durchschnittspreis ermittelt. Es fehlte daher nur der Beleg für den konkreten Treibstoffverbrauch. Dieser Mangel sei geringfügig, weil die verbrauchte Treibstoffmenge unter Heranziehung der Herstellerangaben geschätzt werden könne, so das Gericht.

Hintergrund: (Kleinere) Mängel führen nicht zur Verwerfung eines Fahrtenbuchs

Der BFH hatte schon vor einigen Jahren entschieden, dass (kleinere) Mängel nicht zur Verwerfung eines Fahrtenbuchs führen (BFH, Urteil vom 10. April 2008, VI R 38/06; BStBl 2008 II S. 768). Zwar könne die materielle Richtigkeit der Kilometerangaben infrage gestellt werden, wenn das Fahrtenbuch inhaltliche Unregelmäßigkeiten aufweist. Es führe jedoch nicht jede Unregelmäßigkeit direkt zur Verwerfung des gesamten Fahrtenbuchs. Sollte das Finanzamt beispielsweise nur bemängeln, dass eine unternommene Fahrt zur nahegelegenen Tankstelle, für die ein Tankbeleg vorliegt, nicht im Fahrtenbuch aufgezeichnet worden ist, könne mit dem Vorliegen eines kleinen Mangels argumentiert werden.

BFH: Kostenschätzung nicht zulässig, da kein "geringer Mangel"

Im aktuellen Urteilsfall fehlten aber nicht einzelne Fahrten, sondern die Belege für eine gesamte Kostenart. Die Finanzverwaltung hatte gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision beim BFH eingelegt und dieser hat nun zu deren Gunsten entschieden.

Die geldwerten Vorteile für die private Nutzung der Fahrzeuge müssen im vorliegenden Fall nach der pauschalen Ein-Prozent-Methode berechnet werden. Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode generell aus. Die anteiligen Treibstoffkosten je Fahrzeug hätten nachgewiesen werden müssen.

Das Führen eines solchen Nachweises ist nach Ansicht der Richter möglich und zumutbar. Auch wenn der private Nutzungsanteil ausweislich der ordnungsgemäß geführten Fahrtenbücher nur sehr gering ist, sieht der BFH keine Übermaßbesteuerung bei der Anwendung der pauschalen Ein-Prozent-Methode und verweist auf das Wahlrecht der Betroffenen.

Das Urteil zeigt, dass für die Anwendung der Fahrtenbuchmethode kumulativ ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch und ein vollständiger Kostennachweis vorliegen müssen.

Exkurs: Ermittlung der Gesamtkosten für einen Firmen-Pkw

Zu den nachzuweisenden Gesamtkosten gehören zum Beispiel:

  • Abschreibungen (AfA),
  • Leasingraten und Leasingsonderzahlungen (anstelle der AfA),
  • Treibstoffkosten,
  • Wartungs- und Reparaturkosten,
  • Kraftfahrzeugsteuer,
  • Beiträge für Halterhaftpflicht- und Fahrzeugversicherungen,
  • Garagenmiete bzw. Stellplatzmiete,
  • Aufwendungen für die Wagenpflege und -wäsche sowie
  • nicht steuerfreier Ladestrom.

Bei der Ermittlung der Gesamtkosten ist bei einem Pkw von einer AfA von 12,5 Prozent der Anschaffungskosten entsprechend einer achtjährigen (Gesamt-)Nutzungsdauer auszugehen.

Nicht zu den Gesamtkosten gehören z. B. Fährkosten, Straßen- oder Tunnelbenutzungs­gebühren (Vignetten, Mautgebühren), Parkgebühren, Aufwendungen für Insassen- und Unfallversicherungen, Verwarnungs-, Ordnungs- und Bußgelder, Kosten einer Ladevorrichtung bei Elektrofahrzeugen sowie steuerfreier Ladestrom.

Tipp: Weitere Einzelheiten und Informationen zu beiden Varianten der Dienstwagen­besteuerung enthält das BMF-Schreiben "Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer" vom 3. März 2022 (Aktenzeichen IV C 5 - S 2334/21/10004 :001, BStBl 2022 I Seite 232). Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag: Lohnsteuerliche Behandlung der betrieblichen Kfz-Überlassung an Arbeitnehmer.

Besonderheiten bei (Hybrid-)Elektrofahrzeugen

Entsprechend der Halbierung/Viertelung der Bemessungsgrundlage für die Anwendung der Listenpreisregelung bei Elektrofahrzeugen und extern aufladbaren Hybridfahrzeugen wird die zu berücksichtigende AfA bei der Fahrtenbuchmethode ebenfalls halbiert/geviertelt. Wird ein geleastes oder gemietetes Kraftfahrzeug genutzt, sind die Leasing- oder Mietkosten nur zur Hälfte bzw. zu einem Viertel zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG). Die übrigen Kosten werden in voller Höhe in die Berechnung einbezogen. Kosten für den vom Arbeitgeber verbilligt oder unentgeltlich gestellten, nach § 3 Nr. 46 EStG steuerfreien Ladestrom bleiben jedoch bei der Ermittlung der insgesamt durch das Fahrzeug entstehenden Aufwendungen im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 4 EStG (Gesamtkosten) vollständig außer Ansatz.


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