rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftsführerhaftung. unterbliebene Information des Steuerberaters über die Stellung eines Insolvenzantrags. Vorsteuerabzug. Uneinbringlichkeit von Eingangsrechnungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Weitergabe der für die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Pflichten einer Gesellschaft erforderlichen Informationen an die mit der Erfüllung dieser Pflichten beauftragten Mitarbeiter und Steuerberater gehört zu den wesentlichen Pflichten eines Geschäftsführers.

2. Die Stellung eines Insolvenzantrags über das Vermögen der Gesellschaft durch den Geschäftsführer stellt eine solche Information dar.

3. Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sind offene Eingangsrechnungen in diesem Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit uneinbringlich im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG.

4. Der Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG handelt haftungsbegründend pflichtwidrig, wenn er den für die Gesellschaft tätigen Steuerberater nicht über einen von ihm selbst gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft informiert und dieser in einer Umsatzsteuervoranmeldung für die Gesellschaft den Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen geltend macht, die zu diesem Zeitpunkt bereits uneinbringlich sind.

 

Normenkette

AO § 191 Abs. 1, §§ 34, 69; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 2 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt; im Folgenden: FA) den Kläger zurecht für Umsatzsteuerrückstände einer Firma A GmbH & Co. KG (im Folgenden: A KG) als Geschäftsführer für den Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraum Januar 2015 in Haftung genommen hat.

Die A KG wurde mit notariellem Vertrag vom 17. April 2014 gegründet, ihren Sitz hatte sie in G. Gegenstand des Unternehmens war ausweislich § 2 des Gesellschaftsvertrags die Beteiligung an anderen Unternehmen und die Errichtung von Tochtergesellschaften im In- und Ausland.

Persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin der A KG war die neu gegründete B Verwaltungs-GmbH mit Sitz in G. Kommanditisten der A KG waren gemäß § 3 des Gesellschaftsvertrags:

  • Der Kläger mit einer eingezahlten Einlage in Höhe von 500 EUR,
  • D mit einer eingezahlten Einlage in Höhe von 200 EUR,
  • S mit einer eingezahlten Einlage von 150 EUR und
  • R mit einer eingezahlten Einlage von 150 EUR.

Die A KG wurde beim Registergericht des Amtsgerichts unter dem Geschäftszeichen HRA xxx geführt.

Die Komplementärin der A KG, die A Verwaltungs-GmbH, wurde ebenfalls mit notariellem Vertrag vom 17. April 2014 durch D und dem Kläger gegründet, sie hatte dieselbe Geschäftsanschrift wie die A KG. Die A Verwaltungs-GmbH wurde beim Registergericht des Amtsgerichts unter HRB xxx geführt. Zu Geschäftsführern wurden D und der Kläger bestellt und im Handelsregister eingetragen. Die Geschäftsführer vertraten die Gesellschaft jeweils alleine – auch wenn weitere Geschäftsführer vorhanden waren – und waren jeweils von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit.

Ausweislich des Insolvenzgutachtens vom 25. März 2015 wurde dem Geschäftsführer D im November 2014 die Alleinvertretungsbefugnis der A KG entzogen. D hatte daraufhin mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 das Amt des Geschäftsführers der A Verwaltungs-GmbH niedergelegt.

Am 23. Januar 2015 stellte der Kläger als Geschäftsführer der A Verwaltungs-GmbH den Insolvenzantrag über das Vermögen der A KG wegen Zahlungsunfähigkeit. Über das Vermögen der A KG wurde dann durch Beschluss des Amtsgerichts vom 19. Februar 2015 (Az. 4 xxx) die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und zugleich bestimmt, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Über das Vermögen der A KG wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 2. April 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gesellschaft wurde dadurch von Amts wegen aufgelöst (HR-Eintrag vom 9. April 2015).

Über das Vermögen der A Verwaltungs-GmbH wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 9. April 2015 (Az. xxx) das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gesellschaft wurde dadurch von Amts wegen aufgelöst (HR-Eintrag vom 13. April 2015).

Am 11. Februar 2015 meldete der Steuerberater der A KG beim FA für den Monat Januar 2015 für die Gesellschaft keine Umsätze, aber Vorsteuerbeträge in Höhe von 10.500 EUR an. Dieses Guthaben wurde vom FA am 23. Februar 2015 ausbezahlt und am 25. Februar 2015 an den vorläufigen Insolvenzverwalter weitergeleitet.

Ausweislich des Vorbringens des Steuerberaters im Haftungsprüfungsverfahren hat er von der Stellung des Insolvenzantrags erst am 18. Februar 2015 durch einen Anruf aus der Kanzlei des Insolvenzverwalters erfahren.

Mit Bescheid vom 7. Mai 2015 setzte das FA die Umsatzsteuer der A KG für den Januar 2015 auf EUR fest; durch die erstattete Vorsteuer in Höhe von 10.500 EUR ergab sich eine Abschlusszahlung in Höhe von EUR.

Mit Schreiben vom 30. September 2015 teilte der Steuer...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge