rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für die Anschaffung von Gegenständen, die ein manisch-depressiver Steuerpflichtige zur Befriedigung seines Kaufzwanges erwirbt, sind nicht als außergewöhnlichen Belastungen abziehbar
Leitsatz (redaktionell)
1. Aufwendungen eines manisch-depressiven Steuerpflichtigen zur Befriedigung seiner Stimmungen können möglicherweise nicht als unabwendbar angesehen werden.
2. Aufwendungen eines manisch-depressiven Steuerpflichtigen, der in einer manischen Phase in einen Kaufzwang verfällt, belasten den Steuerpflichtigen nicht, denn er erhält mit der gekauften Ware einen Gegenwert zu den aufgewandten Kosten.
Normenkette
EStG § 33
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.
I.
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger […] ist ein vorzeitiger pensionierter Finanzbeamter und erzielt Versorgungsbezüge sowie als […] Aufsicht einen geringen Arbeitslohn. Die Klägerin ist Hausfrau.
In der Einkommensteuererklärung für 2003 machten die Kläger neben Krankheitskosten die folgenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend: für das Umlackieren des Kraftfahrzeuges (Kfz) (BMW […]) Kosten in Höhe von 5.432,50 EUR; für das Anbringen von elektrischen Außenspiegeln, Spiegelglas Kosten in Höhe von 1.083,76 EUR; für das Anbringen von Scheibenfolien Kosten in Höhe von 180,00 EUR; für einen neuen Auspuff Kosten in Höhe von 720,00 EUR (insgesamt 7.416,26 EUR); außerdem Aufwendungen für den Rücktritt von einer bei einem Reisebüro gebuchten Reise über 536,00 EUR. Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte den Angaben in der Steuererklärung insoweit nur teilweise und berücksichtigte zwar die Krankheitskosten in Höhe von 3.820,00 EUR als außergewöhnliche Belastungen; die zumutbare Belastung errechnete das FA dabei mit 1.710,00 EUR. Die übrigen Aufwendungen in Höhe 7.952,26 EUR ließ es jedoch im Einkommensteuerbescheid 2003 vom 5. August 2004 nicht als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zu. Auf den dagegen gerichteten Einspruch änderte das FA mit seiner Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2005 die Einkommensteuerfestsetzungen wegen anderer nicht mehr streitiger Spendenaufwendungen und wies wegen der zusätzlich als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück. Außergewöhnliche Belastungen seien bei diesen Kosten nicht gegeben, da diese Aufwendungen nicht zwangsläufig angefallen seien. Urlaubsreisen würden auch von Pensionisten gebucht. Deshalb sei auch ein Arzt gar nicht in der Lage, zu unterscheiden, ob die Reise aus persönlichem Interesse oder aufgrund der Krankheit gebucht worden sei. Bei den Arbeiten am Kfz sei außerdem auch nicht festgestellt worden, ob Lackschäden oder andere Defekte behoben worden seien oder ob und in welcher Höhe Werterhöhungen eingetreten seien.
Dagegen richtet sich die Klage. Die Kläger begründen ihre Klage damit, dass der Kläger im Streitjahr an einer manisch-depressiven Erkrankung gelitten habe. Diese manisch-depressive Erkrankung sei auch durch ärztliche Atteste des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Herrn Dr. […] XX vom 26. Oktober 2004 und 6. Dezember 2004 nachgewiesen. Als eine mögliche soziale Folge der manischen Phase werde beschrieben, dass die ungeheure Energie, die in der manischen Phase frei werde, fast alle sozialen Bezüge zerstören und im finanziellen Chaos mit totaler Überschuldung enden könne. In den Attesten des XX sei bescheinigt, dass der Kläger aufgrund dieser Erkrankung in den manischen Phasen viele unsinnige Käufe getätigt habe. So habe der Kläger auch sein Auto lackieren lassen, obwohl dies in keiner Weise erforderlich war; dies habe er aufgrund der Erkrankung auch nicht erkennen können. Der Pkw sei im August 2003 erworben worden und habe sich in einem sehr guten Zustand befunden. Die geltend gemachten Aufwendungen hätten deshalb auch nicht zu einer Werterhöhung gegenüber dem bisherigen Zustand geführt. Am 1. Januar 2004 habe das Kfz einen Totalschaden erlitten. Im Gutachten […] für die Vollkaskoversicherung seien die Aufwendungen über 7.416,26 EUR nicht als werterhöhend berücksichtigt worden. Für die Umlackierung sei sogar ein Abschlag vorgenommen worden. Auch sei in der manischen Phase die unsinnige Reisebuchung erfolgt. Aus dem Rücktritt von der Reise seien Kosten in Höhe von 536,00 EUR entstanden, für die die Reisekostenrücktrittsversicherung nicht einstehe.
In dem Schreiben der […] Reiseversicherung […] wegen der Reisekostenrücktrittsversicherung vom 30. Oktober 2003 wird ausgeführt, dass eine Ersatzpflicht ablehnt wird, weil dem Reiserücktritt keine unerwartet schwere Erkrankung zugrunde gelegen habe. Aus dem vorgelegten ärztlichen Attest sei ersichtlich, dass diese Erkrankung bereits zum Zeitpunkt der Reisebuchung vorgelegen habe. Da das Attest Geschäftsunfähigkeit bescheinige und deshalb der Reisevertrag ni...