Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1990 bis 1993

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Umsätze des Klägers aus dem Verkauf von gebrauchten und ungebrauchten Telefonkarten dem allgemeinen oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

I.

Der Kläger (Kl) betreibt laut Gewerbeanmeldungen ein „Briefmarken- und Münzgeschäft sowie Versandhandel von Briefmarken und Münzen” und den „Handel mit Edelmetallen”. Er versteuert seine Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes (UStG). In den Umsatzsteuer (USt)-Erklärungen 1990 bis 1993 bezog der Kl die Umsätze aus dem Verkauf von gebrauchten und ungebrauchten Telefonkarten in die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze mit dem ermäßigten Steuersatz (7 v.H.) ein. Die USt-Erklärungen des Kl standen zunächst Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich; bezüglich des Jahres 1990 hob der Beklagte (das Finanzamt –FA–) den Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 13. März 1992 auf.

Im Rahmen einer beim Kl durchgeführten USt-Prüfung für die Jahre 1990 bis 1992 (Bericht über die USt-Prüfung vom 28. Oktober 1994, Bl. 2 ff 1994 Betriebsprüfungsakten) vertrat der Prüfer u. a. den Standpunkt, die Umsätze aus dem Verkauf der Telefonkarten seien dem allgemeinen Steuersatz (14 v.H.) zu unterwerfen. Hierfür ergibt sich – zwischen den Beteiligten unstreitig – eine Bemessungsgrundlage von 46.793,54 DM für das Jahr 1990, 236.906,44 DM für das Jahr 1991 und 126.201,57 DM für das Jahr 1992.

Das FA folgte dem Prüfer und setzte mit USt-Änderungsbescheiden 1990 bis 1992 (für 1990 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung –AO– 1977, für 1991 und 1992 nach § 164 Abs. 2 AO 1977) vom 2. Januar 1995 die USt für das Jahr 1990 auf 33.014 DM, für das Jahr 1991 auf 36.863 DM und für das Jahr 1992 auf 29.263 DM fest. Außerdem setzte das FA mit USt-Änderungsbescheid 1993 vom 16. Februar 1995 (nach § 164 Abs. 2 AO 1977) die ÜSt für das Jahr 1993 auf 10.105 DM fest, wobei für den Verkauf der Telefonkarten eine Bemessungsgrundlage von 60.817 DM zum Steuersatz von 15 v.H. in Ansatz kam. Außerdem erließ das FA für die Jahre 1990 bis 1992 mit den USt-Änderungsbescheiden verbundene Zinsbescheide in Höhe von 544 DM (1990), 1.627 DM (1991) und 369 DM (1992).

Die Einsprüche hiergegen blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung –EE– vom 3. Juli 1995, Bl. 44 ff Rechtsbehelfsakte).

Die Klage begründet der Kl unter Bezugnahme auf das Verfahren 14 V 2068/95 im wesentlichen wie folgt:

Die Umsätze aus dem Verkauf der Telefonkarten unterlägen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG i.V.m. Nr. 49 Buchstabe f der Anlage (zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2) dem ermäßigten Steuersatz von 7 v.H., da es sich um Ganzsachen im philatelistischen Sinne handle. Das „z. B.” im Klammerzusatz der Nr. 49 Buchstabe f der Anlage bedeute, daß es sich lediglich um Beispiele handle, die ohne weiteres auf andere philatelistische Sammlungsstücke erweiterbar seien. Eine Ganzsache sei nicht an ein bestimmtes Format oder Material gebunden. Einziges Kriterium sei vielmehr, daß es sich um einen postalischen Vordruck über die Vorausentrichtung einer Gebühr für postalische Dienstleistungen handle. Telefonkarten enthielten einen derartigen Gebührenaufdruck. Zunächst seien Fernsprechscheine aus dem vorigen Jahrhundert im „Michel”-Ganzsachen-Katalog enthalten gewesen, erst neuerdings sei ein eigener „Michel”-Telefonkartenkatalog aufgelegt worden. Auch aus dem Aufsatz „Die Not mit der Definition” von Diederichs ergebe sich, daß Telefonkarten Ganzsachen seien. Das Material (Kunststoff oder Papier) sei hierfür ohne Bedeutung. Schließlich sei auf die technisch-historische Entwicklung bis zu den Anfängen der öffentlichen Telefoneinrichtungen zurückzugehen. Zunächst habe es Fernsprechscheine gegeben, später – nach der Jahrhundertwende – hätten Münzen und Telefonmünzen genügt. Diese Postdienstleistungen könne man unter dem Begriff „Fernsprechwertzeichen” zusammenfassen. Telefonkarten gehörten hierzu. Fernsprechwertzeichen seien als „Postwertzeichen” zu beurteilen, was sich z. B. daraus ergebe, daß die Deutsche Bundespost nicht vom „Bundespostminister”, sondern vom „Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen” geleitet werde. Die Strukturreform 1988 solle nur zum Ausdruck bringen, daß zur modernen Telekommunikation neue Dienstleistungen hinzugekommen seien. Das Sammelgebiet „Telefonkarten, Fernsprechscheine und Fernsprechwertmarken” liege im Grenzbereich zwischen Philatelie und Numismatik, so daß es zur Abgrenzung definiert werden müsse. Da es nicht zur Numismatik gehöre, sei es ohne jede Einschränkung der Philatelie zuzuordnen. In Analogie zu philatelistischen Gepflogenheiten sei die Telefonkarte eine Ganzsache. Der integrierte Chip entspreche dem Wertstempel der Ganzsache. Nicht unwichtig sei ferner, daß Telefonkarten bis zum 31. Dezember 1992 von den Postämtern und der TELEKOM umsatzsteuerfrei verkauft worden seien. Erst seit 1. Januar 1993 bei...

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