Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Kindergeld für Kinder von Beamten des Europäischen Patentamtes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG wird Kindergeld nicht für ein Kind gezahlt, für das Leistungen zu zahlen sind oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und mit dem Kindergeld vergleichbar sind.

2. Bei der nach Art. 67 Abs. 1 Buchstabe b i. V. m. Art. 69 des Statuts der Beamten des Europäischen Patentamts (Beamtenstatut) gezahlten Unterhaltsberechtigtenzulage handelt es sich um eine dem Kindergeld vergleichbare Leistung.

 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 1, § 65 Abs. 1 Nr. 3; Statut der Beamten des Europäischen Patentamts Art. 67 Abs. 1 Buchst. B, Art. 69

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kindergeldanspruch nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgeschlossen ist, weil der Kläger als Beamter des Europäischen Patentamtes eine Unterhaltsberechtigtenzulage nach Art. 69 des Statuts der Beamten des Europäischen Patentamts im Streitzeitraum erhalten hat.

Der ledige Kläger ist seit 1. April 2000 als Beamter beim Europäischen Patentamt tätig.

Das Europäische Patentamt bescheinigte am 9. September 2009, dass der Kläger eine Unterhaltsberechtigtenzulage für seinen Sohn erhalte und dass diese im Prinzip dem deutschen Kindergeld entspreche.

Am 20. September 2009 beantragte der Kläger für seinen Sohn, geb. am xxx, Kindergeld bei der Beklagten (der Familienkasse) und teilte mit, dass die Kindsmutter bis April 2009 die Unterhaltsberechtigtenzulage für den Sohn vom Europäischen Patentamt erhalten habe.

Mit Bescheid vom 12. Januar 2010 lehnte die Familienkasse den Antrag auf Kindergeld ab, weil die Unterhaltsberechtigtenzulage dem deutschen Kindergeld nach dem EStG entspreche und somit die Gewährung von Kindergeld gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 3 EStG ausgeschlossen sei.

Den dagegen vom Kläger eingelegten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2010 als unbegründet zurück.

Zur Begründung der dagegen erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass es sich bei der Unterhaltsberechtigtenzulage nicht um eine dem Kindergeld vergleichbare Leistung handele. Die Vergleichbarkeit der Leistungen sei nach deren Funktion zu bestimmen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412). Die Funktion der Unterhaltsberechtigtenzulage sei die Vergütung des Beamten und werde als Teil der Dienstbezüge ausbezahlt. Das Kindergeld stelle dagegen eine Sozialleistung dar, hänge von keiner Gegenleistung ab, diene primär der Sicherung des Existenzminimums des Kindes und gemäß § 32 Satz 2 EStG der Förderung der Familie. Die Ablehnung der Gewährung des Kindergeldes verstoße gegen die Anforderungen der sozialen Gerechtigkeit. Werde in seinem Fall die Unterhaltsberechtigtenzulage einbehalten, wären die Aufwendungen zur Sicherung des Existenzminimums des Kindes nicht mehr gesichert.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Familienkasse vom 12. Januar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2010 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, ihm für seinen Sohn Kindergeld für den Zeitraum September 2009 bis Februar 2010 zu gewähren.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung trägt die Familienkasse ergänzend vor, dass das begehrte Kindergeld nur dann hätte festgesetzt werden können, wenn das Europäische Patentamts bestätigt hätte, dass ein Anspruch auf die Unterhaltsberechtigtenzulage nicht bestanden habe. Im Streitfall sei dagegen ohne jede Einschränkung die Unterhaltsberechtigtenzulage dem Kläger gewährt worden.

Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2010, die Kindergeldakte und die im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Die Familienkasse hat zu Recht die Festsetzung des Kindergelds abgelehnt, da der nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG bestehende Anspruch des Klägers auf Kindergeld gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG ausgeschlossen ist.

Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG wird Kindergeld nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre: Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.

Die Europäische Patentorganisation ist eine zwischenstaatliche Einrichtung auf der Grundlage des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (vgl. Art 5 Abs. 1 der Neufassung des Europäischen Patentübereinkommens ...

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