Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitsbewertung: Schätzung der üblichen Miete bei renoviertem Altbau. fehlerbeseitigende Wertfortschreibung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die übliche Miete ist nach § 79 Abs. 2 S. 2 BewG grundsätzlich in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung am 1.1.1964 regelmäßig gezahlt wurde.
2. Hat sich durch an dem Gebäude vorgenommene bauliche Maßnahmen der Zustand der Räume so wesentlich verändert, dass sie nicht mehr mit Räumen des ursprünglichen Baujahrs des Gebäudes vergleichbar und deshalb nicht mehr diesem, sondern dem vom FA angenommenen späteren Baujahr zuzuordnen sind, so ist der Berechnung der Jahresrohmiete der diesem Baujahr im Mietspiegel zugeordnete Wert zugrunde zu legen.
3. Eine anderweitige Schätzung der ortsüblichen Jahresrohmiete reicht zur Vornahme einer Fortschreibung zur Fehlerbeseitigung nur dann aus, wenn die ursprüngliche Schätzung (im Streitfall aufgrund zunächst unzutreffender Ermittlung des für die Berechnung der Jahresrohmiete maßgeblichen Baujahrs des Gebäudes) außerhalb jeder vernünftigen Überlegung gelegen hat.
Normenkette
BewG §§ 76, 78, 79 Abs. 1, 2 S. 2, Abs. 5, § 22 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Einheitswertbescheids.
Im Jahr 1870 wurde das Grundstück A in X mit einem dreistöckigen Vorder- und einem zweistöckigen Rückgebäude bebaut. Vorder- und Rückgebäude stehen unter Denkmalschutz.
Im Erdgeschoss des teilunterkellerten Rückgebäudes befand sich eine Werkstatt mit Lager, im ersten Stock und im Dachgeschoss befanden sich je zwei Mietwohnungen. Die Mietwohnungen bestanden jeweils aus zwei Zimmern und hatten weder Bad noch Toilette, vielmehr befand sich im Treppenhaus auf jeder Etage eine Außentoilette. Die Wohnungen wurden über Einzelöfen beheizt. Die Wohn- bzw. Nutzfläche im Rückgebäude betrug 132 qm.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28. September 2007 erwarb die BGB-Gesellschaft A das o.g. Grundstück.
Mit notarieller Urkunde ebenfalls vom 28. September 2007 wurde das Anwesen nach § 8 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in einen Miteigentumsanteil von 700/1000 an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen im Vordergebäude (Einheit 1) und einen Miteigentumsanteil von 300/1000 an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen im Rückgebäude (Einheit 2) aufgeteilt.
In den Jahren 2008 bis 2010 wurden Vorder- und Rückgebäude saniert und renoviert. Das Anwesen wurde mit einer zentralen Gasheizungsanlage und neuen Versorgungsleitungen, die nunmehr unter Putz verlegt wurden, ausgestattet. Auch wurden die Dachgeschosse von Vorder- und Rückgebäude umgebaut bzw. zu Wohnraum ausgebaut. Hierfür wurden die Dachstühle in wesentlichen Teilen statisch verstärkt bzw. ganz erneuert und gedämmt.
Im Rückgebäude entstanden aus den bisher im EG, 1. OG sowie Dachgeschoss befindlichen vier Wohnungen und der Werkstatt nunmehr zwei Wohnungen, die Wohnung Nr. 9 mit 66,42 qm und die vom Kläger erworbene Wohnung Nr. 10 mit 91,23 qm. Wohnung Nr. 9 umfasst EG, OG und DG der linken Haushälfte. Wohnung Nr. 10 umfasst den gesamten Keller des Rückgebäudes, das vormals allgemeine Treppenhaus sowie EG, OG und DG der rechten Haushälfte. Durch Abriss von Zwischenwänden wurden in allen Geschossen der Wohnung Nr. 10 Räume vergrößert. Die Außentoiletten, die sich im vormals allgemeinen Treppenhaus befanden, wurden abgebaut. Im EG der Wohnung Nr. 10, in dem sich nunmehr neben einer Diele zwei Zimmer befinden, wurde ein Bad neu errichtet. Im ersten OG mit drei Zimmern wurde ein weiteres Bad eingerichtet sowie eine Terrasse geschaffen. Im umgebauten Dachgeschoss wurden drei weitere Zimmer und eine kleine Dachterrasse eingerichtet. In das neue Dach des Rückgebäudes wurden Dachfenster sowie Gauben eingebaut, das Dach wird extensiv begrünt. Das Rückgebäude erhielt ferner u.a. neue Isolierglasfenster und Türen.
Mit notariell beurkundeter Teilungserklärung vom 29. Januar 2010 wurde das Anwesen A nach dem WEG in zehn Teileigentumseinheiten geteilt. Der Kläger erwarb einen Miteigentumsanteil von 185,92/1000 am Grundstück A, verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnung 10.
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2010 setzte das beklagte Finanzamt (das FA) im Wege der Nachfeststellung auf den 1. Januar 2011 für das Grundstück A Einheit 10 einen Einheitswert i.H.v. 5.675 EUR fest. Die der Berechnung der Jahresrohmiete zugrunde gelegte übliche monatliche Miete i.H.v. 1,95 DM/qm entnahm das FA dem finanzamtseigenen Mietspiegel und zwar der Spalte für Altbauten mit Sammelheizung und Bad mit einem Baujahr vor dem 21. Juni 1948 der Gemarkung X.
Im September 2012 erfuhr das FA von den ab dem Jahr 2009 an Vorder- und Rückgebäude vorgenommenen Baumaßnahmen.
Im Wege der fehlerbeseitigenden Fortschreibu...